Bad Wurzach - Die Cellistin Verena Stei und die gebürtige Ukrainerin Irina Esser am Klavier gaben in der evangelischen Kirche Bad Wurzach ein Solidaritätskonzert für die Flüchtlinge aus der Ukraine und bekamen dabei Unterstützung von einem ganz besonderen Gastmusiker.
Bevor die beiden Musikerinnen das Konzert mit „Larissas Lied“ aus dem Kinofilm „Wunderkinder“ eröffneten, stellte Verena Stei ihre Mitmusikerin Irina Esser vor.
Irina Esser war vor 27 Jahren aus der Ukraine nach Deutschland gekommen. Während der Corona-Zeit habe sie Esser auf der Orgelempore der evangelischen Kirche kennengelernt, wo sie selbst an den Sonntagen als Organistin tätig ist.
Irgendwann in den letzten Wochen sei dann die Idee zu dem Solidaritätskonzert entstanden. „Bitte erwarten Sie keine intellektuelle und hochanspruchsvolle Musik, sondern eher meditative Klänge.“
Mit „Kaddisch“ („Gebet für die Verstorbenen“) von Maurice Ravel gedachten sie den Toten des Krieges in der Ukraine. Ein weiteres musikalisches Gebet brachten sie mit „Prayer“ von Ernest Bloch zu Gehör. Bloch musste aufgrund seiner jüdischen Abstammung vor den Nazis aus Deutschland fliehen und zählt in England und den USA als einer der größten deutschen Komponisten, während er in Deutschland so gut wie unbekannt blieb.
Im Gegensatz zu Johann Sebastian Bach, der auch hierzulande zu einem der größten Komponisten aller Zeiten zählt, mit dessen „Arioso“ mit seinen sanft geschwungenen Melodienlinien sie dessen Genialität sowie ihre eigene Virtuosität zum Ausdruck brachten. Mit „Melodia“ des ukrainischen Komponisten Myroslaw Skoryk spielte Irina Esser als Solistin nichts weniger als die spirituelle Nationalhymne und damit ein sehr häufig gespieltes und in der Ukraine viele Emotionen auslösendes Musikstück.
Just zu diesem Stück durfte der Special-Guest, Vadim Pitinov, der Neffe von Irina Esser die Bühne bzw. den Altarraum, in dem die beiden Musikerinnen spielten, betreten: Er war vor zwei Monaten gemeinsam mit seiner Mutter aus der Ostukraine geflohen. Zunächst als Solist und später gemeinsam mit Irina Esser bot er am E-Piano eine wunderbare Performance und wurde dafür mit langanhaltendem Applaus belohnt.
Mit „Spiegel im Spiegel“ des estnischen Komponisten Arva Pärt – ein Vertreter der Neuen Einfachheit, der 27 Jahre von 1981 bis 2008 in Berlin lebte – mit seiner wunderbar meditaitven Klangwelt setzen Stei und Esser das Konzert fort. „Noch sind der Ukraine Ruhm und Freiheit nicht gestorben,“ so lauten die ersten Worte der ukrainischen Nationalhymne. „Und das soll unbedingt auch so bleiben!“ drückte Verena Stei in ihrer Einleitung die Hoffnung auf ein Überleben der Ukraine und der Menschen dort, aus.
Mit „Air“ von Johann Sebastian Bach hatten die beiden Musikerinnen danach einen echten Klassiker ins Programm aufgenommen, der auch im wunderbaren Zusammenspiel von E-Piano und Cello zum meditieren einlud. Mit Camille Saint-Saens´ musikalischem Gebet „Priere“ und Pablo Casals „Cant dell Ocells (Gesang der Vögel) beendeten die beiden Musikerinnen den offiziellen Teil ihres Benefiz-Konzertes zugunsten der Flüchtlinge aus der Ukraine.
Dass schon weitere Flüchtling von dort nach Bad Wurzach kommen werden, machte die Hausherrin und Pfarrerin Silke Kuczera klar, als sie vor der Zugabe auf die beim Ausgang aufgestellten Spendenkörbchen hinwies: „ Am Montag startet wieder ein Bus Richtung Ukraine, der am Samstag mit Flüchtlingen zurückkehren wird, die in Bad Wurzach und Umgebung aufgenommen werden.“
Für ihre Zugabe „Spiel ohne Worte“ des russischen (!) Komponisten Pjotr Iljitsch Tschaikowski ernteten die Musikerinnen dann am Schluss noch stehende Ovationen für ihre sehr gelungene Darbeitung.
Bericht und Bilder Ulrich Gresser