Bad Wurzach - Die Lage im Einzelhandel und der Gastronomie ist wegen den Auswirkungen der Corona-Pandemie nach wie vor schwierig, viele Betriebe fürchten um ihre Existenz.
Gemeinsam mit ihrer Kollegin Andrea Lindlohr, wirtschaftspolitische Sprecherin und stellvertretende Vorsitzende der grünen Landtagsfraktion, bot die hiesige Kandidatin der Grünen, Petra Krebs, betroffenen Unternehmern und Gastronomen per Videokonferenz die Möglichkeit, mit ihnen über die vorhandenen Probleme ins Gespräch zu kommen und Ihre Situation darzustellen.
Von einer für die Wirtschaftstreibenden „bockelharten“ Situation sprach Andrea Lindlohr in ihrer Einführungsrede. Gleichzeitig hob sie die Priorität der Gesundheit hervor, die über allem stehe. Fortschritte sieht sie durch die nun gegebene Impfmöglichkeit und die bald möglichen Selbsttestungen. Baden-Württemberg sei das erste Bundesland, das die Vollerfassung von Mutanten könne.
Zum Thema Wirtschaftshilfen, „ein wichtiger Beitrag zur Pandemiebekämpfung“ verwies Lindlohr darauf, dass bei Lockdown 1 der Bund die baden-württembergische Hilfsmaßnahmen übernommen habe. Das Verfahren für den Unternehmerlohn für Soloselbstständigen und Kleinunternehmer sei durch die Mitarbeiterregel (bisher: Umsatz abhängig) vereinfacht worden und damit die Überbrückungshilfe für mehr Unternehmen erreichbar.
Lindlohr spricht sich auch für einen Notfallfond für den Einzelhandel aus, einem Rettungsschirm um die fehlende Liquidität auszugleichen, aus. Dies sei vom Bund auch zugesagt worden, allerdings sei noch nicht über das wie gesprochen worden. Bei der Ministerpräsidentenkonferenz bei der Kanzlerin wurde auch eine Öffnungsstrategie festgelegt. Bei einer Inzidenz unter 50 in Baden-Württemberg, die der Landkreis Ravensburg laut Petra Krebs noch nicht erreicht hat, soll eine schrittweise Öffnung von Geschäften und Institutionen möglich sein. „Aber wir müssen, weil auch bei uns im Landkreis Mutanten aufgetaucht sind, vorsichtig sein.“
Sybille Schleweck, Inhaberin des Sportgeschäftes V&S, sagte sie sei mit ihrem Geschäft von den Lockdown-Maßnahmen sehr stark betroffen. Das auch ihre Winterware als verderbliche Ware eingestuft werde ist für sie ein schwacher Trost, denn das Verfahren, einen Teil des entstandenen Umsatzausfalles auszugleichen, sei eine Farce. Sie warf den Politikern vor, die Zeit bis zur zweiten Welle d er Pandemie ungenügend genutzt zu haben und beklagte eine Ungleichbehandlung des Einzelhandels gegenüber den Discountern. „Wir möchten keine Almosen, sondern unsere Läden wieder öffnen und unser Geld einfach selbst verdienen,“ vertrat sie ihre Meinung sehr deutlich. Auf die Frage von Petra Krebs nach ihren Erfahrungen zu Click & Collect, sagte Schleweck: „Viele – auch größere Händler in der Region – können keinen rentablen Online-Handel betreiben.“
Bei der Hilfe für Saisonware bestehe dringender Handlungsbedarf, etwa durch einen Pauschalansatz. Und wer wo wen anstecke sei nicht geklärt, bricht sie eine Lanze für die vom Einzelhandel getroffenen Gesundheitsmaßnahmen. Ihre Forderung an die beiden Abgeordneten: „Sorgen sie für eine Öffnungsperspektive. Wir sind keine kleinen Kinder, die sich in den Finger schneiden und zu denen sie wie eine Mutter sagen können : Alles wird gut.“ „Skandalös“ findet Klaus Michelberger zum einen die Überbrückungshilfe 3, die dringend nachgebessert werden müsse. Nach vielen Gesprächen mit dem Finanz- bzw. dem Wirtschaftsministerium ist er es leid, immer wieder vertröstet zu werden.
Für ihn Stellt sich auch die Frage, warum z.B. Buchläden ohne Termin öffnen dürfen, der Einzelhandel jedoch nicht. Ebenso klar sei, dass durch die vermehrten Tests die Inzidenzzahlen ansteigen werden. Die Berufung darauf dürfe also folglich nicht der einzige Maßstab sein. „Strukturen, die zerstört sind, kommen nicht zurück.“ Er habe die dauernde Vertrösterei satt und forderte konkrete Hilfsmaßnahmen.
Zwar trage der Einzelhandel nur drei Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei, allerdings sei er mit seiner hohen Zahl an Beschäftigten ein großer Arbeitgeber“. Er habe das Vertrauen in die Politik verloren. Er unterstrich die Forderung der Entkoppelung von der Inzidenz: Es sei schlechter Scherz, dass einerseits vom Handel immer mehr Digitalisierung gefordert werde, die Gesundheitsämter jedoch noch immer mit Telefon und Fax und am Wochenende gar nicht die Infiziertenzahlen meldeten.
Dass Lesen ein Grundbedürfnis sei – insbesondere mit Blick auf die Schulen – und Buchläden daher entsprechend eingestuft werden, meint Petra Krebs. Dies sei eine bewusste politische Entscheidung gewesen.„Ich persönlich könnte zwei oder drei Jahre ohne ein neues Kleid leben.“
Stefanie Fischer betreibt mit ihrer Familie ein Hotel mit Gastronomie bei Amtzell. sie hätten vor einigen Jahren renoviert „und jetzt einen Berg voll Schulden vor der Brust“. Die viereinhalb monatige Schließzeit jetzt (insgesamt sechseinhalb Monate während des vergangenen Jahres) täten sehr weh. „Wir wollen doch nur unserem Beruf nachgehen.“ Eine Abendgastronomie ließe sich nicht innerhalb von drei Tagen hochfahren. Sie forderte ein europaweit einheitliches Vorgehen, „da das Virus mitwandert.“ „Wir fühlen uns als Bauernopfer und wollen eine Perspektive haben.“ Nach dem bisherigen Stand werde es für die Gastronomie das zweite Lockdown-Ostern in Folge. Sie wies auch daraufhin, dass Gastronomie der zweitgrößte Arbeitgeber im Land sei.
MdL Petra Krebs gab zu, „dass wir besser werden müssen.“ Sie freut sich auch über positive Neuigkeiten, dass z.B. dass die Testmöglichkeiten jetzt da seien. Oder die Zulassung des Impfstoffes von Astra Seneca. Dass es damit solange dauerte, lag an mangelnden Erfahrungswerten für die Wirksamkeit bei Älteren. Mit den freigewordenen Impfdosen werden nun Lehrer und Erzieher sowie die Polizei vorgezogen geimpft. Größtes Problem bei dem umstrittenen Impfzentrum in Ravensburg sei die Menge des Impfstoffes gewesen. Nachdem die Seniorenheime durchgeimpft seien, würden die mobilen Impfteams nun bei den Kommunen „Impftage“ für die nächsten Personengruppen anbieten.
Bericht und Bild Ulrich Gresser