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Bad Wurzach/Kisslegg - Der Ortsverband Bad Wurzach/Kisslegg von Bündnis 90/Die Grünen lud am Klimaschutz Interessierten zur Besichtigung der Biogasanlage der Kibler-Leser-GBR nach Oberschwarzach-Tannenbauer ein. Heinz Kibler erläuterte dabei gemeinsam mit dem Biogas-Berater Anton Baumann aus Neuravensburg die Funktionsprinzipien seiner Biogasanlage zur Stromerzeugung mit Nutzung der Abwärme.

Dass nur wenige Kilometer entfernt, nämlich in Truilz, die Familie Sauter Ende der achtziger Jahre eine für Deutschland ja europaweit wegweisende Entscheidung traf, erzählte Anton Baumann den Besuchern zu Beginn. Als die Sauters nämlich beschlossen, aus Biogas Energie zu gewinnen. Inzwischen hilft die Familie z.B. dem Land Dänemark mit einer 8 Megawatt Biogas-Anlage seinem Ziel näher zu kommen, seinen Gas-Bedarf mit 100% Biogas zu decken, aktuell steht Dänemark bei 70%.

„Das EEG (Erneuerbare Energien Gesetz) ist seit den Anfängen – etwa als Heinz Kibler 2004 seine Anlage baute - von 16 Seiten auf 120 Seiten angewachsen, “ erläuterte Baumann.„Da blicken sogar Richter nicht mehr durch,“ verurteilt der Biogas-Fachmann die ausufernde Bürokratie, die auch von Heinz Kibler und seiner Familie vielfach an diesem Abend bemängelt wurde.

Rainer Deuschel, der Sprecher des Ortsverbandes lenkte danach die Rede auf den eigentlichen Zweck des Besuches, die als innovativ angesehene und deswegen ausgewählte Biogasanlage, die über eine Kooperation mehrerer Landwirte über die Abwärme ein Nahwärmenetz betreibt.

Heinz Kibler berichtete über die mit bis zu 40% mit Gülle und mit 2/3 Gras und 1/3 Mais an Feststoffen betriebene Anlage, die damit im Durchschnitt 273,5 Kilowattstunden erzeugt, bei einer maximalen Jahreslaufzeit, die 8765 Std. nicht überschreiten darf.

Weil am morgen um 7.00 Uhr der Börsenpreis für Energie – wegen des hohen Stromverbrauchs – am höchsten ist, wird der 350 Kw Generator wie am Abend nur kurz zugeschaltet, das Tagesgeschäft übernimmt der kleinere 170 Kw-Generator. Denn die geleiferte Höchstmenge darf nicht überschritten werden. „Die Aufhebung der Deckelung im letzten Jahr, als das Gas knapp wurde, kam einfach zu spät,“ übte Fachmann Baumann noch einmal Kritik an der Politik. Denn alle Biogasanlagen könnten 20% mehr produzieren.

In Biogas-Kreisen ist auch von der Altmaier-Lücke die Rede: In der Amtszeit von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sei die Entwicklung von Biogas derartig ausgebremst worden, dass eine richtige Delle entstand. Dasselbe galt auch für die Solaranlagenentwicklung.

Drei Bauern haben die Anlage auf dem Kiblerhof gebaut, erzählte Heinz Kibler an diesem schönen Sommerabend. Er ließ die Besucher quasi durch ein Guckloch die Bakterien bei ihrer Arbeit beobachten. „Wichtig dabei ist, dass der Gülleanteil nicht unterschritten wird.“ Die Geruchsbelästigung, die von der Anlage ausging, war dabei geringer als die vom direkt daneben gelegenen Kuhstall.

Eine jährliche Plausibilitätsprüfung zeigt dem Gesetzgeber, ob alles mit der Anlage mit rechten Dingen zugeht, eine Prüfung, die man sich auch bei anderen Energiearten wünschen würde...

Denn die Biogasanlage von Heinz Kibler war und ist mit der Nahwärmeleitung nach Oberschwarzach, bei der die Abwärme der Anlage genutzt wird, ihrer Zeit voraus: Seit 2013 wird damit fast der ganze Weiler – gegenwärtig beziehen 26 Häuser, die meisten davon mindestens Zweifamilienhäuser – ihre wärmende Energie über die 1200 Meter lange Leitung. Drei bis vier Jahre Planung waren nötig, bis es passte.

Denn zunächst war die Wärmedichte zu gering, erzählt Heinz Kibler, erst als die Leitung zweigeteilt wurde durch einen Großspeicher mit 15 Kubikmeter Fassungsvermögen, durch den dann auch die KfW-Bank Anforderungen für eine Förderung erfüllt wurden. Das Ganze wurde mit sehr viel Eigenleistung erstellt, dafür werden alle Teilnehmer mit einem sehr günstigen Wärmepreis belohnt.

„21 Biogasanlagen gibt es in und rund um Bad Wurzach“, sagt Anton Baumann. „Das ist die höchste Biogasanlagendichte im vergleich zur Einwohnerzahl in Europa (!). Seit 10 Jahren machen wir daran herum, Biogas über die Standardgasleitungen einfach und günstig an die Haushalte zu liefern, und wurden nicht akzeptiert, “ mault Baumann in Richtung Verantwortlicher.

Ulrich Walz, bekanntermaßen ein Windkraftbefürworter, sagte, nachdem die Rede auf den missglückten Versuch, den Energiebedarf der Glasfabrik mit Biogas aus der Nachbarschaft zudecken: „Verallia braucht einen Windpark, und das sehr bald!“

Der Abend bei der Biogasanlage der Familie Kibler zeigte deutlich, wie universell der Beruf des Biogasbetreibers ist: Neben der Börse muss ein Betreiber die Anlage im Blick haben, er muss mehrere Maschinenbauberufe wie Schlosser, Anlagetechniker, Elektriker in sich vereinen. Darüberhinaus auch noch Landwirt, Biologe und Chemiker sein. Eine Berufsvielfalt, die Rainer Deuschel und die anderen Besucher stark beeindruckte.

 

Bericht und Bild Ulrich Gresser

 

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