Bad Wurzach (Leserbrief) - Liebe Gundula, auch wenn der Slogan "Bildung nützt" (s. Leserbrief im 'Wurzacher') nicht von Dir persönlich stammt: er ist trotzdem zumindest missverständlich. Ob der Urheber dies bewusst so formuliert hat, weiß ich nicht... aber wenn man ausdrücken will, wie wichtig Bildung ist (und nicht, für wie ungebildet man Menschen mit anderen Ansichten hält), müsste man wohl eher "Bildung schützen" o. ä. formulieren.
Ich stimme Dir 100% zu, dass die Schulschließungen nicht nur hinsichtlich der Bildung, sondern v. a. auch für die psychosoziale Entwicklung der Kinder äußerst negative Folgen hatten und nicht wieder vorkommen dürfen. Im Gegensatz zu den Krankenhäusern, wo sie immer wieder als Drohkulisse heraufbeschworen wurde, gab es in den Kinder- und Jugendpsychiatrien tatsächlich eine Triage: "Es gibt psychiatrische Erkrankungen in einem Ausmaß, wie wir es noch nie erlebt haben.
Die Kinder- und Jugendpsychiatrien sind voll, dort findet eine Triage statt. Wer nicht suizidgefährdet ist und 'nur' eine Depression hat, wird gar nicht mehr aufgenommen." ( ZDF ). Nur die Schlussfolgerungen daraus unterscheiden sich: manche sind der Meinung, dass nur eine Impfung zukünftige Schulschließungen verhindern kann, wohingegen wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt haben, dass Schulschließungen genauso wie das Zugrunderichten des Einzelhandels und der Gastronomie sowie des Kultur- und Vereinslebens per "Lockdown" (ein Begriff aus dem Strafvollzug!) überhaupt keinen signifikanten Effekt auf die Entwicklung des Infektionsgeschehens hatten und somit die Politik völlig unnötig diese immensen Kollateralschäden verursacht hat. Wieso sind daran "die Ungeimpften" Schuld?
Außerdem interpretieren wir die Zahlen zur Auslastung der Kranken- und Intensivbetten offenbar sehr unterschiedlich: Du sprichst von "überwiegend ungeimpften Menschen" mit schweren Krankheitsverläufen und von "überlasteten Kliniken" - bei der vorherrschenden "Omikron"-Variante entnehme ich den Statistiken des RKI für die ersten 4 KW 2022 allerdings, dass in ganz Deutschland von insgesamt 83200000 Einwohnern 727 symptomatische Fälle ins Krankenhaus und 42 auf ITS kamen. In der Altersgruppe von 18-59 Jahren waren 168/429 = 39% der Hospitalisierten "mit Omikron" "ungeimpft" (dabei zählt das RKI alle mit, die innerhalb der letzten 14 Tage geimpft wurden oder deren Impfung länger als 6 Monate her ist als "Ungeimpfte") und 6/16 = 37,5% der Intensivpatienten. Bei den über 60Jährigen waren es 96/250 = 38% "Ungeimpfte" im KH bzw. 13/25 = 52% auf ITS. Sogar die Bundesregierung weist darauf hin, dass "die Bettenauslastung spürbar zurückgegangen" ist. Die Hospitalisierungsinzidenzen sind teilweise (z. B. am 10.2. in Bremerhaven) 14-fach überhöht dargestellt, wenn man nicht zwischen "an" und "mit" Corona unterscheidet.
Liebe Gisela, eine "Anti-Spaziergänger-Kundgebung" (ich zitiere aus dem Artikel der "SchwäZ", wo dieser Begriff gleich 2 mal fällt) richtet sich ihrer Wortbedeutung nach - im Gegensatz zur Intention der Spaziergänge(rinnen) - nicht gegen politische Maßnahmen, sondern ausdrücklich gegen Andersdenkende... mit ausdrücklichem Wohlwollen und der Unterstützung durch die Politik(erinnen). Und vermutlich ist dies nicht nur eine unglückliche zufällige Wortwahl, denn laut Bericht lag der "Erfolg" ja in der Ausgrenzung ("Verdrängen") der Andersdenkenden und in der Polarisierung ("einen Gegenpol bilden"). Ist das "demokratischer" oder "gesetzeskonformer" als den Dialog zu suchen und die vermeintlich Irrenden mit stichhaltigen Argumenten in einer offen geführten Debatte zu überzeugen? Warum werden jetzt Menschen in "Gut/Richtig" und "Böse/Falsch" unterschieden? Bei den "Bösen" spazieren übrigens weit weniger "Impfgegner" mit, als mancher denkt. Die meisten sind geimpft - u. a. sogar gegen Covid-19. Hinweis an die Presse: nicht "marschieren", nicht "aufmarschieren" und nicht "defilieren", sondern "spazieren". Vielleicht könnte eine weniger militaristisch gefärbte und eher deeskalierende Sprache auch zu einer besseren Debattenkultur beitragen?
Niemand auf dieser Erde ist im Besitz der absoluten Wahrheit und damit legitimiert oder autorisiert, die wissenschaftliche Debatte, die ja die Suche nach Erkenntnis sein sollte, für beendet zu erklären. Warum werden aus wissenschaftlichen Thesen (die ihrer Natur nach falsifizierbar sein müssen, sonst wäre es keine Wissenschaft) plötzlich Dogmen ("...dürfen niemals hinterfragt werden!" - L. Wieler)? Was sagen z. B. Wissenschaftler zu den Nanolipiden, die die mRNA des BionTech/Pfizer-Impfstoffes ins Zellinnere transportieren? Der Hersteller Ugur Sahin sagt, dass die Nanopartikel mit dem Blutstrom fließen. Das Umweltbundesamt stellte fest, dass Nanopartikel die Blut-Hirn-Schranke überwinden und sogar die Erbinformationen im Zellkern schädigen können. Und das Bundesministerium für Bildung und Forschung warnte noch im Juni 2019 vor unbekannten gesundheitsschädlichen Langzeitfolgen bei der Verwendung von Nanopartikeln. Wie kommen dann selbsternannte "Experten" dazu, anderen zu sagen, dass die Impfung "nur ein harmloser Piks" und "garantiert nebenwirkungsfrei" sei und sie gar dazu verpflichten zu wollen? Und warum wird man in die politische "Pfui-Ecke" gestellt, wenn man sich darüber bei frei zugänglichen, amtlichen und seriösen Quellen informiert und ins Hinterfragen kommt? Warum werden nicht täglich in den Medien die Zahlen all jener aufsummiert, die "an oder mit" den bedingt zugelassenen Impfstoffen krank wurden oder starben? Ist es wissenschaftlich und seriös vom PEI angesichts der stark zunehmenden Meldungen von Myo- und Perikarditis bei Erwachsenen auch schon nach der 1. und 2. Impfung nur noch eine Melderate "für die 3. Impfung und für Kinder / Jugendliche" anzugeben (und den Rest damit quasi totzuschweigen)?
Wieso dürfen Menschen, die gegen einen einzigen Erreger nicht geimpft aber frei von jeder ansteckenden Krankheit sind, pauschal als Gesundheitsgefahr für andere bezeichnet und sogar ohne(!) existierende Impfplicht diskriminiert werden?
Wie kann man einem "Gesundheits"-Minister vertrauen, der ernsthaft Staubsaugerbeutel als Atemschutz empfohlen hat? Der im Auftrag der Pharmaindustrie Medikamentenstudien durchführte, die im Falle des Fettsenkers "Lipobay" sogar Todesopfer forderten? Im Übrigen ist es nicht die Aufgabe eines Gesundheitsministers, für meine individuelle Gesundheit zu sorgen - dafür bin ich selber verantwortlich. Er muss stattdessen für ein funktionierendes, belastbares, bezahlbares und gerechtes (v. a. auch bei der Entlohnung der Pflegekräfte!) Gesundheitssystem sorgen. Wer war denn in den letzten 20 Jahren in wechselnden Rollen (u. a. als Klinik-Aufsichtsrat, Beauftragter der Pharma-Industrie, Regierungsberater und Fernseh-Experte) stets mit dabei, als ständig (sogar noch während der Pandemie!) Betten abgebaut und die Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte permanent verschlechtert wurden? Ja, genau... ER - und nicht die ungeimpften Sündenböcke.
Welche wissenschaftlichen Erkenntnissse machen es eigentlich erforderlich, dass - wie ich den Bildern der "bildschirmzeitung.de" entnehme - a) vollständig immunisierte Demonstrationsteilnehmer b) im Freien c) mit 2 m Abstand d) FFP2-Masken tragen müssen? Geht es bei solchen Vorschriften tatsächlich noch um "Infektionsschutz" oder eher um das Zeigen der richtigen "Haltung" bzw. wie Stefan Aust es formulierte: um "Gehorsam"?
Wann wurde der Solidaritätsbegriff neu gedeutet? Warum ist es nach der neuen Sprachregelung "solidarisch", sich einen Impfstoff verabreichen zu lassen, der keine sterile Immunität und damit keinen Fremdschutz bietet, sprich: der weder eine Infektion noch die Weitergabe des C-Virus verhindert sondern bestenfalls den individuellen Krankheitsverlauf abmildert? Und das auch nur über einen Zeitraum von einigen Wochen - dann muss man auffrischen / boostern / etc. - ist das dann eigentlich noch eine Impfung oder eher eine dauerhafte Medikamentation? Warum hat K. L. für jeden Bundesbürger (vom Säugling bis zum Greis) mehr als 8 Impfdosen bestellt?
Ich weiß: das neue "solidarische" Argument ist, dass "Betten freigehalten werden müssen um das Gesundheitssystem nicht zu überlasten". Aber wo fängt das dann an und wo hört es auf? Sollte man z. B. das Skifahren untersagen, um KH-Betten von Schwerverletzten freizuhalten, die ja ausschließlich zu ihrem Privatvergnügen (also völlig unsolidarisch) unterwegs waren, bevor sie sich ihre komplizierte Trümmerfraktur zuzogen oder mit Querschnittslähmung zum lebenslangen Pflegefall wurden? Oder sollte man Zugangsbeschränkungen zu Schnellimbiss-Restaurants für Adipöse verhängen, um sie zum Abnehmen zu bringen? Sozusagen eine Art "BMI-30-Regel"? Und dazu noch zuckerhaltige Lebensmittel verbieten und eine geldstrafenbewehrte Pflicht zur körperlichen Betätigung einführen? Kontrolliert über eine App? Damit könnte man ja 160000 ernährungsbedingte Tote jährlich vermeiden, die vor ihrem Ableben meist noch die Intensivstationen "verstopfen" (ja, so menschenverachtend hieß es schon über "Ungeimpfte") - ganz zu schweigen von den Hunderttausenden Schwerkranken, die sich durch Alkohol- und Tabakkonsum selbstverschuldet auf die ITS gebracht haben?
Für mich hieß "Solidarität" immer, dass man auch diesen Menschen keine medizinische Behandlung verweigert. Und ich bin noch nie auf die Idee gekommen, andere öffentlich als "unsolidarisch" anzuprangern, weil sie z. B. prozentual weniger von ihrem Lohn für Arme und Bedürftige spenden als ich oder weil sie nicht als Knochenmarkspender registriert sind. Das können immer nur freie persönliche Entscheidungen sein.
Wenn "Solidarität" gesetzlich oder über sozialen und wirtschaftlich-existenziellen Druck erzwungen wird, ist es keine Solidarität mehr, sondern Kollektivismus. Das widerspricht zutiefst dem Charakter unserer vielzitierten "freiheitlich-demokratischen Grundordnung". Und dass bei mir da die Alarmglocken läuten verdanke ich nicht zuletzt einer hervorragenden Historikerin, die auch eine herausragende Lehrerin sein muss - denn ich erinnere mich noch heute daran, was ich als Schüler bei Dir, liebe Gisela, gelernt habe: klär doch mal (nicht nur) Deine Mitstreiter darüber auf, bei welcher Partei die in der Impfpflichtdebatte oft wörtlich oder in leicht abgewandelter Form verwendete Phrase "Gemeinnutz geht vor Eigennutz" zum ersten Mal im Programm vom 24.2.1920 unter Punkt 24 auftauchte.
Außerdem habe ich gelernt: Grundrechte dürfen nicht an Bedingungen geknüpft sein, sonst sind es keine. Niemals darf eine Regierung oder ein Parlament oder eine Bevölkerungsmehrheit das Recht haben, über den Körper einer Minderheit oder eines einzelnen Menschen zu verfügen. DAS ist die ultimative "rote Linie" - auch ein Bundeskanzler Scholz hat diese zu achten.
Bei aller inhaltlichen Kontroverse hoffe ich, dass wir uns ALLE ("Spaziergänger", "Impffreunde", Polizisten, Pressevertreter,...) möglichst bald wieder als freie UND solidarische UND gesunde Menschen in einer angstfreien Gesellschaft begegnen können. Mir ist durchaus klar, dass nur die wenigsten zumindest mal die Quellen durchlesen und stattdessen bei facebook & co (wo kritische Menschen, die Fragen stellen, auch in Bad Wurzach gerne mal als "Pack" bezeichnet werden) lieber die Gülle fassweise über Personen ausgeschüttet wird, als dass ein sachliches Gegenargument kommt bzw. belastbare Zahlen / Studien angeführt werden, um die Debatte weiterführen zu können - aber die Angst, seinen Standpunkt neu überdenken bzw. hinterfragen oder gar Überzeugungen und Glaubenssätze aufgeben zu müssen, ist halt auch nur eine unter vielen Ängsten, die durch die Pandemie aufgedeckt wurden.
Peter Allgaier
Bad Wurzach
P.S. Wenn die Grundrechte wieder hergestellt sind und wieder jede(r) in die Kneipen / Biergärten darf, würde ich mich freuen, wenn wir uns treffen können und anstoßen, politisieren, genießen, diskutieren, streiten, lachen, leben.
Die erste Runde geht auf meinen Deckel.
Antwort an Frau Kohler zu deren Leserbrief
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