Bad Wurzach - Zwar mit 10 Tagen Verspätung, weil die Jubilarin kurz vor dem eigentlichen Termin positiv auf Corona getestet wurde, als sie ihre Schwester im Pflegeheim besuchen wollte, aber dennoch war dieser Besuch hochverdient, weil Martha Wild über viele Jahrzehnte eine prägende Figur im Kulturleben der Stadt war.
Mit einem Blumenstrauß, über den sich Martha Wild sehr freute, der obligatorischen Urkunde vom Ministerpräsidenten und dem Jubiläumsbildband zum 70jährigen Bestehen des Landes Baden-Württemberg kam Bürgermeisterin Alexandra Scherer nicht mit leeren Händen. Es wurde ein sehr angeregtes Gespräch mit der geistig absolut fitten Jubilarin, die noch bis vor wenigen Jahren zahlreiche Konzerte organisiert hatte. Musik war schon immer ihr Leben, sagte Martha Wild. Neben der Ehrung für 60 Jahre im Liederkranz wurde sie auch vom Bischof für 60 Jahre im Kirchenchor geehrt.
1932 in Wurzach geboren absolvierte sie 1949/50 die kaufmännische Handelsschule von Maria Rosengarten. Nach ihrem Abschluss wurde sie bei der Stadt Wurzach angestellt, das just in diesem Jahr den Titel „Bad“ erhielt. „Begonnen habe ich in der Stadtkasse, wechselte aber kurz darauf ins Standesamt, wo auch die Fäden des Kurbetriebes – damals angeführt noch vom Kloster Maria Rosengarten, das seit 1936 Moorbäder verabreichte.“
Dann wurde 1960 der Kurbetrieb der Stadt selbstständig und der damalige Bürgermeister Georg Hirth übertrug ihr fürs erste die anfallenden Aufgaben.
„Dieser Arbeitsplatz wurde für mich für 32 Jahre mein schönster: Viel Kontakt mit den Gästen, die das Heilmoor, das Wurzacher Ried überaus schätzten und viele Jahre wiederkamen.“ Auch der Veranstaltungsbereich, insbesondere der musikalische, wurde ihr übertragen und wuchs ihr besonders ans Herz.
Gemeinsam mit dem vor kurzem verstorbenen Pater Paulus Blum organisierte sie die „Bad Wurzacher Residenzkonzerte“ mit vielen Hochkarätern: So kam häufig ein Neffe des berühmten Dirigenten Furtwängler mit seiner Frau, auch die Ehepaare Metzger und Schmalfuß boten außergewöhnliche Duo-Klavierkonzerte. Das Salvatorkolleg trug mit zahlreichen Musical-Inszenierungen wie etwa „Anatevka“ zum Veranstaltungskalender bei.
Kaum jemand wisse noch, dass Bad Wurzach in den 60er und frühen 70er Jahren eine vierköpfige Kurkapelle unter der Leitung von Albert Fitz hatte, nach der Gemeindereform wurden die Konzerte dann von den Musikkapellen der Ortschaften bestritten.
Im Jahre 1978 stellte unter dem damaligen Stadtpfarrer Rupp den haupamtlichen Kirchenmusiker Josef Fleschhut an, der einiges zu den Residenzkonzerten beitrug, etwa das Weihnachtsoratorium von Bach (mit Kirchenchor, Singkreis Leutkirch, Solisten und Orchester), aber auch mit Werken des Wurzacher Komponisten Franz Xaver Schnizer. Die Professoren Franz Lehrndorfer (München) und Alexander Sumski (Tübingen) machten sich dabei um die Forschungen aus Schwäbischen Klöstern (u.a. zu Schnizer) sehr verdient.
Josef Fleschhut, dem sie zeitlebens (er starb 2016) in Freundschaft verbunden war, bereicherte gemeinsam mit dem Trompeter Josef Angele, ab 1989 gemeinsam mit Hermann Ulmschneider und Tobias Zinser lange Jahre mit einem Abschlusskonzert in einer der schönen Oberschwäbischen Barockkirchen die von Diakon Johannes Schmidt organisierten Kunstfahrten der Kurseelsorge.
Später, Anfang der 1990er Jahre nahm sie den damals kaum deutsch sprechenden Konzertpianisten Valerij Petasch unter ihre Fittiche, einen Chopin-Experten großen Formats. Dieser hatte den damals amtierenden und musikalischen Bürgermeister Helmuth Morczinietz so beeindruckt, dass er sie bat, für Petasch Konzerte zu organisieren.
Neben ihren musikalischen Aktivitäten gehörte Martha Wild aber auch zu den Gründungsmitgliedern des Partnerschaftsvereines und war lange Jahre beim Wanderverein Schriftführerin.
Ganz besonders hat sich Martha Wild über das wunderschöne Ständchen an ihrem Geburtstag gefreut, das ihr Hermann Ulmschneider gemeinsam mit seinen Söhnen Felix und Moritz auch im Namen von Tobias Zinser vor ihrem Haus gespiel
Bericht und Bilder Uli Gresser