DBSZ DBSZ BadWurzach 1200v01

Bad Wurzach - Reinhold Mall aus Dietmanns wurde bei der Mitgliederversammlung des gemeinnützigen Vereins Bürgerinitiative Landschaftsschützer Oberschwaben-Allgäu e. V. zum neuen Vorsitzenden gewählt. Er folgt Hans-Joachim Schodlok nach, der aus Altersgründen nicht mehr kandidiert hatte.

Der 82-jährige Schodlok, der den Verein zusammen mit weiteren Mitstreitern (damals schon dabei: Friedrich-Thorsten Müller, Dr. Ute Schmidt-Berger, Dr. Hans Fürst) im Jahre 2010 gegründet hat, wurde zum Ehrenvorsitzenden gewählt und mit dankbarem Beifall verabschiedet. Vorstandsmitglied Friedrich-Thorsten Müller ergriff nach der Ehrung spontan das Wort und würdigte die Leistung Schodloks beim Schutz des Wurzacher Rieds. Dieser habe es beim ersten Anlauf der Windkraft-Projektierer vor gut zehn Jahren erfolgreich geschafft, das landschaftlich so wertvolle Wurzacher Becken von Windkraftanlagen (WKA) freizuhalten. „Dabei ist Achim mutig für die Sache des Landschaftsschutzes eingetreten und hat mit Kompetenz und Kampfgeist Überzeugungsarbeit geleistet.“

Biotop von europäischem Rang
Zuvor hatte der neugewählte Vorsitzende Reinhold Mall einen Rückblick auf die Arbeit von Hans-Joachim Schodlok gegeben und zitierte aus den vielen Schreiben des Gründungsvorsitzenden an Behörden und Entscheider. So hat Schodlok im Jahre 2012 ein 43-seitiges Gutachten zur Schutzwürdigkeit des Wurzacher Beckens aufgesetzt, das mit entscheidend dazu beigetragen habe, dass das Wurzacher Ried, ein Biotop von europäischem Rang, von einer Verschandelung durch WKA für mindestens zehn Jahre verschont geblieben sei (diese Dokumentation ging am 25. 9. 2012 an den Regionalverband Bodensee-Oberschwaben).

Aktuell angedacht: sieben WKA im Wurzacher Becken
Nun aber drohten neue Gefahren für das Wurzacher Becken, führte Mall aus, der mit Verweis auf Geologie sowie Rechtsprechung und amtliche Schreiben die Grenzen des Wurzacher Beckens umriss. „Die neuen Planungen auf dem Ziegelberg bei Humberg (wo drei WKA angedacht sind; Anm. d. Red.) und bei Weitprechts/Metzisweiler (vier WKA projektiert) sind eindeutig innerhalb der Grenzen des Wurzacher Beckens. Hier wird die Schutzwürdigkeit dieser besonderen Landschaft verletzt.“

„Eine einzigartige Landschaft“
Mall verwies in diesem Zusammenhang auch auf das Europa-Diplom, das dem Wurzacher Ried im Jahre 1989 verliehen worden ist, und zitierte aus den Verlängerungszertifikaten. Hier heißt es wörtlich:
„Das Wurzacher Ried und seine bewaldeten Moränenhügel sollen als einzigartige unteilbare Landschaft behandelt und jegliche kurzzeitigen Verunstaltungen oder andauernden Eingriffe vermieden werden.“ (Auszug aus der Verlängerungsurkunde 1999 für das Europadiplom)
„Die Integrität des Gebietes ist durch die Behandlung des Rieds und des Moränenrückens – einschließlich der Hügel der Riss-Eiszeit – als Gesamteinheit zu bewahren. Jedwede Nutzung der Hügel, die die Landschaft verunstalten würde (einschließlich Steinbrüche, große Windräder und Windkraftanlagen, kommerzielle Solaranlagen), sollten verboten werden.“ (Auszug aus der Verlängerungsurkunde 2004)
„...die Integrität der Landschaft rund um das Becken von Bad Wurzach zu erhalten und den Bau technischer Infrastruktur auf den Hügeln und Bergkuppen im Sichtbereich des Wurzacher Riedes zu vermeiden.“ (Auszug aus der Verlängerungsurkunde 2019; Hervorhebung durch die Redaktion)

„Der Schatz der Kurstadt“
Die Mitglieder waren sich einig, dass dieses „Juwel“, wie ein Teilnehmer sagte, für die Menschen von hier und für jene, die hier Erholung suchen, und für die nächste Generation unversehrt erhalten bleiben müsse. „Das Ried ist der Schatz der Kurstadt Bad Wurzach“, sagte ein Teilnehmer, „ein Schatz, den es zu hüten gilt – auch aus touristischen Gründen.“ Es brauche bei aller Windkrafteuphorie in Deutschland auch Räume, in denen der Blick ungestört schweifen könne. „Der Mensch braucht auch Augenweiden.“ Wenn auf den Hügelketten rund um Bad Wurzach „monströse Bauten mit sich bewegenden Krakenarmen“ stünden, dann könne das keinem Kurgast gefallen.

Bewahrung des Vogelparadieses
Ein Teilnehmer ergänzte, dass Bad Wurzach mit dem Rohrsee über ein weiteres Naturphänomen von überragendem Rang verfüge. Ein solches Vogelparadies mit Industrieanlagen zu umstellen, sei ein Unding. Carmen Pöhl, vierfache Mutter, ergänzte, die intakte Natur an die nächste Generation zu übergeben, sei moralische Pflicht.

Der Offene Brief
In seinem Tätigkeitsbericht nannte Reinhold Mall die regelmäßigen Video-Konferenzen mit den Nachbar-Bürgerinitiativen und die Teilnahme an Vor-Ort-Protestaktionen in Aitrach, Vogt und Leutkirch. In der langen Liste der Aktivitäten der vergangenen zwei Jahre findet sich auch der Offene Brief der BI vom 17. 2. 2021 an die Gemeinderäte und Gemeinderätinnen von Bad Wurzach, in dem zum Schutz des Wurzacher Rieds aufgerufen wurde.

Die Wahlen
In der Versammlung am 13. Oktober im „Waldhorn“ in Dietmanns wurden auch die üblichen Vereinsregularien abgehandelt. Nach der Entlastung des bisherigen Vorstandes wurde gewählt. Unter der souveränen Wahlleitung von Dr. Hans Fürst wurde Dr. Carmen Pöhl zur neuen 2. Vorsitzenden – bisher Reinhold Mall – gewählt. Die Kassen- und Mitgliederverwaltung obliegt nach wie vor Friedrich-Thorsten Müller. Gerhard Reischmann übernimmt die Aufgabe des Schriftführers.
Reinhold Mall (68), ein pensionierter Lehrer, der sich mit herausragenden Fotos und Videos zum Ried einen Namen gemacht hat, schloss kurz vor Mitternacht die Versammlung mit dem Dank an die Anwesenden und der Bitte um Unterstützung für seine Arbeit. Man ging gestärkt und neu motiviert auseinander, in der Hoffnung, dass Bad Wurzachs Schatz bewahrt bleiben möge.

Wer bei den Bad Wurzacher Landschaftsschützern mitmachen möchte,
melde sich bei Reinhold Mall (Tel. 07564 / 936078; Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!).

Text: Gerhard Reischmann / Fotos: Reinhold Mall

Transparenzhinweis: Der Berichterstatter ist Mitglied bei der BI Landschaftsschützer Oberschwaben-Allgäu e.V.

 01Sonnenberg bei Friedlings am Morgen des 26. Oktober 2017 7

„Riedsee“: Bodennebel, gesehen vom Sonnenberg bei Friedlings am Morgen des 26. Oktober 2017 (7.14 Uhr)

 02Haidgauer Quellseen

Haidgauer Quellseen

 03Schachtelhalm im Ried

Schachtelhalm im Ried

 04Starenschwarm überm Ried am Abend

Starenschwarm überm Ried am Abend

 05Bodennebel im Hintergrund St Verena gesehen von Friedlings

Bodennebel überm Ried, gesehen von Friedlings (im Hintergrund die Stadtpfarrkirche St. Verena Bad Wurzach)

06Feldkreuz hat unser Fotograf bei Knetzenweiler gesehen.t

Malerisch: Feldkreuz vor schneeüberzuckertem Ried 

07Sonnenberg bei Friedlings Animation wka bei weitprechts

Zukunftsperspektive: So sähe der Blick vom Sonnenberg bei Friedlings aus, wenn bei Weitprechts drei Windkraftanlagen modernen Zuschnitts (Höhe über alles: 250 Meter) stünden. Diese Animation von Reinhold Mall geht von drei WKA aus; projektiert sind derzeit vier Türme.

 

 

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halloRV

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