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Leutkirch - Am 25. Februar starb Michael Schnieber. Er war 25 Jahre stellvertretender Chefredakteur der „Schwäbischen Zeitung“. Gerhard Reischmann, auch er jahrzehntelang im Dienst der „Schwäbischen Zeitung“ gewesen, erinnert an einen herausragenden Journalisten, einen prinzipienfesten Mann.

Michael Schnieber war im Oberland eine Koryphäe. Als er 60 wurde, das war 1988, stand Chrysostomus Zodel, auch er ein politisches Schwergewicht, in der Redaktionskonferenz auf, griff prüfend an sein Jackett und begann zu sprechen. „Ich war im Katharinensaal des Kreml. Ich habe Kommentare zu weltpolitischen Themen geschrieben. Aber vor Ihnen, lieber Herr Schnieber, haben die Landräte gezittert.“

Ja, es stimmte, was der Chefredakteur der „Schwäbischen Zeitung“ über seinen Vize sagte. Unvergessen ist alten SZ-Redakteuren Schniebers Montagskommando an das Redaktionssekretariat: „Alle Landräte!“

Und dann glühten die Telefondrähte. Michael Schnieber (ms), seines Zeichens Leiter des „Landesüberblick“, pflegte sein Netzwerk und nicht selten zwiebelte er einen der CDU-Kreisfürsten. Er war ein Konservativer, gewiss, aber das schützte die „Schwarzen“ nicht vor Kritik von „ms“, wenn irgendwo zwischen Bodensee und Donau, zwischen Iller und Schwarzwald etwas aus dem Ruder gelaufen war. Schnieber, ein Pastorensohn aus Sachsen, der – wie sein Vater – als Erwachsener zum Katholizismus konvertiert war, ergriff mutig das Wort, ob es gelegen war oder ungelegen. Unentwegt setzte er sich für den Schutz des ungeborenen Lebens ein und als in den frühen 1990ern erstmals Asylbewerber in großer Zahl an deutsche Türen klopften, trat er für ein christlich motiviertes Willkommen ein. Mit gutem Beispiel nahm er einen schutzsuchenden Eritreer in sein Haus auf.

Michael Schnieber, Jahrgang 1928, wurde noch als Flakhelfer herangezogen. Er war keine 17, als die Bomben auf Dresden fielen. Im Keller erlebte er das Inferno. Dienstverpflichtet musste er helfen, Tote zu bergen. Werfen wir einen Blick auf den 16. Februar 1945. Es ist Tag drei nach den Luftangriffen. Michael Schnieber schreibt in seinen Erinnerungen: „Ein am Stock gehender Hauptmann hält mich an. Ausweiskontrolle! ,Was machst du hier? Wie alt bist du? Das ist keine Arbeit für Kinder, verdammt nochmal!‘ Ich zeige den Einsatzbefehl vor. ,Dreh dich um, mach einen Buckel!‘ Auf den Befehl schreibt er ,Bergungseinsatz erfüllt, 16. Februar 1945‘, Unterschrift. Dann kramt er einen Stempel des Wehrbezirkskommandos aus der Manteltasche und drückt ihn auf den Wisch. ,Und jetzt hau ab! Schlimm genug, dass man Kinder an die Flak stellt.‘ “

Selbstverständlich war Michael Schnieber Mitglied in der Gesellschaft katholischer Publizisten (GKP). Die GKP pflegt sich wechselnd in einer der 27 deutschen Diözesen zu treffen. Bei einer GKP-Tagung in Bamberg sagte Michael Schnieber zum Erzbischof: „Exzellenz, darf ich Ihre Hauskapelle sehen?“ Gesagt, getan. Schnieber und seine GKP-Mitstreiter besuchten also die Kapelle und der Erzbischof fragte: „Warum wollten Sie partout in meine Kapelle?“ Es muss ein Moment ganz eigener Qualität gewesen sein, als Schnieber antwortete: „Hier wurde mein Vater zum Priester geweiht.“

In Michael Schniebers Todesanzeige in der „Schwäbischen Zeitung“ (Ausgabe Leutkirch) steht: „Er starb im Glauben an die Auferstehung, die uns Jesus Christus verheißen hat.“ Wer Michael Schnieber kannte, weiß, dass er seine Todesanzeige selbst formuliert und den Hinterbliebenen hinterlegt hat.

In der Karwoche des Jahres 2003 klingelte bei mir das Telefon. Michael Schnieber, schon seit zehn Jahren Vize-Chefredakteur a. D., war am Apparat. Ich hatte einen Bericht über einen Kreuzweg der Jugend in der „Schwäbischen Zeitung“ veröffentlicht und er wollte ein Lob sagen. In jenem Bericht schilderte ich, wie junge Christen trotz beißender Kälte bei einer Prozession Flagge zeigten. Insbesondere die Passage „Zurück in der Kirche, deren Wärme und Licht eine Vorahnung der Osterhoffnung signalisieren ...“ fand Schniebers Anerkennung.

Michael Schnieber wurde am 7. März zu Grabe getragen. Er ruht auf dem Waldfriedhof in Leutkirch.

 

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Michael Schnieber (1928 – 2023)

 

 

 

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halloRV

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