Bad Wurzach - Was wäre die schwäbisch-alemannische Fasnet ohne ihr typisches Häs mit den schaurig-schönen Masken? Dahinter stehen oft seit langer Zeit überlieferte und bisweilen ziemlich unheimliche Geschichten. Wie die Sage vom Ungeheuer im Schwindelsee, die von der Narrenzunft Unterschwarzach repräsentiert wird.
Der Schwindelsee befand sich früher im Richtung Haidgau gelegenen Teil des Wurzacher Rieds. Und wo könnte es unheimlicher sein als im Moor? Diese feuchten, düsteren Landschaften galten lange als Tor zur Unterwelt und Ort der Toten und des Teufels. Und diesem kann man im Wurzacher Ried auch heute noch an so mancher Stelle begegnen.
In den randlichen Bruchwäldern zum Beispiel, wo sich die düstere Schwarzerle nahezu gespenstisch aus dem Wasser erhebt. Mehr als jede andere Baumart kann sie die Feuchtigkeit im Niedermoor tolerieren und war seinerzeit genauso verrufen wie ihr Lebensraum. Wenn Erlenholz bricht, dann verfärbt es sich leuchtend orange-rot. Denn der Teufel soll seine Großmutter im Streit so lange mit einer Erle geprügelt haben, bis diese blutete. Interessanterweise wurde der Teufelsbaum früher auch eingesetzt, um den beschriebenen Bösewicht zu vertreiben. Man wehrte sozusagen Ähnliches mit Ähnlichem ab.
Teuflisch geht es auch auf den Wiesen im Niedermoor zu. Schon im zeitigen Frühjahr, wenn die Kugelige Teufelskralle ihre leuchtend lila Blüten der Sonne entgegenstreckt.
Wie Krallen sind sie kugelförmig nach innen gebogen. Und später im Jahr muss man sich vor dem Teufelsabbiss in Acht nehmen, der mit seinen blasslila Blüten als einer der letzten Farbtupfer das Ried ziert. Hier muss man tiefer graben, um dem Namensgeheimnis auf die Spur zu kommen. Der Teufelsabbiss ist eine alte Heilpflanze und wurde früher u.a. innerlich bei Erkrankungen der Luftwege sowie äußerlich bei Wunden und Geschwüren eingesetzt. Der Teufel war über diese Heilwirkung, die ihm so manche Seele verwehrte, so erbost, dass er vor Wut in den Wurzelstock der Pflanze biss. Und tatsächlich: Gräbt man die Pflanze aus, lässt sich der Abbiss des Teufels deutlich erkennen, denn der Wurzelstock fault von der Spitze her langsam ab.
Ist man bisher noch gut weggekommen, dann wehe dem, der dem Riedteufel begegnet. Von dunkler Gestalt streift er durchs Moor und funkelt bedrohlich mit blau leuchtenden Augen. Dadurch möchte er allerdings lediglich potenzielle Fressfeinde abschrecken, denn der Riedteufel ist ein Schmetterling aus der Unterfamilie der Augenfalter. Seine Flügel zieren dunkle Flecke mit hellblauem Kern, die beim Aufschlagen der Flügel blitzlichtartig gezeigt werden und so große Augen und damit eine große Gestalt vortäuschen. Blaukernauge oder Blauäugiger Waldportier wird der Falter auch genannt.
Durch seine dunkle Grundfärbung ist er an die feuchtkalten Bedingungen im Moor gut angepasst. Die wärmenden Sonnenstrahlen werden optimal ausgenutzt, indem der Falter beim Sonnetanken mit weit ausgebreiteten Flügeln dasitzt, ein Verhalten, das für andere Augenfalter eher untypisch ist. Riedteufel durchstreifen schon seit der letzten Eiszeit die strukturreichen Niedermoorflächen von Moorgebieten.
Durch zu intensive Nutzung dieser Lebensräume sind sie inzwischen jedoch stark gefährdet. Und so muss man den Riedteufel keineswegs fürchten, sondern darf sich im Gegenteil glücklich schätzen, wenn man im Wurzacher Ried einen Blick auf ihn erhaschen kann. In diesem Sinne: A glückselige Fasnet!
Text Valeska Ulmer