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Bad Wurzach-Hauerz - Der Landkreis Ravensburg wird seine Flüchtlingsunterkünfte in Arnach und Hauerz schon Mitte November wieder belegen, obwohl diese eigentlich in den nächsten Monaten, weil sie lange leergestanden hatten, abgebaut werden sollten. Darüber wurden die Hauerzer Bürgerschaft am Montagabend in einer Infoveranstaltung in der Turn- und Festhalle unterrichtet.

Die Hauerzer sind ähnlich wie am Mittwoch zuvor die Arnacher über diese Entscheidung aus Ravensburg nicht begeistert. Das machten sie den drei Landratsamtsvertretern Matthias Jörg, Jessica Kohlbauer und Tobias Leuser deutlich. Die meisten der Hauerzer, die an diesem Abend in die Turn- und Festhalle gekommen waren, hatten sich in den letzten Jahren im Helferkreis engagiert. Sie forderten die Beamten des Landratsamtes mit deutlichen Worten dazu auf, die jetzt ankommenden Flüchtlinge wesentlich besser durch die Sozialarbeit des Landkreises zu betreuen. Das ist auch im Sinne von Orts- und der Stadtverwaltung, die an diesem Abend durch Bürgermeisterin Alexandra Scherer, Dezernatsleiter Frank Högerle und Ortsvorsteher Kurt Miller auf dem Podium vertreten war. Auch einige der Hauerzer Ortschaftsräte verfolgten die Debatte im Publikum. Scherer und Miller sagten in ihren Statements unisono, dass auch sie von der Entwicklung überrascht wurden und dass es nicht in ihrem Sinne sei, die Unterkünfte „wieder zu beleben.“

Hintergrund des Ärgers: Zum einen kommen, vor allem über Belarus und Polen, seit kurzem wieder wesentlich mehr Flüchtlinge nach Deutschland, wie Jörg erläuterte. Wurden die vergangenen zwei Jahre dem Kreis monatlich an die 20 Menschen zugewiesen, sind nun für November 77 angekündigt, vor allem aus Syrien und Afghanistan, von denen etwa 30 nach Hauerz kommen sollen.

„Die Situation hat sich ohne Vorwarnung verschärft,“ sagte Jörg. Gleichzeitig hat der Landkreis seine Flüchtlingsunterkünfte in den vergangenen Monaten stark reduziert. Von ehemals 50 sind noch 16 übrig, die fast voll belegt sind. Nun werden die zwei noch existierenden, aber leerstehenden in Arnach und Hauerz dringend gebraucht, denn alle anderen wurden bereits abgebaut oder an die Kommunen für die Anschlussunterbringung verkauft, so wie diejenige beimm alten Bad Wurzacher Hallenbad. Scherer wie auch der Ortsvorsteher und einige der Bürger verweisen im Falle der Hauerzer Anlage auf den (nicht-)vorhandenen ÖPNV, der zusätzlich zu einer hohen Belastung des Helferkreis geführt hatte. Die Bürgermeisterin erinnerte auch an die baurechtliche Einschätzung des Regierungspräsidiums, die besag, dass, wenn eine Unterkunft für eine längere Zeit einen gewissen Wert unterschreite, diese abgebaut werden solle.

Sandra Müller, die in Hauerz von Anfang an beim Helferkreis aktiv war, betonte die mangelnde Unterstützung seitens der Sozialarbeit oder des Hausmeisters. „Nicht zuständig habe wir oft zu hören bekommen, wenn es z.B. um die Entsorgung des Mülles ging, der häufig den Anwohnern vor die Türe geweht wurde. Sie wollte wissen, was in der jeweiligen Stellenausschreibung steht. „Es darf nicht mehr so laufen wie beim letzten Mal!“ Die Sozialarbeit hatte keinen Plan, der Helferkreis sei in der Luft gehangen und auch zu wenig vor Ort gewesen. Ihre Frage ob Einzelpersonen oder Familien konnte Jörg nicht beantworten, weil das LRA selbst dies erst fünf Tage vor der Neuaufnahme wisse.

Jutta Miller brachte den Frust der ehemaligen Helfer zum Ausdruck: „Ich glaube es wird keinen Helferkreis mehr geben.“ Ihr komme es vor, als wolle das Landratsamt die Verantwortung an den Helferkreis abgeben. Matthias Jörg meinte dazu, das Landratsamt werde hierfür 17 neue Stellen einrichten, allerdings befinde man sich erst noch in der Ausschreibung und Bewerbungsphase. Miller fragte auch nach dem Impfstatus der Neuankömmlinge, die zumeist ungeimpft ankommen. Bei Tests oder gar Impfungen sehe sie schwarz: „Wie soll das funktionieren?“ Jessica Kohlbauer gestand: „Wir kennen diese Situation von vielen anderen Kommunen. Durch Corona ist da vieles weg gebrochen. Dennoch würden wir uns freuen, wenn es wieder bürgerliches Engagement gäbe.“ Denn man sei auf die Helferkreise angewiesen. Roland Biberach hatte wie Mona Müller-Ries oft Fahrdienste übernommen. „Da wird es schwierig werden jemanden zu finden der sie zum Einkaufen fährt.“ Was ja außerdem nach den derzeitig geltenden Corona-Regeln gar nicht zulässig sei. „Das kann nicht funktionieren.“ Mona Müller-Ries, die ebenfalls viel als Fahrerin unterwegs war, sagte: „Wir haben von den Flüchtlingen auch viel zurückbekommen. Der Helferkreis hat einen sehr guten Job gemacht.“

Martin Pflug, ebenfalls ein Anwohner, verwies auf die teilweise fehlende Kompetenz oder auch Ignoranz der vom Landratsamt geschickten Personen. Was gefehlt habe sei ein Ansprechpartner vor Ort. Dies habe teilweise einer der Flüchtlinge, Frank, übernommen. „Alle Achtung was die Frauen im Helferkreis geleistet haben.“

Sandra Müller forderte die Vertreter des Landratsamtes auf, ein Konzept für den Fahrdienst fürs Einkaufen oder bei Krankheit zu entwickeln, denn „einige sind uns ans Herz gewachsen.“ Ortsvorsteher Kurt Miller sieht im ÖPNV ein großes Problem: „Die Busse sind mit den Schülern ja voll ausgelastet.“ Da könne es nicht funktionieren, wenn plötzlich nochmals 30 Leute an der Bushaltestelle stehen. „Die Kommunikation mit dem Amt für Migration muss besser werden, wir haben sonst ein Riesenproblem, die Problematik der Bevölkerung klar zu machen.“

Zum Abschluss bekamen die Diskussionsteilnehmer ein großes Lob von Bürgermeisterin und Ortsvorsteher. Sie dankten für die sachliche Diskussion und die konstruktive Kritik.

 

Bericht und Bilder: Ulrich Gresser

 

 

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