Reinhold Mall, 1. Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins Landschaftsschützer Oberschwaben-Allgäu e. V., hat sich mit einem Appell an den Regionalverband Bodensee-Oberschwaben gewandt. "Rettet das Ried!" – das ist sein Anliegen und das seines Vereins Landschaftsschützer Oberschwaben-Allgäu e.V. Anlass für seinen Appell war die Verbandsversammlung, die sich am heutigen Freitag, 28. April, in Boms (bei Bad Saulgau) getroffen hat. Dabei wurden Ergebnisse des Gutachtens zur Bewertung des Landschaftsbildes und der Erholungsfunktion der Landschaft vorgestellt. Die Bildschirmzeitung wird darüber noch berichten. Hier der Offene Brief von Reinhold Mall:
Unser gemeinnütziger Verein Landschaftsschützer Oberschwaben-Allgäu e.V. setzt sich seit vielen Jahren für den Schutz des Wurzacher Beckens ein. Die am vergangenen Montag, 24. April 2023, im Bad Wurzacher Gemeinderat vorgestellten Windparks bei Humberg und im Alttanner Wald liegen laut geologischer Karte eindeutig im Wurzacher Becken. Die Beckenränder sind ausgeprägt und sehr gut zu erkennen. Das Wurzacher Becken ist eine besonders hochwertige Landschaft. Das sieht auch der Europarat so, der sich mehrfach gegen eine Bebauung der Beckenränder mit technischen Anlagen ausgesprochen hat.
Die Visualisierungen der im Wurzacher Becken geplanten Windparks zeigen, dass der Blick übers Ried massiv gestört wird. Zur Windradhöhe von aktuell 261 Metern muss noch der Beckenrand hinzugezählt werden, das sind teilweise 100 Meter. Die Flügelspitzen ragen dann weit über 300 Meter über die Ebene des Wurzacher Beckens hinaus.
In zwei Gerichtsurteilen ist der hohe landschaftliche Wert des Wurzacher Beckens beschrieben. Gegen das bis etwa 2012 geplante Industriegebiet OGI bei Zwings sprach laut Verwaltungsgericht Sigmaringen auch „der hohe Wert der Landschaft und das beeindruckenden Landschaftsbild des Wurzacher Beckens.“ Und weiter: „... beim Wurzacher Becken mit dem Wurzacher Ried (…) handelt es sich um einen einheitlichen landschaftlichen Bereich, der wegen seiner (...) geomorphologischen Beschaffenheit und wegen des hochwertigen Landschaftsbildes insgesamt besonders schutzwürdig ist.“ (VG Sigmaringen, Urteil vom 30.11.2011, 4 K 637/10)
Im Urteil zu einer geplanten Kiesgrube innerhalb des Wurzacher Beckens bei Rupprechts bezieht sich das Gericht auf die Verlängerungsurkunde zum Europadiplom 1999, wonach das Wurzacher Ried und die bewaldeten Moränenhügel als „einzigartige unteilbare Landschaft“ behandelt werden sollen. (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.4.2003 - 5 S 2299/01)
In der Umweltprüfung zum Teilregionalplan Windenergie 2012, erstellt von HHP Hage+Hoppe Partner, gilt das Wurzacher Becken als Bereich mit sehr hoher Empfindlichkeit gegenüber Windenergieanlagen und als Landschaftsraum von internationaler Bedeutung.
Wegen des intakten Hochmoorgebietes und der Vielfalt der Lebensräume hat das Wurzacher Ried das Europadiplom erhalten. Aus den Verlängerungsurkunden kann man ableiten, dass die Moränenhügel des Wurzacher Beckens Bestandteil des vom Europadiplom geschützten Gebietes sind. Dass auch die Geologie rund um das Wurzacher Ried eine wichtige Rolle spielt, wird in der Ausstellung MoorExtrem des Naturschutzzentrums in Bad Wurzach gezeigt.
Das Wurzacher Becken wirkt wie ein Trichter, der die Niederschläge sammelt und ins Wurzacher Ried mit seiner außergewöhnlichen Tier- und Pflanzenwelt leitet. In den letzten Monaten wird an verschiedenen Stellen deutlich, dass Wassermangel im Wurzacher Becken herrscht. Beim wissenschaftlichen Dienst des Bundestages kann man nachlesen, dass Windräder das lokale Klima verändern. Es wird örtlich wärmer. Messungen in einer weiteren Studie zeigen, dass es auch trockener wird und die Wirkung viele Kilometer weit reicht. Treffen die Aussagen zu, ist mit zusätzlicher Trockenheit im Wurzacher Becken und damit im Wurzacher Ried zu rechnen – insbesondere dann, wenn bei Osterhofen weitere Windkraftanlagen gebaut werden sollten (man hört von acht projektierten WKAs).
Es gibt viele Gründe, die gegen die Errichtung von Windkraftanlagen im Umfeld des Wurzacher Riedes sprechen. Sie, sehr geehrte Mitglieder der Verbandsversammlung des Regionalverbandes Bodensee-Oberschwaben, befassen sich auch mit der Erholungsfunktion der Landschaft. Es muss Zonen geben, die von Windkraftanlagen frei sind. Der Mensch braucht auch Augenweiden.
Reinhold Mall, Bad Wurzach-Dietmanns
1. Vorsitzender der Landschaftsschützer Oberschwaben-Allgäu e. V.