Bad Wurzach - Mutterglück gehört zu den tiefsten menschlichen Erfahrungen, ebenso wie Kinderleid für Eltern zu den schwersten Zumutungen des Lebens gehört. Beides hat Maria erfahren, deshalb können so viele Gläubige ihre Nähe fühlen. Der Mai, für katholische Christen der Marienmonat, ist eine gute Zeit darüber erneut nachzudenken.
Maria mit dem Gotteskind
Die Abbildung einer barocken Madonna mit Kind spricht vom Mutterglück. Die Kleidung, jedes Detail ist in Bewegung, da ist Freude, da ist bei aller Anmut Kraft. Im Magnifikat spricht es Maria selbst aus: „Der Mächtige hat Großes an mir getan.“ (Lukas 1,49)
Und doch, bei genauem Hinsehen wird deutlich, dass es vor allem um das Kind geht. Maria präsentiert das Kind, aber in Zurückhaltung, Aktivität geht vom Kind aus. Es hält in der rechten Hand angedeutet die Weltkugel. Im Kind ist schon etwas vom erwachsenen Jesus dargestellt, von dem die Kirche bekennt, dass die ganze Fülle Gottes ihn ihm wohnt. Diese Fülle ist Jesus nicht erst allmählich zugewachsen, Gott ist von Anfang an mit ihm. Das ewige Wort Gottes ist vom ersten Augenblick der Existenz des Menschen Jesus von Nazareth in außergewöhnlicher Weise eins mit diesem. Um diese Einheit von Anfang an zu bekräftigen, schrieb die Kirche im 5. Jahrhundert Maria den Titel „Mutter Gottes“ zu. Diese außergewöhnliche und schon grenzwertige Aussage diente also nicht der Erhöhung Mariens, sondern dem besseren Verständnis, wer dieser Jesus ist.
In diese Richtung gehen alle Aussagen über Maria in der Bibel und auch später in der Kirche. Maria weist auf Jesus hin: Er ist der Weg zum Vater, er ist unser Fürsprecher. Deshalb ist auf alten Darstellungen und orthodoxen Ikonen die Madonna praktisch nie ohne Kind.
Darüber hinaus ist das Neue Testament an der Familiengeschichte Jesu wenig interessiert. Und wenn, dann fallen sogar kritische Worte, wenn Jesus etwa sagt: „Wer sind meine Mutter und meine Brüder? Das sind die, die das Wort Gottes hören und es tun.“ (vgl. Lukas 8,19-21) Deshalb ist Maria trotz höchster Berufung eine von uns. Die familiären Bande bedeuten für das Evangelium keine andere Verbundenheit mit Jesus. Mit ihm ist verbunden, wer auf ihn vertraut, wer seine Einheit mit dem Vater sieht. Und da gehört Maria freilich zum engsten Kreis derer, die Jesus nachgefolgt sind. Deshalb gehört sie nach der Auferstehung auch zu den Aposteln und weiteren Jüngerinnen und Jüngern, die sich in Jerusalem versammeln in Unsicherheit und Hoffnung. Ein Bild für die Kirche aller Zeiten. (Apostelgeschichte 1,13-14)
Deshalb gehört Maria auch heute zu uns, zur Gemeinschaft der Glaubenden. Von ihr und von allen Zeuginnen und Zeugen der Bibel und der Kirchengeschichte lassen wir uns gern ermutigen, darüber hinaus können und sollen wir uns auch gegenseitig ermutigen. Niemand glaubt für sich allein, das Miteinander stärkt uns, dass wir auf Christus schauen und uns durch ihn an Gott, den Vater, wenden mit Bitte und Klage, mit Dank und Lobpreis.
P. Konrad Werder SDS