Friesenhofen / Urlau - Das Alphorn hat spätestens mit der Urlauer Genussmanufaktur und seiner Alphornschule seit 2018 einen festen Platz in der Region Leutkirch bekommen. Siegfried Leitermann, Dirigent, Komponist, Trompeter und Alphornspieler, unterrichtete schon mehr als drei Dutzend Schüler und Schülerinnen, darunter sind immer mehr Frauen. Sie entdecken das fast vier Kilo schwere Instrument für sich und bleiben ihm treu.
Das traditionelle Schweizer Älpler-Instrument ist auch außerhalb der Alpen bekannt geworden, es gehört im Allgäu bei Bergmessen, Musikfesten, Standkonzerten oder auch bei Weihnachtsmärkten zur Tradition. Selten sah man Frauen dabei, doch dank Siegfried Leitermann aus Friesenhofen ist das anders geworden. Die erste Frau, die Alphorn bei ihm spielen lernen wollte, war 2015 Damaris Kramer, die ein Café in Eglofs betreibt. Dann kam eine Frau, die zehn Stunden Unterricht zum Geburtstag geschenkt bekam, weil sie das Instrument unbedingt lernen wollte.
Wie das Alphorn zu Siegfried Leitermann kam
Der rührige 80-Jährige ist im Ortenau-Kreis/Schwarzwald aufgewachsen und kommt aus einer musikalischen Familie. Mit neun Jahren begann er beim Dirigenten der örtlichen Musikkapelle Trompete und gehörte zehn Jahre lang zur Kapelle. Dann ging es zur Bundeswehr und so kam er nach Weingarten in die Argonnenkaserne. Hier wurde er beauftragt, einen Bataillonsmusikzug aufzustellen, er selber spielte die erste Trompete.
Nach dem BWL-Studium in Konstanz kam er beruflich nach Friesenhofen und blieb der Region treu. Seinem Hobby, der Musik, widmete Siegfried Leitermann immer sehr viel Zeit. Nicht nur die 20 Jahre als Dirigent der Trachtenkapelle Friesenhofen machten ihn zur musikalischen Koryphäe, am Konservatorium Feldkirch bildete er sich bei Professoren weiter.
Eines Tages fragten ihn Alphhornspieler aus Kreuzthal um Aushilfe an, weil ein Spieler ausgefallen war. Als begabter Blechbläser hatte Siegfried Leitermann kein Problem und lernte sich schnell in die Spieltechnik des „hölzernen langen Horns“ ein. „Das gefiel mir wirklich gut und bald kaufte ich selber ein Alphorn“, erinnert er sich. Er pflegte dann Kontakte zu den Leutkircher Alphornspielern Karl Vohrer und Franz Wiedemann, mit denen er das Allgäuer Alphorn-Trio gründete. Auch Damaris Kramer spielte immer wieder mit ihnen und sie umrahmten viele Veranstaltungen und Gottesdienste mit ihrem harmonischen Klang.
Eine Broschüre mit Eigenkompositionen
Leitermann begann bald, eigene Stücke für Alphorn zu komponieren und hat sie in einer Broschüre zusammengefasst, die es nur beim ihm gibt. Alphornklänge wurden immer gefragter, Alphorntreffen in Rohrdorf oder in Urlau sind keine Seltenheit mehr. Die Idee zu einer Alphornschule kam von Genussmanufaktur-Initiator Christian Skrodzki, er schlug als „Location“ die alt-ehrwürdige Bibliothek mit sehr guter Akustik dafür vor. Siegfried Leitermann war begeistert von dieser Möglichkeit und kann seitdem sein großes Wissen vom Alphornspielen weitergeben. Unter den ersten sieben Schülern waren gleich drei Frauen. Inzwischen ist rund die Hälfte seiner Schüler weiblichen Geschlechts.
„Es ist nicht ganz einfach, wenn man noch nie ein Blasinstrument gespielt hat“, sagt eine der Schülerinnen, eine Organistin und Chorleiterin mit viel Erfahrung, und weiter: „Es macht aber echt Spaß, wenn man mal die richtige Dosis raus hat, die man ins Horn blasen muss. Von Anfang an sind auch Noten zu lernen bzw. muss man das Gehör schulen, um den richtigen Ton blastechnisch zu treffen.“ Sie findet es cool, wenn immer mehr Frauen das Alphorn lernen und auch dabei bleiben.
Frauen kommen bis von München und Garmisch zur Alphornschule
Die Alphorn-Aspiranten kommen aus dem Umkreis von gut 30 Kilometern nach Urlau in die Bibliothek mit ihrer tollen Akustik, sogar jemand bis von München und eine Leutkircherin, die jetzt in Garmisch wohnt, kommt regelmäßig zum Unterricht. Für einen Schnupperkurs bekommt man ein Leihinstrument, man muss zu Hause auf jeden Fall üben. Unterrichtseinheiten werden immer wieder als Gutschein verschenkt.
„Die bisherigen Schüler der Alphornschule haben einen gemeinsamen Chor als Verein gegründet, der im Vereinsregister eingetragen ist und vom Finanzamt Wangen bereits die Gemeinnützigkeit genehmigt bekommen hat. Dieser Verein hat eine Frauenquote von fast 60 Prozent“, freut sich Siegfried Leitermann, weil es auch mit sein Verdienst ist.
Zweimal hat er schon ein sogenanntes „Weisenblasen“ mit 10 bis 15 Alphornbläsern in Urlau im Dorfgasthaus „Hirsch“ organisiert und im Sommer fand erstmals ein Standkonzert in Leutkirch mit 15 Alphörnern und der Musikkapelle Kreuzthal statt, die Leitermann seit zwei Jahren dirigiert.
Nach dem Standkonzert in Leutkirch bekam Leitermann mehrere Anfragen für Auftritte bei Festen in 2023, wie beim Heimatfest im Raum Biberach und sogar bis nach Cleve, 30 lm von Duisburg entfernt, und in den Niederlanden zum Europafest. Hoch hinaus geht es für die Alphornspieler meist am Hochgrat oder am Hündle, wo regelmäßig Bergmessen musikalisch umrahmt werden. Sicher ist auch schon ein Auftritt 2024 bei der Landesgartenschau in Wangen.
Wer mehr über Leitermanns Alphorn- und Musikschule wissen möchte, wende sich per Mail an ihn: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Text/Fotos: Carmen Notz
In der Genuss-Manufaktur in Urlau hat Siegfried Leitermann sein "Ton-Studio".
Engagierter Lehrer und gelehrige Schülerin.
13 Alphörner im Eimsatz beim Weisen-Blasen.
Siegfried Leitermanns Alphorn-Broschüre, zu beziehen bei ihm.