Bad Wurzach - Nach dem Besuchen bei Baugrund Süd und dem Hallenbadneubau am Grünen Hügel stellte sich der Landrat bei seinem Besuch in Bad Wurzach, der mit dem ersten Eintrag in das neuangeschaffte Goldene Buch der Stadt endete, in einer Bürgersprechstunde den Fragen von interessierten Bürgern und Gemeinderäten.
Bürgermeisterin Alexandra Scherer zeigte sich in ihrer Begrüßungsrede im Kursaal erleichtert, dass das Land für die drittgrößte Flächengemeinde bei der Berechnung des Finanzausgleiches den Flächenfaktor eingeführt hat.
Die Starkregenereignisse in letzten Wochen habe die Einsparbemühungen für den Haushaltsplan bereits Makulatur werden lassen.
Für die aktuell und zukünftig vom Hochwasser Betroffenen, appeliierte sie an den Landkreis, zu prüfen, ob es möglich wäre, als grundsätzliche Lösung für solche Fälle, eine schnelle und kostenlose Abholung des anfallenden Sperrmülls zu veranlassen. Dies sei ein Lösung, die allen zugute käme.
Auch im Falle der durch das Hochwasser in Totalschäden verwandelte Feuerwehrfahrzeuge hofft Scherer auf eine schnelle Hilfe des Landkreises.
„Wir können stolz auf unseren Hallenbadneubau sei, auch wenn die Fertigstellung noch auf sich warten lässt.“ Zum Turm im Ried sagte sie, man wolle Bad Wurzach als Natur- und Besucherstandort weiter ausbauen: „Mit ihm wird Klimaschutz sichtbar gemacht.“ Bad Wurzach werde zum angedachten Biosphärengebiet einen nicht geringen Teil beitragen.
Landrat Sievers sprach vom Besuch bei Baugrund Süd von einem sehr ermutigenden Termin. Mit Ironie begegnete er dem von der Bad Wurzacher Verwaltung gehegten Frust zum Hallenbad: „Es ist ja doch noch kurz vor der Eröffnung.“ Er jedenfalls drücke die Daumen, dass das Anbaden noch in diesem Jahr stattfinden könne. Zum Thema Sperrmüll sagte er, dieser Gedanke sei erstmals so formuliert worden, es müsse geprüft werden, welche Möglichkeiten der Landkreis hier habe.
Der ehemalige Gemeinde- und Kreisrat Hansjörg Schick äußerte sich als erster Bürger: „Das Biosphärengebiet wird von den Landwirten sehr skeptisch gesehen,“ sagte er. „Es sieht anfangs ganz harmlos aus, entscheidend ist aber was sich daraus entwickelt.“ Sievers antwortete ihm, es sei völlig normal, dass bei allen Veränderungen zunächst Angst und Verunsicherung spürbar sei. „Aber es geht darum, in eine breite Diskussion einzusteigen.“ Im Kreistag werde es eine offene Diskussion Zur Frage geben „Naturpark oder Biosphärengebiet.“ Das Land kann nur das Rechtliche, der Landkreis dagegen das Politische festlegen.“ Er zeigte sich aber zuversichtlich, dass man das in vielen Gesprächen hinbekomme.
Im Namen der Landschaftsschützer sagte Reinhold Mall, man befürworte einen weiteren Schutz des Riedes, aber auch des gesamten Wurzacher Beckens.
Bürgermeisterin Scherer sagte dazu, zu diesem Thema führe man Gespräche mit dem Umweltministerium.
Ute Ehrmann, Geschäftsführerin von Ehrmann Reisen zeigte sich verwundert, dass es bei der zukünftigen Regio-Linie nur noch eine Haltestelle im Stadtgebiet geben werde. Der Landrat, der davon das erste mal hörte, versprach das prüfen zu lassen.
Berthold Leupolz bat darum, nach Einführung der attraktiven Schnellbuslinie Bad Wurzach- Bad Waldsee - Ravensburg die alte Linie über Ziegelbach, Eintürnen und Wolfegg nach dem befürchteten Einbruch der Fahrgastzahlen nicht fallen zu lassen. Sievers versprach, die Entwicklung zu beobachten
Hansjörg Schick sagte in einer weitere Wortmeldung, dass der Biber durch großen Populationsdruck inzwischen in völlig unerwarteten Gebieten auftauche. „Wir hier sehen die Situation unverkrampft, in Stuttgart ist das jedoch eine hochpolitische Frage,“ antwortete Sievers darauf Schick, der auch Überlegungen des Landkreis Biberach zur Jagd auf den Nager ins Spiel brachte.
Die HGV-Vorsitzende Christine Vincon-Westermayer fragte beim Landrat an, wie zukünftig nach weiteren Corona-Öffnungsschritten mit Events wie verkaufsoffenen Sonntagen umgegangen werde. Auch dies seien landespolitische Fragen, antworte Sievers ihr. Klaus Michelberger jedoch sieht in dieser Frage auch die Landräte in der Pflicht: „Sie müssen Druck auf die Landesregierung ausüben, die Landkreise müssen sich hinter den Handel stellen.“ Sievers versprach, darüber in der demnächst anstehenden Bürgermeisterkonferenz diskutieren zu lassen.
Gemeinderat Thorsten Rast sagte, durch die Abschaffung der kostenlosen Windelsäcke lande viel Müll dort, wo er nicht hingehöre.
Sievers sagte dazu, er sei als Vater davon ja selbst betroffen. Den „Windel Willi“ habe es bis 2016 in einigen wenigen Gemeinden des Landkreises gegeben. Dann sei das System vereinheitlicht worden. Dabei habe sich herausgestellt, dass das System mit seinen Kosten von kreisweit 800.000 € pro Jahr die größte freiwillige Sozialleistung des Kreises war. „Nun können die Städte selbst entscheiden ob sie Säcke kaufen.“
Berthold Leupolz sagte zum selben Thema: „Das betrifft vor allem pflegende Angehörige und junge Familien und führt zu Mehrkosten für die Bürger.“
Zur Akzeptanz eines Biosphärengebietes sei es wichtig, dass weiterhin Gewerbe möglich sei, äußerte er sich auch zu diesem in der Bevölkerung heiß diskutierten Thema.
Klaus Schütt fragte nach der Situation der Berufsschulen. Sievers erläuterte dazu, dass es nach der großen Reform 2017/18 Verlagerungen auf Druck des Landes von Leutkirch nach Wangen und umgekehrt gegeben hat, mit dem Ziel die Klassenstärken stabil zu halten, um die entsprechende Lehrerzahl zugewiesen zu bekommen. Dies sei gelungen.
Reinhold Mall wollte wissen, ob der Landkreis auf den Radwegebau Einfluss habe. Sievers: „Das haben wir, allerdings gibt es ein Ranking und bei Kreisstraßen macht es oft wenig Sinn einen Radweg zu bauen.“
Harald Sievers freute sich über die große Ehre, sich als erster ins Goldene Buch der Stadt eintragen zu dürfen. Es sei für ihn gerade mal das zweite Mal in seinem Leben, dass ihm diese Ehre zuteil werde.
Bericht und Bilder Uli Gresser