Bad Wurzach - Bürgermeisterin Alexandra Scherer musste aus gesundheitlichen Gründen auf die Teilnahme an der Gedenkveranstaltung beim Kriegerdenkmal an der Leichenhalle in diesem Jahr verzichten. Klaus Schütt hielt stattdessen die zentrale Gedenkrede und verwies darin auf die existenzielle Bedeutung der Demokratie als wichtigsten Schutz gegen Fehlentwicklungen wie Kriege.
Es war auch in diesem Jahr wieder ein sehr kleiner Rahmen bei dem die 3G-Regeln galten und ohne vorherige Prozession durch die Stadt. Stadtkapelle Fahnenvertretungen der Vereine und Rotes Kreuz und Feuerwehr trafen sich am Friedhofseingang, um den kurzen Weg zum Denkmal für die Gefallenen und Vermissten der beiden Weltkriege bei der Leichenhalle gemeinsam zu gehen.
Mit dem Choral „Gebet“ von Hans Blank eröffnete die Stadtkapelle musikalisch die diesjährige Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag.
Bürgermeisterstellvertreter Klaus Schütt sah in der Gedenkfeier eine humanitäre Verpflichtung, „der wir uns nicht entziehen dürfen.“ Gedenkveranstaltungen seien keine leeren Rituale, sondern ein wesentlicher Teil unserer Kultur. „Erst das gelebte Bekenntnis zur Vergangenheit macht uns zu dem was wir sind. Das gilt auch und vor allem für die dunkle Seite der Geschichte.“ In Europa gebe es viele Gedenkstätten: Dabei mache es keinen Unterschied ob den Soldaten aller Kriegsparteien, den im Holocaust ermordeten Juden oder der Verbrechen an Kriegsgefangenen gedacht wird: „Wenn wir an den Gräbern stehen gibt es keinen Unterschied.“ „Unser Gedenken an den Krieg und seine Opfer ist also stets verbunden mit dem Kampf um Demokratie, wenn wir uns die Freiheit bewahren wollen.“ Gedenken stärke Blick und Sinne und sei ein Warnruf und Anstoß uns der Vergangenheit zu stellen.
Mit dem Choral „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ dessen Text von Dietrich Bonhoeffer, selbst ein Opfer des Naziterrors, ebenjenes Gedenken so wunderbar in Worte fasste, trug der Liederkranz Chorioso seinen Teil zur würdigen Gestaltung der Feier bei.
Die beiden Schüler des Salvatorkollegs, David Eiden und Selahattin Genis verdeutlichten mit ihren Lesungen einiger Kapitel aus dem mit dem vor Monatsfrist mit dem Friedrich-Schiedel-Literaturpreis der Stadt Bad Wurzach ausgezeichneten Werk von Arno Geiger „Unter der Drachenwand“, die Sinnlosigkeit von Kriegen und die extreme Belastung – nicht nur körperlich, sondern auch psychisch – für alle betroffenen Menschen.
Die evangelische Pfarrerin Silke Kuzcera sagte in ihrem Gedenkgebet: „Nach Jahren der Kämpfe kam der Augenblick, in dem die Waffen schwiegen und wir begriffen, dass alle verloren haben auch die Sieger.“ „Dieser Moment dauert nun länger als manches leben. Es zeuge von Mut und Vertrauen, immer wieder den Frieden zu suchen. „Frieden ist, wenn sich einer zum anderen neigt. Die Liebe beginnt, wenn das Rechthaben endet unter uns.“
Mit dem traditionell zur Kranzniederlegung bzw. Verneigung vor den Gefallenen und Vermissten der Weltkriege von der Stadtkapelle intonierten Choral „Ich hatt´ einen Kameraden“ segnete Stadtpfarrer Stefan Maier die Gedenktafeln mit Weihwasser. In seinen Fürbitten bat er Gott: „Mach uns wachsam für die Gerechtigkeit unter Menschen und Völkern.“ Für die Politiker erbat er von Gott, dass er ihnen den Mut geben möge, für die Schwachen einzustehen, Minderheiten zu schützen und Friedensprozesse neu in Gang zu bringen.
Bericht und Bilder Ulrich Gresser