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Unterschwarzach (dbsz) - Das Ried ist der Schatz von Bad Wurzach. Wenn bei Osterhofen, wenn bei Humberg, wenn auf dem Ziegelberg und im Stadtwald Windkraftanlagen stehen, dann ist der Schatz entwertet, dann ist das Kurwesen Bad Wurzachs in seiner Existenz gefährdet – das ist der Tenor einer Vortragsveranstaltung, zu der die Bad Wurzacher Landschaftsschützer am 23. Juni in den „Hirsch“ nach Unterschwarzach geladen hatten. Reinhold Mall, der 1. Vorsitzende des gemeinnützigen Vereines, und Dr. Carmen Pöhl, die stellvertretende Vorsitzende, hatten aufrüttelnde Lichtbildvorträge vorbereitet. Enttäuscht zeigten sich die Vereinsverantwortlichen über den schwachen Besuch ihrer Informationsveranstaltung. „Wie kann man die Leute rund ums Ried mobilisieren“, wurde mehrfach aus der Mitte der Versammlung gefragt. Hier der Bericht unseres Reporters Uli Gresser:

Die Veranstaltung der Landschaftschützer e.V. im Gasthaus „Hirsch“ in Unterschwarzach behandelte zwei Themenbereiche um das Thema Windkraft: die mittelbaren und unmittelbaren Gesundheitsgefahren für Mensch und Tier durch Windkraft. Und die drohende Gefahr des Verlustes des Europa-Diploms durch den geplanten Bau von Windkraftanlagen an verschiedenen Seiten des Wurzacher Beckens.

Austrocknenden Wirkung durch WKA
Dr. Carmen Pöhl berichtete in ihrem Vortrag über klimatische Veränderungen durch sogenannte Wirbelschleppen. Bei Offshore-Windparks wurden bis zu 70 km lange Wirbelschleppen entdeckt. Sie entstehen, weil die Windparks den Wind bremsen und ihm Energie entziehen. Beim wissenschaftlichen Dienst des Bundestages könne nachgelesen werden, „dass in der Umgebung von Windkraftturbinen die bodennahe Atmosphäre nachts erwärmt wird.“ Der Betrieb der Anlagen erzeuge Turbulenzen, die zu einem veränderten Wärme- und Feuchtigkeitsaustausch zwischen Erdoberfläche und unterer Atmosphäre führen. Dieser nächtliche Effekt könnte zu Austrocknungsphänomen in der Umgebung der Anlagen führen. Sogar der Projektierer LAOCO kommt zu diesem Ergebnis. Diese Auswirkungen wären belastend für das Ried, sagte Dr. Carmen Pöhl.

Bei Messungen in Indiana (USA) wurde im Bereich eines Windparks eine Erwärmung und Austrocknung der Luft festgestellt. Die lokale Erwärmung des Windes würde dabei das Gegenteil von CO2-Einsparen bewirken, führte die Referentin aus.

Moore wie das Wurzacher Ried sind dagegen sehr wichtige Kohlenstoffspeicher. Sie spielen ebenfalls eine wichtige Rolle im Wasserhaushalt. Sie sind sehr wichtige Wasserspeicher, die helfen Überschwemmungen und Flutkatastrophen zu verhindern. „Intakte Moore sind deswegen für den Klimaschutz von zentraler Bedeutung“, so Pöhl in ihrem Vortrag.

Weitere Eigenschaften, die beim Bau, Betrieb und Recycling von Windrädern auftreten: Schwefelhexafluorid, SF6 ist ein perfekter Isolator und wird in Schaltanlagen, wo wenig Raum – wie bei Windrädern – ist, verwendet. Es hat jedoch die fatale Eigenschaft, am stärksten den Treibhauseffekt zu forcieren: Es wirkt 22.800 (!) mal so stark wie CO2. Ebenfalls problematisch sind bei einem Abbau der Anlagen die Rotorblätter: Die aus glasfaserverstärkten Kunststoffe (GFK) und kohlefaserverstärkten Materialien (CFK) bestehenden Blätter werden beim Abbau vor Ort zersägt, dabei müssen die Arbeiter darauf achten, dass keine Stäube und Fasern freigesetzt werden.

Der zweite Vortrag an diesem Abend von Reinhold Mall, dem Vorsitzenden des Vereines, befasste sich mit der Bedrohung des Wurzacher Beckens durch Windkraftanlagen.

Auflagen des Europadiploms
Er eröffnete seinen Vortrag mit Auszügen aus den Verlängerungsurkunden des Europadiploms, mit dem das einzigartige Naturschutzgebiet ausgezeichnet ist. Zitat aus der Urkunde von 2019: „... die Integrität der Landschaft rund um das Becken von Bad Wurzach zu erhalten und den Bau technischer Infrastruktur auf den Hügeln und Bergkuppen im Sichtbereich des Wurzacher Riedes zu vermeiden.“

Er verdeutlichte auch, mit welchen Tricks die Projektierer die Größe ihrer Anlagen bei Visualisierungen zu verschleiern veruschen, etwa durch die durchgehende Verwendung einer 50-mm-Normalbrennweite, unabhängig davon ob die Entfernung zur Anlage einen oder zehn Kilometer beträgt.

Eine weitere Kostbarkeit: der Rohrsee
Innerhalb des Wurzacher Beckens, dessen Umrisse seitens der Behörden trotz mehrfacher Anfragen der Landschaftsschützer bisher noch nicht eindeutig definiert wurde (die aber durch zwei Gerichtsurteile bestimmt worden sind), liegt mit dem Rohrsee ein weiteres Naturschutz- und Vogelschutzgebiet.

Dieses wäre von den bei Alttann geplanten Anlagen und von den im Hummelluckenwald geplanten Anlagen ebenfalls massiv betroffen; beide gepmaten WKA-Standorte liegen laut Mall innerhalb der geologischen Grenzen des Wurzacher Beckens. ,

2012 als schutzwürdig deklariert
Mall wies daraufhin, dass die Schutzwürdigkeit des Wurzacher Beckens bereits 2012 vom Teilregionalplan Windenergie bestätigt und der Bau von WKAs abgelehnt wurde.

Annähernd das gesamte Gemeindegebiet von Bad Wurzach befindet sich in einem Landschaftsraum von internationaler Bedeutung, wie in Oberschwaben nur noch die Bodenseeregion. Deswegen wurden beim Teilregionalplan 2012 auch damals geplanten Windparks bei Rohrbach, Eintürnen, Gaishaus, Osterhofen und Bad Wurzach abgelehnt. Damals wurde festgestellt, dass „vor allem besonders erhebliche nachteilige Auswirkungen auf das Schutzgut Landschaft“ feststellbar seien, „die wegen der Einzigartigkeit des Wurzacher Beckens besonders schwer wiegen.“

Mall zitierte auch den Leiter der Projektentwicklung Windenergie bei der EnBw, Michael Soukoup: „... dass Windräder auf dem Höhenzug bei Schloss Zeil nicht in Frage kommen wegen der Sichtbarkeit vom Wurzacher Becken aus.“ Mall folgerte daraus: „Was für Anlagen bei Schloss Zeil gilt, muss erst recht für direkt am Beckenrand gelegene Anlagen gelten.“

2011 wurde der Oberschwäbische Gewerbe- und Industriepark (OGI) vom Verwaltungsgericht Sigmaringen zu Fall gebracht: Begründung: wegen des hochwertigen Landschaftsbildes. Das Verwaltungsgericht Baden-Württemberg hatte in seinem Urteil zum geplanten Kiesabbau bei Rupprechts 2003 auch die Grenzen des Wurzacher Beckens definiert, das laut Gericht bis Rupprechts reicht.
Vorstandschaft im Amt bestätigt

Mitgliederversammlung des Vereins Landschaftsschützer
Der Informationsveranstaltung war die Mitgliederversammlung des gemeinnützigen Vereins „Landschaftsschützer Oberschwaben-Allgäu e. V.“ vorgeschaltet. Der Vereinsvorsitzende Reinhold Mall informierte über die vielen Aktivitäten des Vereins, der sich einem umfänglichen Landschaftsschutz verschrieben hat. „Das ist mehr als Opposition gegen Windkraft“, betonte Mall. „Es geht um die Bewahrung der Schönheit unserer Landschaft. Es geht um den Schutz des Wurzacher Riedes und seines weiteren Umfeldes.“ Mall beschreibt das Umfeld mit den Grenzen des Wurzacher Beckens, die – in anderem Zusammenhang – in zwei Gerichtsurteilen definiert worden sind. Der Vereinsvorsitzende sieht große ökologische und ästhetische und damit auch ökonomische Probleme auf die Kurstadt Bad Wurzach zukommen, wenn im Umfeld des Riedes – er nennt dabei einen Abstand von mindestens 4 Kilometern zum Naturschutzgebiet (1800 Hektar) – Windkraftanlagen errichtet würden.

Der Kassenbericht wurde von Friedrich-Thorsten Müller vorgelegt. Die Finanzen des Vereines waren von Erich Härle und Dr. Hans Fürst geprüft worden. Die Kassenführung sei tadellos, die Belege waren lückenlos, das Finanzgebaren ist nachvollziehbar. Die Versammlung erteilte dem Kassenwart einstimmig die Entlastung. Auch der Vereinsvorstandschaft insgesamt wurde einstimmig Entlastung erteilt. Sie besteht aus vier Personen: Neben dem Vorsitzenden Reinhold Mall sind das die Stellvertretende Vorsitzende Dr. Carmen Pöhl, Kassenwart Friedrich-Torsten Müller und Schriftführer Gerhard Reischmann.

01 Ziegelberg 2 Abstand 600 Meter

Der Regionalverband plant bei Einzelgehöften und Streusiedlungen einen Abstand von 600 m zwischen Wohngebäude und Windkraftanlage. Zu einer geschlossenen Ortschaft soll laut Regionalverband der Mindestabstand einer Windkraftanlage 750 m betragen. Legt man einen 600-m-Radius um die auf dem Ziegelberg (der sich zwischen Bad Wurzach und Arnach in Sichtweite des Riedes erhebt) gelegenen Wohnplätze Waldfeld, Lutascher, Stubers, Jäger, Glasers, Trollis, Schneider, Romey, Lochhannes, St. Nikolaus und weitere Einzelgehöfte, dann ergibt sich das gelb markierte Planungsfeld, das nach der derzeitigen Rechtslage für WKA-Investoren offen ist. Wenn dort WKA errichtet würden, betrüge der Abstand zum Ried weniger als 4 Kilometer. Zieht man 750-m-Kreise um die genannten Wohnplätze, verkleinert sich die Planungszone; sie böte aber immer noch Platz für drei bis vier 280-m-Türme, die vom Ried aus zu sehen wären. Unten rechts im Bild sieht man Arnach. rei / Grafik: Mall (Landschaftsschützer Oberschwaben-Allgäu e. V.)

02 Ziegelberg 2 Abstand 600 Meter Kopie
Die 600-m-Zone auf dem Ziegelberg: Rechts oben sieht man Geboldingen. Die Einbuchtung auf der rechten Seite des gelb markierten Feldes entsteht durch „Rücksicht“ auf den Wohnplatz Schneider. rei / Grafik: Mall (Landschaftsschützer Oberschwaben-Allgäu e. V.)

Der Verein „Landschaftsschützer Oberschwaben-Allgäu e. V. hat ein Faltblatt herausgebracht, das wir erneut veröffentlichen:

03Flyer Seite 1

04Flyer innen Seiten 2 und 3jpg

05Flyer Seite 4

 

 

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halloRV

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