Bad Wurzach - Der Mai wird bei katholischen Christen auch Marienmonat genannt. Beliebt sind die unzähligen Maiandachten in Kirchen, Kapellen und bei Bildstöcken. In diesem Jahr können wir keine Maiandachten feiern wie wir es gewohnt sind. Und doch wird Maria sicher auch im Mai 2020 ganz besonders verehrt.
Unzählige Marienbilder zeugen von der Verehrung der Mutter Gottes. Ein besonderes Bild ist das Bild der Knotenlöserin. Es hängt in der Kirche St. Peter am Perlach in Augsburg und wurde vom Augsburger Kirchenmaler Johann Georg Melchior Schmidtner, der 1625 -1705 gelebt hat, gemalt.
Das Bild zeigt Maria als junge Frau in einem leuchtend roten Kleid mit einem wehenden blauen Mantel. Sie ist dargestellt als das Heilszeichen am Himmel, wie es im Buch der Offenbarung beschrieben ist; mit einem Kranz von Sternen um ihr Haupt, die Mondsichel unter den Füßen, zertritt sie der Schlange den Kopf. Über ihr schwebt eine Taube, das Symbol für den Heiligen Geist. Ungewöhnlich ist vor allem, dass Maria nicht das Jesuskind auf dem Arm trägt, ihren toten Sohn beweint oder die Hände zum Gebet faltet wie auf vielen anderen Bildern. Stattdessen ist sie in eine mühsame Arbeit versunken: sie löst in einem fast hoffnungslos verwirrten weißen Band, das ihr ein Engel hinaufreicht, die unzähligen Knoten. Mit beiden Händen, ganz aufmerksam in Ruhe und Gelassenheit, ist sie bei dieser Tätigkeit, als ob es im Moment nichts Wichtigeres gäbe als dieses Band.
Dieses Bild zieht viele Menschen an, denn wir alle haben irgendwelche Knoten in unserem Leben mit denen wir uns abmühen, seien es Krankheiten, die derzeitige Coronapandemie, Sorgen in Familie und Beruf oder Beziehungsschwierigkeiten. Manches ist verheddert in unserem Leben. Jede und jeder von uns hat schon Erfahrungen mit Knoten gemacht: Ein Knoten im Hals kann uns die Luft rauben und wir können kaum sprechen. Knoten können eine Schnur festhalten an einem Paket, dann ist der Inhalt gesichert. Manche machen sich einen Knoten ins Taschentuch, um etwas Wichtiges nicht zu vergessen.
Knoten in uns zu lösen braucht manchmal lange Zeit und langen Atem. Wir müssen uns von Knoten und Verstrickungen befreien, mit denen andere uns verschnürt haben. Manchmal brauche ich auch jemand dazu, der mir hilft meine Knoten zu lösen, weil ich alleine nicht damit klar komme. Da ist es tröstlich zu wissen, dass es eine Helferin gibt, die sich darauf versteht, Knoten zu lösen. Gott stellt uns Maria als Knotenlöserin an die Seite. Bescheiden und auf Augenhöhe begegnet die Gottesmutter dem Hilfesuchenden und bietet ihm an, Fürsprache bei Jesus einzulegen, damit dieser die Knoten löse. Maria ist so durch und durch Mittlerin zwischen den Menschen und ihrem Sohn Jesus. Sie führt alle zu ihm, damit sie bei ihm Heil erfahren.
Die kleine Szene am unteren Bildrand, wird oft übersehen. Ein Engel begleitet einen Wanderer. Es soll Tobias darstellen, der von Rafael, einem Engel auf seiner Reise begleitet wird und der verspricht, dass er ihn wohlbehalten zurückbringen wird (Tob 5,1-23). Diese Szene ist doch ganz und gar tröstlich und Mut machend. Gott schickt auch uns einen Engel als Begleiter mit auf den Weg, der begleitet und führt. Welch tröstliche Zusage gerade in schwierigen Zeiten.
Auch Papst Franziskus hat eine Vorliebe für dieses Bild. Für das Gästehaus Santa Marta im Vatikan, in dem er selbst lebt, ließ Papst Franziskus eine Kopie des Bildes für sein Audienzzimmer anfertigen. Auf dem Bildchen „Maria Knotenlöserin“ des Bürgervereins St. Peter am Perlach e.V. ist auf der Rückseite folgendes Gebet abgedruckt.
Maria vom Knoten, ich komme zu dir
und trage viel Freuden und Lasten mit mir.
Maria vom Knoten, wer hörte nicht drauf -
der Knoten sind viel, sie gehen nicht auf.
Maria vom Knoten, wie tröstlich das klingt:
Es gibt eine Hand, die Knoten entschlingt.
Maria vom Knoten, den Knäuel hier schau`!
Ich bring ihn nicht auf – hilf du, heil´ge Frau.
Maria vom Knoten, der Knäuel bin ich -
Ins letzte verwirret: Erbarme dich!
Maria vom Knoten, du bist schon im Licht,
du weißt es ja selbst, was mir noch gebricht.
Text: Josef Weiger (Pfarrer von Mooshausen) mit Ergänzungen von Günter Grimme
Angelika Schupp, Gemeindereferentin