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Bad Wurzach (dbsz) - Nach neuesten Erkenntnissen werden derzeit bis zu 18 Windkraftanlagen in Sichtweite des Wurzacher Rieds projektiert. Das hat der Verein Landschaftsschützer Oberschwaben-Allgäu zum Anlass genommen, einen Brief an den Europarat zu schreiben. Der Europarat mit Sitz in Straßburg ist jene internationale Organisation, die das hochrangige und seltene Europa-Diplom für überragend bedeutsame Naturlandschaften verleiht, erläutert der Verein in einer Pressemitteilung.

In dem zweiseitigen, auf Englisch abgefassten Schreiben, das am 12. Februar per Mail und Brief an das Sekretariat der Berner Konvention des Europarates gerichtet wurde, kritisieren die Landschaftsschützer die Windkraftpläne als Verstoß gegen Vorgaben des Europa-Diploms, das aufgrund der Berner Konvention vergeben wurde. Die Berner Konvention ist ein völkerrechtlicher Vertrag des Europarates über den Schutz europäischer wildlebender Tiere und Pflanzen aus dem Jahr 1979.

"Die Integrität der Landschaft zu erhalten"
In ihrem Schreiben zitieren die Landschaftsschützer aus Verlängerungsurkunden für das Bad Wurzacher Europa-Diplom, das 1989 erstmals für das Wurzacher Ried verliehen worden ist. Sowohl 1999 als auch 2004 und 2019 sei in den Verlängerungen die Errichtung von Windkraftanlagen im Umfeld des Wurzacher Riedes dezidiert ausgeschlossen worden. So heiße es in der Urkunde von 2004 mit Blick aufs Ried wörtlich: „Jedwede Nutzung der Hügel, die die Landschaft verunstalten würden (einschließlich Steinbrüche, große Windräder und Windkraftanlagen, kommerzielle Solaranlagen), sollte verboten werden.“ Und 2019 betonte der Europarat erneut, dass „die Integrität der Landschaft rund um das Wurzacher Becken zu erhalten und der Bau technischer Infrastruktur auf den Hügeln und Bergkuppen im Sichtbereich des Wurzacher Riedes zu vermeiden“ sei.

Im Widerspruch zu diesen Festlegungen stünden die aktuellen Pläne, die die Errichtung von fast 300 Meter hohen Türmen im Umfeld des Wurzacher Riedes vorsehe, heißt es in dem Schreiben an den Europarat, das der Bildschirmzeitung vorliegt. Konkret werden die Windkraftpläne bei Osterhofen, Weitprechts und Humberg genannt. Wörtlich heißt es in dem Schreiben, verfasst von Vereinsvorstandsmitglied Dr. Carmen Pöhl: „Due to their height, they will all damage the landscape being visible from a long distance away and infringing the visual integrity of the Wurzacher Ried.” Auf Deutsch: „Aufgrund ihrer Höhe werden die Windkraftanlagen die Landschaft beschädigen, da sie von weither zu sehen sind; sie verletzen die optische Integrität des Wurzacher Riedes.“

Weiter verweisen die Landschaftsschützer in dem Schreiben auf die geologische Einzigartigkeit des Wurzacher Beckens und auf mikroklimatische Gefahren durch die Großwindanlagen für Fauna und Flora des Riedes.

Dem zweiseitigen Brief war ein 32-seitiger Anhang beigegeben, in dem die Bad Wurzacher Landschaftsschützer detailliert die Hochwertigkeit der Riedlandschaft darlegen und mit Visualisierungen und Karten belegen.

Aus der Antwort des Europarates
Am 21. Februar erhielten die Landschaftsschützer per Mail von Marc Hory, Project Manager beim Europarat in dieser Sache, eine Antwort. Darin heißt es übersetzt: „Wir vertrauen auch darauf, dass die Verantwortlichen der Stadt Bad Wurzach jede infrastrukturelle Entwicklung in ihrem Gebiet sehr sorgfältig überprüfen, damit die ökologische Integrität des Wurzacher Rieds gewahrt bleibt.“

Reinhold Mall, der Vorsitzende des Vereins Landschaftsschützer Oberschwaben-Allgäu e. V., wundert sich über eine fehlende öffentliche Reaktion der Kurstadt Bad Wurzach auf die jüngst bekannt gewordenen Windkraftplanungen rund ums Ried. „Die Einschläge kommen näher. Wir wissen von einer weiteren Planung bei Haisterkirch. Windkraftanlagen in Riednähe beschädigen den Kur-Standort Bad Wurzach.“ Der Verein habe zwischenzeitlich ein Gespräch mit der Bürgermeisterin gehabt, habe die Gemeinderäte angeschrieben, habe Flugblätter verteilt. Und dennoch sei die aktuelle Entwicklung kein Tagesordnungspunkt bei der für den kommenden Montag (27.2.) angesetzten Gemeinderatssitzung. „Natürlich wird die Stadt bei der Erstellung des Regionalplans als Träger öffentlicher Belange gehört werden. Aber das ist sehr spät im Verfahren. Dann kann man allenfalls noch kosmetische Änderungen vornehmen“, warnt Mall. „Jetzt ist der letzte Zeitpunkt, um noch die Weichen entscheidend zu verändern.“

Nachstehend der Brief an den Europarat im Original. Er ging in Kopie auch an Bürgermeisterin Alexandra Scherer, an zwei Adressaten im Bau- und Umweltamt des Landratsamtes Ravensburg, an zwei Adressaten im Umweltministerium des Landes Baden-Württemberg, an Dr. Siegfried Roth vom Naturschutzzentrum Bad Wurzach und an Horst Weißer vom Bund Naturschutz Oberschwaben.

Brief an den Europarat Seite 1

Brief an den Europarat Seite 2

Brief an den Europarat Seite 3

 

 

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halloRV

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