Zur Diskussion um Windkraft im Raum Bad Wurzach, insbesondere zur Präsentation der Projekte „Hummelluckenwald“ und „Alttanner Wald“ im Bad Wurzacher Gemeinderat am 24. April
Leider hat keiner der Stadträte von Bad Wurzach in der Präsentation zur aktuellen Windkraftplanung bei Humberg und Alttann die Frage nach der gesundheitlichen Gefährdung der Anlieger der Windkraftanlagen gestellt. Nur ganz beiläufig wurde von den beiden Vertretern der Planungsbüros die Gesundheitsthematik im Hinblick auf Infraschall erwähnt: Infraschall sei aufgrund einer fehlerhaften Messreihe verteufelt worden. Das sei ein „längst begrabener Irrtum von Kritikern der Windenergie“ und längst „berichtigt“.
Nein, so verdummen sollte man unsere Landbevölkerung nicht, klare Köpfe gibt es nicht nur im Großstadtmilieu von Berlin und Stuttgart.
Infraschall – also die für den Menschen nicht hörbare, physikalisch aber messbare und deshalb gesundheitsrelevante Schallausbreitung – ist das Eine. Die andere Gesundheitsproblematik, die gänzlich ausgespart wurde, ist die Einwirkung auf den Menschen durch Luftdruckpulse.
Zur Erläuterung: Stellen Sie sich vor, dass Sie mit Tempo 50 den Berg gegen den Wind runterradeln. Da spüren Sie doch zweifelsfrei den Winddruck nicht nur an der Stirn, sondern am ganzen Körper, egal wie laut das Windgeräusch oder sonstiger Lärm ist. Jetzt stellen Sie sich bitte weiter vor, dass jemand im Takt von einer Sekunde den Wind vor Ihnen mit einem Brett abschirmt. Jetzt drückt doch zweifelsfrei der Wind im Takt von einer Sekunde auf Ihren ganzen Körper und Sie spüren den getakteten wechselnden Druck ganz deutlich. Ihr Empfinden hat natürlich nichts mit Schall oder Infraschall, mit den Mess- und Beurteilungstechniken nach TA Lärm und den Grenzwerten in dB zu tun. Es handelt sich ganz einfach um Luftdruckänderungen im Takt von einer Sekunde, welche Ihr Körper spürt.
Nun zum Windrad: Das ist keine harmlose rotierende Sonnenblume, sondern ein 300 m hoher Gigant mit einer Rotorfläche von etwa 25.000 Quadratmetern = 2,5 Hektar, welcher umgekehrt wie ein riesiger Ventilator arbeitet (statt den Wind zu beschleunigen, bremst er den Wind ab). Die Flügel haben strömungstechnisch eine vergleichbare Form wie die eines Jumbo-Jets, sind allerdings doppelt so groß und bewegen sich außen mit etwa 300 km/h entsprechend der Landegeschwindigkeit eines Jets. Bei 50 km/h Windgeschwindigkeit arbeitet das Rad im mittleren Leistungsbereich und abgeschaltet wird eine Großwindanlage mit 7 MW erst bei einem sehr starken Wind mit 90 km/h. Zwischen den Flügeln geht der Wind ungehindert durch und am Flügel wird der Wind abgebremst. Es passiert also ein vergleichbarer Mechanismus wie oben bei unserem Radfahrer-Experiment oder viel stärker noch wie beim "Motorradfahrer-Experiment mit Tempo 90": Nach dem Windrad wechseln sich im Sekundentakt mal hoher und niedriger Druck ab – vor allem in Windrichtung.
Diese Luftdruckänderungen des Windrades sind so stark, dass der Fledermaus im Nahfeld die Lunge kollabiert. Könnte das vielleicht auch auf den Menschen wirken? Die Planer wissen sehr wohl um die Gefahr dieser Luftdruckpulse für ihre im Windstrom nachfolgenden Anlagen und halten deshalb einen Mindestabstand von 900 Metern zwischen den Rädern heutiger Anlagen ein. Denn diese Luftdruckpulse (auch Wirbelschleppen genannt) verursachen ein Hin- und Her-Bewegen der Flügel beim nachfolgenden Rad, so dass diese vorzeitig durch Ermüdungsbrüche zerstört werden. Mit feinen Messgeräten, wie zur Überwachung der Atombombentests von der BGR (Bundesanstalt für Geowissenschaft) verwendet, kann die BGR diese Luftdruckpulse im Takt von einer Sekunde noch in mehr als 20 km Entfernung nachweisen! Abgeleitet aus den Windgeschwindigkeiten vor und nach dem Windrad kommt man zum Ergebnis, dass in dem getakteten Strömungsfeld Druckunterschiede von mehr als 100 Pascal herrschen können (dies entspricht einem Gewicht von 10 kg/m2 und das passt doch recht gut mit der Erfahrung zusammen, die wir im Radfahrer-Experiment am eigenen Körper als gepulsten Bremsdruck empfinden).
Ich denke bis hierher ist klar, dass die gefährlichen Luftdruckpulse der Windräder nichts mit Schall und Infraschall (= niederfrequentem nicht hörbarem Schall) gemeinsam haben. Denn wir haben es physikalisch mit einem Problem der Strömungsmechanik zu tun. Fachleute, die sich auf Windkanal-Versuchen verstehen, sind dazu gefragt, keine Schallfachleute des Landratsamtes oder der hinzugezogenen Schall-Gutachter, welche nach TA Lärm mit dem Mikrofon messen, beurteilen und gutachten. Aber nur diese Schallfachleute sind bei der Genehmigung der Anlage eingeschaltet!
Und warum können diese Luftdruckänderungen für den Menschen gesundheitsschädlich sein? Machen Sie doch selbst an Ihrem Körper ein kleines Experiment: Nehmen Sie ein kleines Blättchen Papier und legen Sie es sachte auf Ihre Handfläche. Ihr Tastsinn wird die einmalige Druckänderung spüren. Aufgrund des Flächengewichtes des Papierblättchens lässt sich leicht nachrechnen, dass das Blättchen lokal eine einmalige Druckänderung von 0,8 Pascal (1 Pascal = 100 g/m2) erzeugt hat. Nun stellen Sie sich vor, dass jemand Ihnen im Takt von einer Sekunde das Gewicht von mehreren Papierblättchen immer wieder auflegt, das spüren Sie selbst im Lärm einer Diskothek, oder? Da kommen wir aber ganz nah an bekannte Foltermethoden, wo dem Probanden im Takt von einer Sekunde ein Wassertropfen auf die Stirn fällt.
Unser Körper hat Hunderttausende von auf Wechseldruck empfindlichen Rezeptoren, nicht nur den Tastsinn. Sie sind überall im Körper verteilt zur Registrierung und Steuerung unserer Körperfunktionen, vom Blutdruck über die Lunge bis zum Gleichgewichtssinn. Vor diesem Hintergrund wird es verständlich, dass in einer Vielzahl von Berichten von Anliegern von Windkraftanlagen Folgendes gesagt wird: "Besonders wenn der Wind aus Richtung des Windrades bei starkem Wind auf das Haus strömt, haben wir Schlafstörungen, ein Gefühl der inneren Unruhe und können uns schlecht konzentrieren, es ist weniger ein Hören als ein Spüren."
Vor diesem Hintergrund habe ich die Verantwortlichen der für unseren Raum zuständigen Genehmigungsbehörde im Landratsamt Ravensburg wiederholt aufgefordert, folgende Fragen zu beantworten:
- Wie hoch sind diese vom Windrad abgestrahlten Luftdruckpulse, besonders bei Starkwind in Windrichtung und angegeben in Pascal?
- Ab welcher Höhe spürt der Mensch diese Luftdruckpulse?
- Welche Mindestabstände zur Wohnbebauung sind deshalb zum Gesundheitsschutz unserer Bürger einzuhalten?
Das Landratsamt schweigt dazu seit einigen Monaten. Warum?
Ein CDU-Bundestagsabgeordneter hat dem Habeck-Ministerium auf meinen Wunsch hin die gleichen Fragen gestellt. Er erhielt die Antwort: „Aus Sicht des BMWi gibt es derzeit keine abschließenden Hinweise, dass ein gewisser Abstand für den Schutz der Bürger vor Windrädern zwingend erforderlich wäre."
Für die Maschine sehr wohl, für den Menschen nicht!
Wird der Mensch auf dem Land zum Opfer einer Ideologie?
Dr. Wolfgang Hübner, Bad Wurzach
Anbei ein Schaubild zur Verdeutlichung der Problematik sowie ein Link zum Bericht einiger Anlieger, die sicherlich nicht den Eindruck von Simulanten erwecken, wie dies von Windkraftvertretern und Behörden zu Berichten dieser Art unterstellt wird. Hier der Link zu den Zeugnissen von Anwohnern:
https://www.xn--landschaftsschtzer-z6b.de/infraschall/
Schaubild: Windkraftinvestoren halten bei der Errichtung von Windparks in Bezug auf die Hauptwindrichtung einen Abstand zwischen ihren Windkraftanlagen von 900 Metern ein (das Fünffache des Rotordurchmessers). Da sie um die Problematik des „abgehackten“ Luftdrucks wissen, schützen sie so ihre Großflügel vor Ermüdungsbrüchen. In Humberg liegt den derzeitigen Planungen ein Abstand von 700 Metern hin zur Wohnbebauung zugrunde. Ist der Menschenschutz weniger wert als der Maschinenschutz? Das Schaubild stammt nicht von Gegnern der Windkraft, sondern von Befürwortern – nämlich von der FA Wind (Fachagentur Windenenergie). (hüb)