Bad Wurzach - Die Nachrichten im Fernsehen, Radio oder Internet lösen eine Menge Gefühlen aus. Das macht was mit uns – meist eher im Unterbewusstsein. Zurzeit beschäftigen mich die drei oben genannten.
Neben Erschrecken und Sorge, gar Angst, neben Ärger, Empörung und Mitleid empfinden viele einfach tiefe Ratlosigkeit, haben den Eindruck, Übermächtigem hilflos ausgeliefert zu sein. Zum Glück gibt‘s auch Meldungen, die einen aufatmen und Hoffnung schöpfen lassen! Und dann ist da noch dieses Gefühl von beschämter Dankbarkeit. Nicht nur, weil wir in Deutschland mit Corona bislang offenbar relativ glimpflich davonkommen. Sondern weil‘s uns hier gegenüber der Mehrheit der Menschheit, absolut „Gold geht“. Manche werden sagen: Haben wir uns verdient, können wir stolz drauf sein! Mir scheint Paulus‘ Wort besser zu passen: „Was hast du, das du nicht empfangen hättest?“ 1. Kor. 4,7.
Die hierzulande in vieler Hinsicht günstigen Bedingungen, verglichen mit andren Staaten und Weltregionen, haben es ermöglicht, einen hohen Standard an Bildung, Wissenschaft + Technik, Infrastruktur und die leistungsfähige Wirtschaft aufzubauen. Dazu trägt uns noch eine Übereinstimmung in Grundwerten unsres Zusammenlebens und demokratischen Miteinanders. Für all das Dank. D a n k.
DANK, auch für unsere Regierung und Verwaltung! Gemessen an den komplexen Problemen und viel Ungewissem agiert sie bemerkenswert besonnen. Kein markiges Getöse, keine unnützen Schuldzuweisungen. Auch unangenehme Tatsachen und Unpopuläres, aber halt Notwendiges wird nüchtern vertreten: Respekt! Hut ab vor der großen Leistung aller, die weit-reichende Entscheidungen verantwortungsvoll treffen! In diesem Ausnahmezustand ist nichts Routine, keiner konnte üben, wie den Herausforderungen einer Pandemie zu begegnen wäre. Klar, dass es Auseinandersetzungen gibt über das Tempo der Lockerungen und konkrete Maßnahmen. Wir stecken im Dilemma! Hebt man rasch viele Einschränkungen auf, um den wirtschaftlichen Einbrüchen samt sozialen Schwierigkeiten (Familien/Kitas/Schulen/ Pflegeheime etc) zu begegnen und unsre Freiheitsrechte wieder in Kraft zu setzen, gefährdet man den Gesundheitsschutz gerade auch der Risikogruppen. Der Konflikt lässt sich nicht so lösen, dass es allen Bedürfnissen und Interessen gleichermaßen gerecht wird. Trotzdem sind wir insgesamt sehr gut dran in Relation zu den Verhältnissen anderswo.
Die Äußerungen verschiedener Staatenlenker weltweit im Ohr, ballt man die Faust in der Tasche, schüttelt fassungslos den Kopf – oder auch verächtlich … Und da erhebt D. Bonhoeffer Einspruch: „Die Gefahr, uns in Menschenverachtung hineintreiben zu lassen, ist sehr groß. Ob wir wissen, dass wir kein Recht dazu haben? Dass wir vielmehr dadurch in das unfruchtbarste Verhältnis zu den Menschen geraten. Folgende Gedanken können uns vor dieser Versuchung bewahren: Mit Menschenverachtung verfallen wir gerade dem Hauptfehler unserer Gegner. Wer jemanden verachtet, wird niemals etwas aus ihm machen können. (…) Das einzig fruchtbare Verhältnis gerade zu den Schwachen, ist Liebe, d.h. der Wille, mit ihnen Gemeinschaft zu halten. Gott selbst hat die Menschen nicht verachtet.“
Fazit? Dreierlei finde ich wichtig: 1. Die Dankbarkeit. 2. Dass es uns so relativ gut geht, ist Verpflichtung, Chance und Auftrag. Jesus sprach von „anvertrauten Talenten: Wem viel gegeben ist, von dem wird man umso mehr fordern.“ (Lukas-Evang 12, 48 3. Das Beten füreinander, grade auch für die in Leitungsämtern, ob im Staat, ob in der Kirche – ganz besonders wenn man den Kopf schütteln möchte. Sie – ach, wir alle haben’s nötig: Gott befohlen!
Verena Engels-Reiniger