Bad Wurzach - Die Eibe schlägt an die Scheibe. Ein Funkeln im Dunkeln. Wie Götzenzeit, wie Heidentraum blickt ins Fenster der Eibenbaum. Dieses Gedicht von Theodor Fontane passt zur aktuellen Jahreszeit – und auch zur Eibe, der schon immer etwas Düsteres anhaftete.
Eiben sind erdgeschichtlich uralte Bäume. Aber auch Eiben an sich können Jahrhunderte oder gar Jahrtausende alt werden. Das hohe Alter und die immergrünen Nadeln symbolisieren das Leben und die Unsterblichkeit.
Andererseits unterstreichen die starke Giftigkeit und das düstere, dunkle Nadelkleid der Eibe den Aspekt des Todes. Kein Wunder also, dass die Eibe in der Mythologie gleichzeitig Baum des Lebens und des Todes war. Mit dem Tod wird sie auch heute noch in Verbindung gebracht, denn sie ist das einzige giftige Nadelgehölz, das in Europa heimisch ist.
Die Giftwirkung kann dabei ganz unterschiedlich sein: Pferde reagieren besonders empfindlich, Rinder und Ziegen schon weniger, und Rehe verspeisen junge Eibentriebe gar mit Vorliebe. Beim Menschen sollen bereits 50 bis 100 Gramm Eibennadeln tödlich sein. Doch, wie schon Paracelsus wusste, macht erst die Dosis das Gift. In der Volksmedizin wurde die Eibe vielfältig eingesetzt, z.B. bei Wurmbefall, Rheuma, Bronchitis oder Epilepsie. In jüngster Zeit rückte sie als Rohstofflieferant für ein Naturheilmittel im Kampf gegen Krebs stärker ins Blickfeld der Medizin.
Giftig ist an der Eibe nahezu alles, mit Ausnahme des Fruchtfleisches der roten Beeren. Die im Übrigen gar keine Beeren sind, entgegen des wissenschaftlichen Namens der Eibe, Taxus baccata, beerentragender Taxus-Baum. Im botanischen Sinne sind es Scheinfrüchte, Arillen genannt.
Die roten Becher umhüllen den Samen wie einen Mantel. Ihre Hauptaufgabe besteht in der Anlockung von Vögeln. Drosseln oder Stare sind ganz wild auf die roten Leckerbissen. Sie verspeisen die Arillen und setzen die Samen mit ihrem Kot an anderer Stelle wieder ab, wo sie gut gedüngt keimen können. Auch für das menschliche Auge sind die roten Becher durchaus attraktiv. Wie kleine Äpfelchen schmücken sie die dunklen Zweige.
„Mit Äpfeln prangt der Taxusbaum und blinkt von Gold- und Silberschaum“ schrieb ein Dichter aus Mark Brandenburg um das Jahr 1800. Im deutschsprachigen Raum, dem Ursprungsgebiet der modernen Weihnachtsbaumtradition, wurde schon lange vor der Tanne oder Fichte die Eibe verwendet. Dies wirft sicherlich etwas Licht auf den Ursprung des Brauchs, rote „Äpfel“ an den Weihnachtsbaum zu hängen. In diesem Sinne: Frohe Weihnachten!
Welche wichtige Rolle die Eibe im Mittelalter für das Militär spielte und was der aktuelle Klimawandel für die Eibe bedeutet, können interessierte Besucher noch bis zum 23. Januar 2022 in der Ausstellung „Eiben – Hommage an eine uralte Baumart“ im Naturschutzzentrum erfahren.
Das Naturschutzzentrum präsentiert unter der Rubrik „Moor-Momente“ regelmäßig Spannendes und Unterhaltsames aus der vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt des Wurzacher Rieds. Dabei werden Arten vorgestellt, die die Besucher aktuell im Ried antreffen können.
Foto Christian Wolf
Bericht Valeska Ulmer