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Leutkirch - 133 Tote! Am 14. Juli 2021 nahm im rheinland-pfälzischen Ahrtal eine Hochwasserflut ihren Lauf, die viele Opfer forderte. Wie Streichholzschachteln wegschwimmende Autos, in wenigen Augenblicken umkippende Häuser, in den Wassermassen verschwindende Leute – sind solche Horrorbilder auch in der "Großen Kreisstadt Leutkirch" denkbar? Unser redaktioneller Mitarbeiter Julian Aicher hat sich zu dieser Frage umgehört. Als Bewohner der Rotismühle am Ufer der Hofser Ach sah er selbst schon „Land unter“.

115 Liter Regen pro Quadratmeter im Ahrtal gab es damals, heute vor zwei Jahren. Völlig unwahrscheinlich im schwäbischen Oberland? Dazu sagt Roland Roth von der „Wetterwarte Süd" in Bad Schussenried: „Das kann bei uns jederzeit auch passieren.“ So seien in Schwendi (Kreis Biberach) 2016 bereits 100 Liter gemessen worden. Roland Roth zeigt sich mit dieser Einschätzung der Niederschlagsmengen innerhalb der Wetterkunde nicht allein.

Aktives Hochwasser-Alarmsystem
Leutkirch Oberbürgermeister Hans-Jörg Henle bestätigt Roth: „Nach Ansicht der Experten lässt sich ein Hochwasserereignis nach Extremniederschlagsmengen wie im Ahrtal nicht verhindern." Allerdings verfüge die Große Kreisstadt über einen „sehr gut ausgearbeiteten Hochwasserplan“. Erst vergangene Woche sei dieses Alarm-System nochmals mit den beteiligten Fachkräften überprüft und geübt worden – vom Feuerwehrkommandanten vor Ort bis ins Regierungspräsidium Tübingen. Darin unterscheidet sich Leutkirch ganz eindeutig vom rheinland-pfälzischen Ahrtal, wo sich der damalige Landrat offenbar mehr um seinen Porsche als um die Bevölkerung sorgte. So löste er erst gegen Ende des Tags mit stark ansteigenden Fluten Alarm aus.

Beachtliche Hochwasserschutz-Bauten
Anders als im Ahrtal 2021 verfügt das Eschach-Einzugsgebiet Leutkirchs auch jetzt schon über beachtliche Hochwasserschutz-Bauten. Allen voran das Rückhaltebecken Urlau. Fassungsvermögen: 1 Million Kubikmeter Wasser. Sollte eine Flut noch größer sein, kann sie ins Fetzachmoos abgeleitet werden. Diese Rückhalte-Systeme lösten in Fachkreisen schon anerkennenden Respekt aus. Für noch heftigere Wassermassen ließe sich oberhalb von Schmidsfelden künftig ein regulierbarer Stausee anlegen – mit wuchtigen Wasserkraft-Turbinen dran. Das Ganze teils schon im bayrischen Landkreis Oberallgäu. So die Pläne des Schmidsfeldeners Julius Balthasar Christmann vor 100 Jahren. Zukunftsmusik mit Blick ins Archiv.

Allerdings: Bei einem „hundertjährigen Hochwasser“ sei irgendwann jedes Rückhaltebecken voll. Und „Hochwasserschutz-Bauten sind meistens auf das Hundertjährige angelegt.“ So Iris Steger, Leiterin des Dezernates Kreisentwicklung, Wirtschaft und Ländlicher Raum beim Landratsant Ravensburg. Steger: „Gerade auch deshalb sind Katastrophenpläne so wichtig.“ Nicht zuletzt, um bei Gefahr rechtzeitig warnen zu können.

„Vielleicht machen die Bayern was“
So sicher die Hochwasserschutzbauten an der Eschach in Leutkirch wirken, so sehr fehlen sie noch an anderen Bächen und Flüssen der Großen Kreisstadt. Zum Beispiel an der Hofser Ach. Zwar wurden deren Ufer innerorts teils schon geweitet – aber bei der Bürgerversammlung im „Adler“ in Ausnang am 6. Juli beschwerten sich doch manche aus Ausnang darüber, dass die Ach auch Häuser nebenan nässe. Hofs' Ortsvorsteher Franz Dietrich: „Sie wissen, dass das Wasser zum Teil aus Bayern kommt – und nach Bayern fließt. (...) Wenn die was machen, brauchen wir vielleicht nichts machen."

Oder doch? Mehr Informationen dazu liefere die HVZ, also die „Hochwasser-Vorhersage-Zentrale“ Baden-Württemberg (www.hvz.baden-wuerttemberg.de): Auf diese Internet-Plattform macht Kreisdezernentin Iris Steger aufmerksam. Dort seien in Leutkirch-Ausnang tatsächlich „einige Flächen“ zu finden, über die schon gelegentlich ein „zehnjähriges Hochwasser“ fließe. Dann aber mit „maximal 50 Zentimetern“ – also „deutlich weniger als im Ahrtal. Dort stieg der Flusspegel auf 9 Meter." Steger begrüßt es, wenn Leute die HVZ-Seite genauer anschauen, „damit sie sich bewusst werden: Es gibt ein Problem."

Im Jahre 2013
Solch eine Schwierigkeit zeigte sich beim Hochwasser Ende Mai/Anfang Juni 2013 vor allem in Gemeinden unterhalb von Leutkirch-Hofs. Zum Beispiel in Lautrach (Landkreis Unterallgäu). Dort heißt die Hofser Ach Lautracher Ach und mündet in die Iler. 2013 zerstörten die Ach-Fluten in Lautrach eine Brücke. Kein Wunder, dass seither dort „sehr viele Angst“ haben, wie es ein Lautracher Bürger der Bildschirmzeitung schilderte. „Die CSU Lautrach will das Thema Hochwasser angehen“, berichtet der Mann. Und Lautrachs Bürgermeister Reinhard Dorn kündigte für die Zeit nach seinem jetzigen Urlaub ebenfalls noch eine Stellungnahme an. Diese dürfte dann wieder hier in der Bildschirmzeitung „Der Leutkircher“ zu lesen sein.

 

 

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