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Bad Wurzach - Die evangelische Pfarrerin Silke Kuczera informierte im Rahmen einer Kirchengemeinderatssitzung darüber, dass ihre Gemeinde die Voraussetzungen dafür erfüllt, diese durchführen zu dürfen.

Es sei in der evangelischen Landeskirche ein heißes Eisen : „Homosexualität und Kirche“ spalte die Landeskirche in zwei Lager: Auf der einen Seite die Liberalen Vertreter die für eine Öffnung der Kirche für das Menschenbild einer toleranten, pluralistischen Gesellschaft eintreten und auf der anderen Seite die Bibeltreuen Kritiker, die an dem Sündenverdikt der einschlägigen Bibelpassagen zu Homosexualität festhielten.

Seit 2010 ließ die Frage nach dem gleichgeschlechtlichen Zusammenleben die Wogen hochschlagen, das Familienpapier der Evangelischen Kirche Deutschlands 2013 eckte bei der Landeskirche wegen der Gleichstellung eheähnlicher Gemeinschaften an, mit der Bildungsplandebatte wurden diese Debatten noch weiter befeuert. Im Jahre 2019 hatte sich die Landeskirche dann zu einem Kompromiss durchgerungen, der zu Jahresbeginn 2020 Gesetz wurde.

Der Beschluss der Landessynode vom 23.März 2019 sieht vor, dass sich homosexuelle Paare segnen lassen dürfen. Die Kirchengemeinde muss einen Antrag stellen, wenn sie diese Segnungen durchführen will. Ein Viertel der Kirchengemeinden kann diesen Antrag stellen. Erst wenn ein Viertel diesen Antrag gestellt hat wird sich die Synode erneut mit dem Thema befassen.

In Bad Wurzach wurden die Bedingungen dafür erfüllt: Der Antrag wurde im KGR eingebracht, am 14. Oktober 2019 wurde der Antrag mit mehr als der erforderlichen 3/4 Mehrheit angenommen, nachdem die Zustimmung der Stelleninhaberin Barbara Vollmer vorlag. „Im Dezember befassten KGR und Gemeindeglieder sich erneut mit dem Thema, wobei der Beschluss des KGR auch die Stimmung in der Gemeinde widerspiegelte,“ berichtet Prädikantin Astrid Greshake während der KGR-Sitzung und beklagt dabei auch den hohen bürokratischen Aufwand, den eine Kirchengemeinde dafür betreiben muss.

In Bad Wurzach kam es zum einen coronabedingt, zum anderen aber auch durch den Pfarrerinnenwechsel zu zeitlichen Verzögerungen bei der Umsetzung. Nachdem auch die Zustimmung von Pfarrerin Kuczera vorlag, konnte die Gottesdienstordnung am 18.Oktober 2022 dahingehend geändert werden.

Pfarrerin Kuczera bedauert, dass diese Entscheidung in der baden-württembergischen Landeskirche solange auf sich warten ließ, denn bundesweit ist sie damit die letzte Landeskirche, die eine Segnung gleichgeschlechtlicher Paare zuließ.

Kuczera geht ihrem Vortrag auch auf die theologische Diskussion ein: Sie betont, es sei wichtig, die in der Bibel vorgebrachten Ablehnungsargumente von Homosexualität zeitgeschichtlich und kulturell einzuordnen: Die Alttestamentarischen Aussagen beträfen die Einhaltung religiöser Tabus in einer Homophoben Gesellschaft und die neutestamentarischen Aussagen seien Teil einer Heidenpolemik die sich an der hierarchisch geordneten Sexualität der griechisch-hellenischen Welt abarbeite. Darin werde vor allem – etwa von Paulus, Pädophilie zurecht kritisiert – denn darin gehe es um solche Beziehungsformen z.B. zwischen Knaben und Erwachsenen.

Damit waren homosexuelle Partnerschaften, die als gleichberechtigt, dauerhaft , verantwortungsvoll und verlässlich angesehen werden können, gar nicht im Blick dieser Texte, kritisiert Kuczera die Argumente vieler Gegner zur Einführung der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare.

Nach dem Verständnis der evangelischen Kirche kommen Paare bereits verheiratet in die Kirche, weil dafür die weltliche Eheschließung maßgeblich ist. Damit handele es sich „nur“ um eine Segnung der Partnerschaft.

Kuczera hält auch die theologische Diskussion für problematisch, dass nur Paare getraut werden dürften, für die eine biologische Elternschaft möglich ist. „Auch manche heterosexuelle Paare können keine Kinder bekommen und homosexuelle Paare können im Gegenzug wunderbare Eltern sein, wenn auch nicht biologisch.“

Deswegen fordert sie die längst überfällig Beendigung dieser Diskriminierung, „denn vor Gott sind wir alle gleich! Wir haben kein Recht, über die Liebe anderer zu entscheiden.“ Denn zentral für alle Menschen sei die Einhaltung des Liebesgebotes.

 

Bericht Ulrich Gresser

 

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halloRV

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