Rottum - Wer die Landesstraße L 265 von Bad Wurzach nach Ochsenhausen öfters fährt, der kennt sie schon, die ungewöhnliche Kapelle am Ortsausgang von Rottum. Sie ist aus großen Holzscheiten erbaut. Es handelt sich bei ihr also eigentlich um eine mächtige Holzbeige, allerdings eben in einer Form, die ziemlich aus dem Rahmen fällt.
Eine Kapelle aus Holzscheiten
Wer einmal langsamer fährt oder anhält, der erkennt schnell, wieviel Aufwand, Liebe und bewussten Gestaltungswillen die Erbauer hier offensichtlich investiert haben. Die Kapelle hat zwei Türme mit Glocken. Sie ist dabei unverkennbar auch dem ökumenischen Gedanken verpflichtet: Auf dem einen Turm ragt ein Kreuz auf und auf dem anderen ein Turmhahn. In die vordere Fassade ist eine Nische eingelassen, in der noch bis Mariä Lichtmess die schlichten ausgesägten Figuren einer Krippe aufgestellt sind. Danach werden dort wieder Heiligenfiguren aus Gips ihren Platz finden.
Die Basilica minor und die Basilika mini-minor
An der Kapelle ist eine kleine gerahmte Urkunde angebracht, die bekundet, es handle sich bei dem Bauwerk um die Basilika mini-minor Rottum. Eine Basilika mini-minor, die gibt es natürlich nicht. Es gibt allerdings den Titel einer Basilica minor, den der Papst besonderen Kirchengebäuden verleihen kann. Im Oberschwäbischen dürfen sich etwa Weingarten und Wiblingen so nennen. Auch in unmittelbarer Nachbarschaft zu der außergewöhnlichen Holzkapelle findet sich eine in dieser Form ausgezeichnete Kirche. Seit dem 3. November 2019 trägt die Stadtpfarrkirche St. Georg Ochsenhausen, die ehemals die Kirche des dortigen Benediktinerklosters war, diesen Ehrentitel. Das Phantasie-Wappen der Rottumer Urkunde mit dem Heiligen Georg verweist deutlich auf diese große Schwester der kleinen Kapelle. Wie die Ochsenhausener Kirche gehört auch Rottum zur Seelsorgeeinheit St. Benedikt Ochsenhausen.
Günther und Paula Niedermaier haben die Kapelle erbaut
Geschaffen haben die Kapelle Günther Niedermaier und seine Frau Paula. Der Rentner erzählt, dass es bereits die zweite Kapelle aus Holzscheiten ist, die er an dieser Stelle bei seinem Haus gebaut hat. Das Holz der ersten, die von 2017 bis 2021 dort stand, hat er unlängst verheizt. Im Frühjahr letzten Jahres entstand die neue Kapelle. Etwa 10.000 ofenfertige Scheite haben die Niedermaiers verbaut. Das sind rund 15 Festmeter Holz. Am 23. Mai 2022 wurde die Kapelle durch Pfarrer Sigmund Schänzle – früher Ochsenhausen, heute Zwiefalten – auch geweiht. Der Seelsorger, der mit dem Ehepaar freundschaftlich verbunden ist, hat sich auch den augenzwinkernden Spaß mit der Urkunde ausgedacht.
Zu einer Kapelle gehört auch eine Sakristei
Günther Niedermaier weist auch auf die ebenfalls liebevoll gestaltete Holzbeige neben der Kapelle hin. Hier sind bunte Fenster angedeutet. Eine Schrifttafel am Sturz verrät, wohin die schöne alte Tür angeblich führt, nämlich in die Sakristei. Was es mit dieser auf sich hat, das erklärt der stolze Erbauer den Besuchern gern. Und wenn diese Glück haben, dann kommen sie auch noch in den Genuss eines ganz speziellen Weihwässerles.
Text und Fotos: Herbert Eichhorn
Zwei Türme mit Glocken. Auf dem einen ein Kreuz, auf dem anderen ein Turmhahn.
Günther Niedermaier. Zusammen mit seiner Frau hat er die Rottumer Holzscheit-Kapelle "erbaut" (im Hintergrund die Türe zur "Sakristei").
Die Urkunde mit dem Wappen des Hl. Georg.