Oberessendorf (rei) - Vor 120 Jahren kam die oberschwäbische Dichterin Maria Menz auf einem Bauernhof in Oberessendorf zur Welt (nicht in jenem Geschwisterhaus, in dem sie als Schriftstellerin wirkte). Die Bildschirmzeitung erinnert zum Jahrestag an die bedeutende Frau, die bescheiden mit ihren Schwestern in Oberessendorf lebte und lange für die Schublade schrieb, bis sie von Martin Walser entdeckt wurde. Die Leutkircherin Hedy Baumgärtner (Jahrgang 1941), eine passionierte Fotografin, und ihre verstorbene Freundin Luitgard Vogl haben die Schriftstellerin ab 1988 regelmäßig besucht. Hedy Baumgärtner durfte die Menz und ihr Umfeld fotografieren. Hochbetagt und hochgeehrt starb Maria Menz im Jahre 1996. Die Bildschirmzeitung hat in Archiv und Alben von Hedy Baumgärtner stöbern dürfen und legt in Erinnerung an die Dichterin eine Reihe auf, die am 19. Juni, dem Geburtstag von Maria Menz, begonnen wurde. Heute nun Folge 4 unserer Serie: Alltag und Feiertag.
Hannelore Nussbaum, Autorin des Erinnerungsbüchleins "Die offene Tür", weiß von der hohen Esskultur der einfach Lebenden („Immer Suppe vorneweg, immer ein Nachtisch, vielleicht nur ein Kompott, aber immer etwas“). Darüber berichtete sie in ihrem Vortrag über Maria Menz in Aulendorf im November 2002. Im Zentrum der Geschwisterwirtschaft stand der Selbstversorgergarten. Nachstehend Bilder, aufgenommen von Hedy Baumgärtner im Herbst 1989.
Ein Fixpunkt für Maria Menz: der Garten.
Der Gemüse- und Blumengarten war für Maria Menz ein Ort der Inspiration.
Fülle
Harren wir nicht sehr der Gladiolen?
Ist uns nicht, als müßten wir ihr Bild,
das die Welt mit Licht und Feuer füllt,
aus der Tiefe ihrer Schäfte holen?
Aber dies gewährt der Preis der Tage,
er allein. O doppeltes Gesicht:
Wenn die Flamme aus der Knospe bricht,
wiegt sich eben schon des Sommers Waage,
fängt den Bogen ein
schon der Scheitel und wird Wende sein.
Wo bin ich im Land der Verse?
Gleichgültig, wo.
Wesentlich nur:
Ich lebe in ihm
und würdig.
Erfüllt nicht die kleine Lobelie
sich ebenso gut
wie die trächtige Rose?
Bewirtschaftet wurden Haus und Garten von den Schwestern (hier Betha).
Auch die schaffigen Schwestern legten Wert auf gediegene Festtagskleidung (hinten Josephine, vorne Betha). Die Aufnahme entstand an Allerheiligen des Jahres 1989.
Maria Menz ebenfalls beim Kirchgang an Allerheiligen 1989 (in der Hand das Kopftuch).
Bevor sie Anfang der 1940er-Jahre in den Schoß des Geschwisterhauses zurückkehrte, war Maria Menz draußen in der Welt (1923 bis 1942). Dieses Bild aus dem Album von Hedy Baumgärtner stammt vermutlich aus der Zeit, als Maria Menz in Leipzig als Krankenschwester arbeitete (1930 bis 1937). Repro: RR