Bad Wurzach - Es war ein für Leben und Werk von Sepp Mahler richtungsweisender Ort, an dem sich die Festgesellschaft zur Überreichung des Preises an die Tochter Adelgund Mahler traf. Denn das Leprosenhaus ist der Geburtsort des Künstlers und die Heimat des Sepp-Mahlermuseums, in dem viele Bilder des nun posthum mit dem Preis der Landesarmutskonferenz Ausgezeichneten präsentiert werden.
Die Tochter Adelgund Mahler legte großen Wert darauf, dass die Preisübergabe in der Heimat des Künstlers vollzogen wurde, wozu gleich drei Vereine als Gastgeber fungierten. Der Verein der Freunde und Förderer des Leprosenhauses, in deren Kapelle die Preisübergabe durch den Mitbegründer und Sprecher der Landesarmutskonferenz, Roland Saurer erfolgte, sowie der Förderkreis des Sepp-Mahler-Hauses, der in diesem Jahr sein 10jähriges Bestehen feiert und dessen Vorsitzender Uwe Gorzalka, der durch das Programm des Festaktes führte und auch erläuterte wie über den ersten Gregor-Gog-Preisträger Markus Ostermair der Kontakt zur Landesarmutkonferenz zustande gekommen war. Gorzalka geiselte in seinem Statement auch die von Russland im Ukraine-Krieg angewandte Taktik, Kultureinrichtungen gezielt zu zerstören: „Kultur ist überall unverzichtbar!“
Bernhard Maier, Vorstand des Leprosenhausverein, oblag es die illustre Gästerunde zu begrüßen: Neben der hiesigen MdL Petra Krebs, ihrem Kollegen aus dem Schussental, August Schuler war auch Sozialminister Manfred Lucha ins Leprosenhaus gekommen, ebenso wie die Bad Wurzacher Bürgermeisterin Alexandra Scherer. Landrat Harald Sievers wurde durch den Leiter des Kulturressort im Landratsamt, Dr. Maximilian Eiden, vertreten.
Die musikalische Begleitung des Festaktes übernahmen der „Vagabundenchor“ des Salvatorkollegs unter der Leitung von Bernhard Klein und die fabelhafte Dorle Ferber, die mit ihrem Violinenspiel und ihrem Stimmumfang die Besucher begeisterte.
Roland Saurer erläuterte in seiner Ansprache, wie Sepp Mahler zu der Ehre kam posthum der zweite Preisträger des Gregor Gog Vagabunden-Literaturpreises zu werden. Gregor Gog war 1927 Gründer der Bruderschaft der Vagabunden und Herausgeber der ersten Straßenzeitung Europas. Er war landesweit während der Weimarer Republik als König der Vagabunden bekannt. Sepp Mahler hatte in den zwanziger Jahren für Gog und dessen Verlag gearbeitet, unter anderem auch bei Kunstausstellungen in Stuttgart und Berlin.
Während Gog sich eher politisch engagierte, war Mahler a-politisch, wurde aber während der Nazi-Zeit dennoch aus politischen Gründen inhaftiert. Bürgermeisterin Alexandra Scherer freute sich in ihrem Grußwort, dass in Bad wurzach in diesem Jahr sogar zwei Literaturpreise vergeben werden: An diesem Tag der Gregor-Gog-Vagabundenliteraturpreis an Sepp Mahler und im Herbst der Friedrich-Schiedel-Literaturpreis. Mit einem Augenzwinkern sagte sie: „Die im Leprosenhaus und dem Sepp-Mahler-Museum ausgestellten Bilder sind nicht nur über die Begleichung der Steuerschuld mit Bildern in das Museum gekommen.“
Sozialminister Lucha sprach über die Veranstaltung von großem Kino, weil neben Eiden auch noch zwei ehemalige Kulturamtsleiter des Landkreises im Leprosenhaus dabei waren. Für ihn gebe es kein „Kunschd oder Krombiera,“ stellte Lucha klar. Er sei dankbar, dass sein Ressort die Landesarmutskonferenz unterstützen könne. In diesem Zusammenhang dankte er der Dieter und Susanne Wolfram-Stiftung, deren Vorstand Prof. Dr. Thomas Knuppen später einen Vortrag über den Preisträger hielt : „Das Erbe Sepp Mahlers –Eine Zukunftsversion“. Denn dank der Wolfram-Stiftung sei eine kulturelle Vielfalt möglich. „Kultur ist Kraft für die Seele.“ Das Leben und Wirken Sepp Mahlers zeige ein durch und durch humanistisches Menschenbild.
Vor der Preisverleihung hielt der Schriftsteller Manfred Bosch eine Art Laudatio auf Sepp Mahler und die Welt der Vagabunden „Bettler und König sein – verstoßen und doch auserwählt.“ Er beleuchtete dabei einige Aspekte aus dem Leben des Künstlers und Philosophen Sepp Mahler, als der dieser auf der Verleihungs-Urkunde bezeichnet wird.
Auf dieser heißt es unter anderem: „Die Landesarmutskonferenz hat sich zum Ziel gesetzt, das Werk und das Erbe Sepp Mahlers nach Kräften zu fördern, denn die Geschichte der Vagbunden, ihre Botschaft und ihre Philosophie und die Suche nach Lösungen in der wachsenden Armutsfrage, in den sozialökologischen Krisen der Gegenwart gehören zusammen.“
Den Nachmittag bestritt der Schriftsteller Markus Ostermair, Preisträger des Jahres 2021 für sein Buch „Der Sandler“ mit seinem Vortrag: „Wer darf und wer kann wovon erzählen? Gedanken zu zur Leerstelle Obdachlosigkeit/ Vagabundentum in der gegenwärtigen Literaturlandschaft.“
Bericht und Bilder Ulrich Gresser