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Bad Wurzach - Im Rahmen der Barockwoche begaben sich rund 30 Gäste, ehemalige und aktuelle Bad Wurzacher u.a. auch aus den Ortschaften, mit dem Stadt- und Barockführer auf einen rund 2,5 km langen Spaziergang mit den Zielen Spitalkapelle, Gottesbergkapelle und Seelenkapelle.

Die Bad Wurzach Info hatte die kleine Reise in die Barockzeit gut vorbereitet, ja hatte – weil die Kapelle des ehemaligen Spitals und Altersheimes seit Jahren nicht mehr genutzt wurde und der Öffentlichkeit zugänglich war – vor der Führung sogar noch gründlich Staub gewischt, wie Peter Koerver an der ersten Station lobend erwähnte.

Nach dem Start bei der BWI , wo Albertine Schoeters die Gäste begrüßt hatte, wies Führer Peter Koerver bei der Ankunft am Spital darauf hin, dass das Gebäude das einzige in Bad Wurzach ist, das gotische Fenster aufweist. Das Spital, das bis 1964 tatsächlich als Krankenhaus genutzt wurde, wurde 1482 durch eine Stiftung errichtet. In der Kapelle des ab den sechziger Jahren als Altersheim genutzt wurde, sei bis zur Schließung des Altersheimes täglich der Rosenkranz gebetet worden – und nebenan im Speisesaal, wo jetzt die Osteria ihren Sitz hat, damit die alten Menschen in dem stadtbildprägenden Gebäude sich mitten im pulsierenden Leben fühlen konnten.

Er erläuterte auch die Ursache der noch relativ frischen Dübellöcher an der Wand: Hier war der „neue Wurzacher Altar“ den der Künstler Manfred Scharpf gemeinsam mit Schülern des Salvatorkollegs geschaffen hatte, einige Zeit ausgestellt gewesen. Der so hofft Koerver irgendwann vielleicht auch wieder einmal in Stadt zurückkehren wird und auch dass „dieser Raum nicht in Vergessenheit gerät.“

Der eigentliche Altar der konsekrierten Kapelle zeige die übliche Passionsszene. Dass als Material – wie im Barock üblich Holz statt Marmor verwendet wurde, bestätigt Koerver mit einem kurzen Klopfen auf eine Säule. Mit Blick auf die an der Seitenwand angebrachte Pieta empfahl er den Gästen auch einen Besuch des vom Reichenhofener Künstler Hans Multscher geschaffenen Gnadenstuhles in St. Verena.

Über den Weg, der mitten durch den Friedhof führt, ging es hinauf zum Gottesberg. Weil das Tor dazu offen stand, konnte sich Koerver eine schwarzhumorige Bemerkung nicht verkneifen: „Auch wenn keiner heraus kann, ärgert es einen doch wenn die Türe offen steht.“

Oben angekommen übernahm Superior Pater Konrad die Führung. Er berichtete den Gästen vom ersten Bau einer kleinen Kapelle im Jahre 1709. Doch bereits kurze Zeit später war – wegen der Reliquienverehrung – alles zu klein. 1712 wurde bereits die „Bruderschaft zum guten Tod“ gegründet. „Mit der Kreuzigungsgruppe am Hochalter und den beiden Seitenaltären, wo das Sterben von Maria und Josef festgehalten wird, werden drei Lebensenden dargestellt. Ein Thema das heutzutage aus der Zeit gefallen scheint.“ Was sei ein gutes Sterben: Mit den Sterbesakramenten Versehen vom Schöpfer heimgeholt zu werden, wenn man sich aufs Sterben vorbereiten könne.

Die Paulaner Brüder waren sehr reich an Reliquien. Bei der Reliquienverehrung des Heilig-Blut-Festes sei nicht die 100% Echtheit der Reliquie, sondern der Hinweis auf die Grablegung Christi für den Glauben der entscheidende Punkt.

Peter Koerver nach dem Verlassen der Kapelle auf die für Kirchen unübliche Süd-Ausrichtung hin. Dies sei auf Wunsch der Stifterin, der Gräfin Anna Ludovica zu Waldburg Wolfegg, geschehen. Diese wollte vom Schloss aus bei geöffneter Kirchentüre einen direkten Blick auf den Altar haben.

Dass dies ursprünglich so nicht geplant war, zeigt sich beim einmaligen Blick in den „Keller“ des Gotteshauses, den Pater Konrad der Gruppe gewährt. Denn die Fundamente des Gewölbekellers, der während des zweiten Weltkrieges als Luftschutzraum diente, haben eindeutig Ost-West Ausrichtung. Nur ganz wenige Besucher konnten bisher einen Blick in den Raum werfen. Pater Konrad versprach aber, dass wenn es gewünscht werde, der Raum gerne öfter besichtigt werden könne.

Vom Gottesberg ging es auf dieser – von Koerver „morbid“ genannten Barocktour –wieder hinab in die Stadt. Und sogar noch ein Stückchen tiefer: Letzte Station des Spazierganges wurde die 1774 gebaute Seelenkapelle, die vom damaligen Stadtpfarrer Johann Nepomuk Kolb nicht ohne Hintergedanken errichtete Aussegnungshalle. Denn er wollte in ihr begraben werden und der Heilige Nepomuk sollte nach seinem Willen Kirchen- und Stadtpatron werden. Doch es kam anders: seit 1777 ist die heilige Verena die Kirchenpatronin.

In der Kapelle sind seitdem annähernd 100 Schwestern der armen Schulschwestern begraben worden. Und weil die letzte erst 2005 begraben wurde und damit die für die Schwestern geltende 30jährige Totenruhe noch nicht abgelaufen ist, ist die Kapelle weiterhin im Besitz der Armen Schulschwestern.

Zu den Schutzpatronen hatte Koerver am Ende seines Vortrages noch ein Bonmot: Nachdem Anfang der sechziger Jahre die Säulen beim Eingang der Herrenstraße, die bisher den Heiligen Nepomuk und die Heilige Verena trugen, dem Autoverkehr weichen mussten, waren die Figuren, nachdem man in den 90er Jahren beschlossen hatte, die Figuren wieder aufzustellen, diese jedoch unauffindbar. Deswegen zieren Die Säulen nun Maria und Josef.

 

Bericht und Bilder Ulrich Gresser

 

 

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halloRV

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