DBSZ DBSZ BadWurzach 1200v01

Arnach - Vor 100 Jahren wurde das Arnacher Gefallenenmahnmal errichtet. 51 Namen von Gefallenen und Vermissten des Ersten Weltkrieges wurden damals in den Gedenkstein eingemeißelt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Anlage erweitert; ein Rundbogen wurde gebaut, auf dem sechs Steintafeln mit 79 Namen angebracht wurden. Das Denkmal wird gemeinsam von der Kirchenpflege Arnach und der Stadt Bad Wurzach (Ortschaft Arnach) unterhalten.

Lehrer Hermann Haiss schreibt in seiner Ortschronik (verfasst 1931) über die Errichtung des Arnacher Kriegerdenkmals im Jahre 1922 unter anderem Folgendes: ,,Die nötigen Mittel wurden durch eine Geldsammlung aufgebracht. Das Ergebnis der ersten Sammlung vom Jahre 1920 betrug 11.670 Mark und der zweiten vom Jahr 1921 5595 Mark. Durch die Inflation wurde jedoch der Geldwert derart verringert, dass die Gesamtkosten bei weitem nicht gedeckt werden konnten. Der rohe Stein aus dem Granitwerk Tittlingen (im Fichtelgebirge) kostete 9350 Mark. Die Gesamtrechnung des Bildhauers Gottfried Wirt (Isny) lautetet auf 21.298,80 Mark. Dazu kam noch die Rechnung von Maurermeister Otto Vogt (Arnach) mit 3566,75 Mark und von Karl Natterer jun., Pflastermeister in Leutkirch, mit 5000 Mark." Die gärtnerische Anlage von Weberheinz (Leutkirch) soll – hier kommen schon die Inflationsnullen - auf 50 000 Mark gekommen sein und, wie Haiss schreibt, ,,von Felix Schlump aus Privatmitteln bezahlt worden sein." (Felix Schlump aus Übendorf, war Träger der Goldenen Verdienstmedaille des Ersten Weltkrieges; er starb 1985 mit 93 Jahren). Weiter Haiss (im Jahre 1931): ,,Im Ganzen also eine riesenhafte Summe, bei der noch die meisten der genannten Geschäftsleute zu Schaden gekommen sind. Wie die Restschuld gedeckt wurde, ist mir augenblicklich nicht bekannt."

Gebhard Baumann, stellvertretender Ortsvorsteher von Arnach und passionierter Heimatkundler, meint, dass für den Abmangel die politische Gemeinde Arnach und die Pfarrgemeinde Arnach geradegestanden seien, „die das Kriegerdenkmal gemeinsam angeschafft haben“.

Am 6. August 1922
Hören wir weiter Hermann Haiss zu, der die Einweihung mit eigenen Augen gesehen hat. ,,Am Sonntag, dem 6. August 1922, konnte die Einweihung unseres schönen Denkmals stattfinden. Nach einer sehr eindrucksvollen Predigt vom hochwürdigen Herrn Pater Petrus (Gottesberg) und Gebeten für die Gefallenen wurde die Weihe vom Ortsgeistlichen H. H. Pfarrer Krieger vorgenommen. Kirchenchor und Musikkapelle hatten sich auch in den Dienst der Sache gestellt. Nach Danksagungsworten des hochwürdigen Herrn Pfarrers im Namen der Pfarrgemeinde hielten Schuhmachermeister Gapp, Kommandant des Kriegervereins, und Schmiedemeister Xaver Räth, Vorstand des Radfahrervereins, begeisterte Reden im Namen ihrer Vereine. Da auch das Wetter gut anhielt, gab alles zusammen ein würdiges Fest für die Pfarrgemeinde.“
Haiss beschließt seinen Bericht mit pathetischen Worten: „Ernst und mahnend ragt nun die Pyramide in die Luft. 51 Namen, in Granit gemeißelt, erinnern an ebensoviele tapfere Helden, die den Tod nicht scheuten, um das Vaterland zu retten. In Wehmut und Trauer beugen wir das Haupt vor der stillen Größe dieser Braven. Ihnen gehört unsere Liebe und Treue, die so dauerhaft sein mögen wie der Granit des Ehrenmals!"

Die Erweiterungskommission
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Anlage erweitert. Gebhard Baumann hat im Rathausarchiv einige Schriftstücke zu dieser Maßnahme gefunden – so das Protokoll einer Besprechung des Arnacher Gemeinderates mit 15 Heimkehrern am 29. Oktober 1950, bei der die Bildung einer Kommission für die Erweiterungsmaßnahme beschlossen wurde. Der Kommission gehörten an: Bürgermeister Eugen Vogt (der einen Bruder im Ersten Weltkrieg verloren hatte); Pfarrer Ludwig Segmiller; Kirchenpfleger Alfons Gut (Wohnplatz Bauernhanses; sein Sohn Albert war im Zweiten Weltkrieg geblieben); Josef Schmid (Arnach; Inhaber des Ziegelwerks Arnach; sein einziger Sohn, ebenfalls mit Namen Josef, war am 26. April 1945 gefallen); Otto Weiland (Rahmhaus; er hatte ebenfalls seinen einzigen Sohn im Krieg verloren); Felix Schlump (Übendorf; jener Mann, der drei Jahrzehnte zuvor für das Kriegerdenkmal, wie man seinerzeit zu sagen pflegte, eine größere Spende gemacht hatte; er, der dekorierter Soldat des Ersten Weltkrieges gewesen war, hatte im Zweiten Weltkrieg zwei Söhne verloren); Maurermeister Otto Vogt (Arnach; ein Bruder von ihm war im Ersten Weltkrieg gefallen); Leonhard Längst (Geboldingen; er war der jüngste der Runde, damals noch keine dreißig Jahre alt; versehrt war er aus dem Zweiten Weltkrieg heimgekommen, der das Leben seines Bruders Ulrich gefordert hatte; im Ersten Weltkrieg war der Bruder seines Vaters gefallen; Längst führte später für drei Jahrzehnte die Arnacher Kriegerkameradschaft).

Diese Männer, die dem Furor des Krieges entronnen waren, machten sich also daran, für die Erweiterung des Kriegerdenkmals zu sorgen – um der kollektiven Trauer in der Gemeinde eine Form zu geben, sicherlich auch, um Trost zu finden für die Lücken, die Schnitter Tod in ihre eigenen Familien gerissen hat. Dass ihr Motiv einen mahnenden und keinen revanchistischen Grundton hatte, wird an der Zeile „EINE GRÖSSERE LIEBE HAT NIEMAND ALS WER SEIN LEBEN GIBT FÜR SEINE FREUNDE“ deutlich, die sich in großen, erhabenen Buchstaben quer über den Rundbogen zieht. Das Jesus-Wort aus dem Johannes-Evangelium (Kapitel 15, Vers 13) wird ergänzt durch Begleittexte auf den Steintafeln links und rechts an den Abschlusspfosten der Anlage. Die Totenklage auf diesen Tafeln hat ebenfalls einen getragenen Ton. Auf der Tafel links heißt es: „SIE OPFERTEN LEBEN UND JUGEND UND GLÜCK IN BELGIEN HOLLAND U. FRANKREICH RUSSLAND SIBIRIEN JUGOSLAWIEN TSCHECHOSLOWAKEI ÖSTERREICH DEUTSCHLAND SIE KEHRTEN NICHT MEHR ZUR HEIMAT ZURÜCK.“ Auf der Tafel rechts ist zu lesen: „UND WIR? WIR KÖNNEN NUR KLAGEN UND BETEN FÜR DIE DIE DA LIEGEN BLEICH BLUTIG ZERTRETEN DENN ES GIBT KEIN WORT FÜR DAS OPFER ZU DANKEN UND NUR GOTT KANN VERGELTEN IHNEN DIE DA SANKEN FÜR UNS.

Der Rundbogen war bereits ein Jahr nach der Bildung der Kommission errichtet; auf ihm sind sechs Gedenktafeln mit den Namen der Arnacher Gefallenen und Vermissten des Zweiten Weltkrieges angebracht; es sind 79 Namen. Auch für die Erweiterung war eine Haussammlung durchgeführt worden, weiß Gebhard Baumann.

Am 20. Dezember 1951
Die Feier zur Erweiterung der Gedenkstätte war am 20. Dezember 1951. Nach dem Requiem in der Kirche hielt Hauptlehrer Bitterle am Mahnmal die Gedenkrede, wie der erhalten gebliebene Ablaufplan ausweist. Auch Bürgermeister Eugen Vogt, der einen Kranz niederlegte, sprach am Mahnmal. Sein Rede-Manuskript ist überliefert. Er sagte unter anderem: „Tiefbewegt stehen wir alle am neuen Ehrenmal und gedenken der gefallenen Helden, der Gatten, Väter, Söhne, Brüder, Freunde und zivilen Opfer unserer Pfarrgemeinde und auch unserer Heimatvertriebenen, die der Krieg dahinraffte. Eine allzugroße Zahl meist junger, lebensbejahender, aber auch ältere, Männer musste bei diesem furchtbaren Morden ihr Leben dahingeben. In wieviel Häusern unserer Gemeinde ist schwerstes Leid, sind unersetzliche Lücken und auch wirtschaftliche Not eingekehrt.“ Im Weiteren wendet sich Eugen Vogt direkt an die Gefallenen, die in fremder Erde liegen.

Die Feier wurde von der Musikkapelle, einem Männerchor und dem „Sprechchor der Schulkinder“ feierlich umrahmt. Gebhard Baumann vermutet, dass sich hinter dem Männerchor die Kriegerkameradschaft verbirgt, die nach 1945 von der Besatzungsmacht aufgelöst worden war und die 1951 noch nicht wiedergegründet war. Alfred Rudhart, der heutige Vorstand, bestätigt das: „Die Kriegerkameradschaft wurde 1952 wiedergegründet. Vorstand war Felix Schlump. Der Jahresbeitrag wurde auf 2 DM festgesetzt.“ Heute beträgt der Jahresbeitrag 12 €.

Die Soldaten- und Schützenkameradschaft
Die Soldaten- und Schützenkameradschaft Arnach (SSK) richtet alljährlich das Gedenken am Volkstrauertag aus. Alfred Rudhart ist seit 1994 Vorstand des Vereins. In aller Regel hält er die Gedenkrede; das Anliegen lautet konsequent: Nie wieder Krieg!

Im Unterschied zu Veteranenvereinen andernorts hat die Soldaten- und Schützenkameradschaft Arnach eine stabile Mitgliedschaft. Derzeit sind es 93 Mitglieder.

Das war nicht immer so. In den 1980er-Jahren war die Zahl der Mitglieder der 1876 gegründeten Kriegerkameradschaft auf 26 abgesunken. Entscheidend für die Belebung des Vereins war die Gründung einer Schützenabteilung. 1982 wurde das unter Leitung von Otto Hierlemann angegangen und unter Gebhard Räth fortgeführt. Auch wurde der Verein für Frauen geöffnet.

Neben Alfred Rudhart sind im Vorstand (alle 2022 wiedergewählt): Peter Schwarz (Kassier), Christian Krug (Schriftführer) und Jürgen Ebenhoch (Schießleiter). Beisitzer sind: Hubert Völkel, Daniel Brzezicha und Benjamin Rudhart. Fähnrich ist Benjamin Rudhart, heuer begleitet von Jürgen Ebenhoch und Ambros Krön. Kassenprüfer ist Gebhard Baumann.

100 Jahre Mahnmal
Der Volkstrauertag 2022 wurde musikalisch gestaltet von der Musikkapelle Arnach unter dem Dirigat von Stefan Braun und vom Kirchenchor Arnach unter der Stabführung von Wolfgang Roth. Wie üblich, wurde in der Kirche die bewegende Schubert-Messe intoniert. Zelebrant war Pater Konrad vom Gottesberg. Die Gedenkrede am Mahnmal hielt Alfred Rudhart. Aus Anlass des 100-jährigen Bestehens des Mahnmals übergab er das Wort an Gerhard Reischmann, der an einzelne Schicksale erinnerte, die sich hinter den 130 in Stein gemeißelten Namen verbergen. Die Gedenkfeier am Mahnmal endete mit dem von der Musikkapelle gespielten „Lied vom guten Kameraden“. Zu der ergreifenden Melodie senkten sich die Fahnen der drei vertretenen Vereine: des Musikvereins, der Feuerwehr und der Soldaten- und Schützenkameradschaft. Dazu wurde Salut geschossen.
Text: Gerhard Reischmann

02VT2022

Im Zentrum die Säule von 1922, an den Flügeln die Erweiterung von 1951. Die Aufnahme entstand am Volkstrauertag des Jahres 2022.
Foto: Gerhard Reischmann

03HistorDas Kriegerdenkmal um 1930 – noch ohne den späteren Zubau. Im Hintergrund die damals schon eingestellte „Adler“-Brauerei.
Quelle: Gemeindearchiv Arnach / Repro: Gebhard Baumann

04Arnach Hitlerheim 3.2.12. mit GefallenennahnmalJPG

Ende Januar / Anfang Februar 2012 wurde das Arnacher Hitler-Heim, ein NS-Dorfgemeinschaftshaus, das Mitte der 1930er-Jahre aus dem Brauereigebäude heraus entwickelt worden war, abgebrochen. In dem außerordentlich ambitionierten Bau, im Dritten Reich offiziell "Heim der Jugend" geheißen, waren nach dem Zweiten Weltkrieg Vertriebene aus den deutschen Ostgebieten untergebracht.
Archivbild (3.2.2012): Gerhard Reischmann

 05Schaffer Gebhard11.11.22

Vorbereitung zum Volkstrauertag 2022: Gebhard Baumann (im Bild) und Alfred Rudhart, Anton Baumann sowie Matthias Grad hatten am 11. November das Denkmal gereinigt und das wuchernde Grün zurückgeschnitten.
Foto: Gerhard Reischmann

07ReliefDas Relief am Fuß des Denkmals. Foto: Gerhard Reischmann

06Volkstrauer 2022 Gerhard Alfred

Am 13. November 2022 sprachen am Mahnmal Alfred Rudhart (rechts) und Gerhard Reischmann. Es wurde an besonders dramatische Schicksale erinnert. So musste die Familie Mahle aus Übendorf vier Opfer des Ersten Weltkrieges und einen Gefallenen im Zweiten Weltkrieg beklagen. Erinnert wurde auch an Arnacher Kriegsopfer, die nicht auf dem Arnacher Denkmal genannt sind: so an Zita Breimeier aus Hünlishofen, die 1944 bei einem Bombenangriff auf Freiburg ihr Leben verlor. Und an Hans Hetzler, Sohn des Pächters der „Adler“-Landwirtschaft. Der Soldatentod des einzigen Sohnes brach den Eltern Hetzler das Herz. Sie gaben den Pachthof auf und zogen weg. Möglicherweise ist Hans Hetzler auf dem Denkmal nicht genannt, weil die Familie evangelisch war.
Erinnert wurde auch an Michael Pyscarczyk und Stefan Oruba. Die beiden polnischen Ziegelwerksarbeiter wurden im Sommer 1945 erschossen im Wurzacher Ried aufgefunden. Sie wurden 23 und 24 Jahre alt. Beigesetzt sind sie auf dem Wurzacher Friedhof. Die Todesumstände sind ungeklärt. Nachgewiesen ist, dass die Gestapo am 18. April 1945 auf dem Ziegelwerksgelände einen Appell durchgeführt hat.
Foto: Margit Reischmann

08Eine größere

„Eine größere Liebe hat niemand ...“ Anfang der Spruchzeile.
Foto: Gerhard Reischmann

09Vereisnmeister

Vereinsmeister 2022 ist Ambros Krön (Bild). Jahresringbester 2022 ist Sebastian Rudhart.
Foto: Alfred Rudhart

10Geburtstagsscheibe

Die von Ambros Krön gestiftete Geburtstagsscheibe hat gewonnen: Hans Duregger.
Foto: Alfred Rudhart

11Schützenkette

Der aktuelle Schützenkönig der SSK Arnach ist Wolfgang Brzezicha (hier mit Schießleiter Jürgen Ebenhoch, links, und Benjamin Rudhart, der als Schreiber der Schützenabteilung fungiert).
Foto: Alfred Rudhart

12OttoOtto Hierlemann wurde aus Anlass seines 80. Geburtstages zum Ehrenmitglied ernannt. Dabei wurden auch seine Verdienste um den Aufbau der Schützenabteilung gewürdigt. Weiter wurden in der Jahreshauptversammlung 2022 zu Ehrenmitgliedern ernannt: Simon Ringer und Rainer Fimpel. Unser Bild zeigt Otto Hierlemann (links) mit Alfred Rudhart, dem Vorstand des Gesamtvereins, der dank der Schützen aktuell keine Existenzsorgen hat.
Foto: Benjamin Rudhart

 

 

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halloRV

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