Kisslegg - Knapp 18 Jahre nach dem Start konnte das Flurbereinigungsverfahren „Furtmühle“ kürzlich im Beisein von Staatssekretärin Sabine Kurz und den vielen Akteuren und Grundstückseigentümern in Reute bei Bietenweiler abgeschlossen werden.

 


Das Flurbereinigungsgebiet umfasste rd. 430 ha und verlief im Süden von Schönenberg/Bayums bis zur Gemarkungsgrenze nach Wolfegg im Norden. Die Vorgeschichte erläuterte Albert Kieckbusch, der für die betroffenen Eigentümer von Anfang an als ehrenamtlicher Sprecher fungierte: In den 1950er Jahren wurde die kurz vor schon kurz dem 2. Weltkrieg begonnene Begradigung der Wolfegger Ach vom Zeller See in Kißlegg bis zur Gemarkungsgrenze nach Wolfegg fortgesetzt.

Viele Flurstücke wurden so zerschnitten, jedoch fand für einen Teil des begradigten Flusses nie eine Vermessung statt. Das bereitete den dort wirtschaftenden Landwirten und Grundstückeigentümern zunehmend bürokratische und praktische Hürden. Nach mehreren erfolglosen Versuchen war dann im Jahr 2005 die Bereitschaft der Gemeinde und Flurbereinigungsbehörde da, eine Neuordnung des Gebiets anzugehen.

Bürgermeister Dieter Krattenmacher erinnerte daran, dass im Jahr 2005 nach seinem Amtsantritt zwei wichtige Entscheidungen in der Gemeinde getroffen worden seien: Die Umgehungsstraße um Kißlegg führe im Osten am Ort vorbei und zwischen Riedgarten und Bietenweiler werde entlang der Wolfegger Ach ein Flurbereinigungsverfahren durchgeführt. Die anfängliche große Bereitschaft der Grundstückseigentümer erhielt aber wenige Jahre nach Start des Verfahrens einen Dämpfer: Das Regierungspräsidium Tübingen und das Landratsamt Ravensburg pochten auf eine ökologische Aufwertung der Wolfegger Ach.

In zahlreichen Gesprächen und Verhandlungen konnte schließlich ein Kompromiss zwischen den verschiedenen Akteuren und Anforderungen gefunden werden. So ist es gelungen ein vorbildliches Projekt für die Landwirtschaft und den Naturschutz zu verwirklichen. Die Wolfegger Ach hat so einen breiten Grundstücksstreifen erhalten, in dem sich der einst kanalisierte Fluss wieder entfalten kann. „Wer im Naturschutz vorankommen möchte, sollte den Eigentümern auf Augenhöhe begegnen“, so der Bürgermeister.

Die Zahlen des Flurbereinigungsprojekts sind eindrücklich:
Über 4 Kilometer Wege und eine Brücke konnten instandgesetzt, neu gebaut oder rekultiviert werden. Knapp 10 ha konnten als Gewässerrandstreifen, Magerweise oder als Saum ökologisch aufgewertet werden. Über 12 km Straßen und Wege und Gewässerflächen gingen ins Gemeindeeigentum über. Die Kosten von rd. 1 Mio. € teilten sich Land (60 %), Gemeinde (38%) und Teilnehmer (2%). Erhebliche Personal- und Sachkosten hat zudem das Land über die Flurbereinigungsbehörde übernommen.

Schließlich zeigte sich auch Sabine Kurtz, Staatssekretärin im Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg, die für den erkrankten Minister Peter Hauk kurzfristig eingesprungen ist, beeindruckt und zufrieden. Sie dankte allen Beteiligten für das konstruktive Miteinander. Eine leistungsfähige Landwirtschaft, die gute Lebensmittel erzeugt, benötige auch gute Arbeitsbedingungen auf der Fläche. Das bewährte Instrument der Flurbereinigung habe seinen Fokus aber auch auf ein gutes Miteinander zwischen Landwirtschaft und Naturschutz gelegt. An einigen Beispielen lasse sich hier das Prinzip „Schützen durch Nützen“ deutlich erkennen.

Bei einem anschließenden Rundgang zeigte Projektleiter Peter Hilsenbeck anhand von mit Ballons gekennzeichneten Pfosten nochmals anschaulich den ursprünglichen Verlauf der Wolfegger Ach und von einigen Straßen und Wegen, die rekultiviert worden sind.

Die rund 80 Teilnehmer, unter ihnen auch zahlreiche Gemeinderäte, zeigten sich allesamt zufrieden über das Ergebnis und tauschten bei einer anschließenden Feier bei der neu sanierten Reuter Kapelle noch manche Erinnerung an die Zeit der Flurbereinigung aus. Jetzt wird es hier wieder etwas ruhiger, ehe dann die Gemeinde in den kommenden zwei Jahren wieder beginnt zu baggern: Schließlich muss das Breitband nun in den Boden hinein.

 

Presseinformation und Bilder Gemeinde Kisslegg Clemens Stadler

 

Flur Reute 04 23 35

Projektleiter Peter Hilsenbeck von der Flurbereinigungsbehörde beim Landratsamt Ravensburg erklärt auf der erneuerten Achbrücke den früheren Flussverlauf und die Naturschutzmaßnahmen

 

 

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halloRV

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