Bad Wurzach - Es war vieles, was die neun ehemaligen Schülerinnen des Jahrgangs 1972-74 der von den Armen Schulschwestern betriebene Hauswirtschaftsschule gelernt haben, aber ganz besonders Gemeinsinn und Zusammenhalt – Stärken, die sie viele Schicksalsschläge in ihrem Leben unerschütterlich überwinden ließen.
Die neun Damen, die sich jetzt im Café Hager zum Frühstück trafen und die vor genau fünfzig Jahren aus verschiedenen Gründen in die „harte, aber gerechte“ Schule der Schwestern kamen, hatten in all den Jahren, die seitdem vergangen sind niemals den Kontakt zueinander verloren. Ein Zeichen dafür, dass die Gemeinschaft – damals wie heute – absolut intakt war und ist.
Man stelle sich vor, 14-15jährige Mädchen würden heute in einem Sechser- Zimmer untergebracht, müssten jeden Morgen – durch einen Glockenschlag geweckt – noch vor dem Frühstück ihr Zimmer „moppen“ und selbstverständlich ihre Betten mit derart akkuraten Kanten machen, so dass sie aussehen wie Pakete.
Undenkbar?! Genau diese harten Regeln mussten sie sich damals unterwerfen.
Thekla, eine der Organisatorinnen dieses Treffens erzählt: „Einen derartigen Zusammenhalt und eine solche Gemeinschaft habe ich seitdem nicht wieder erlebt.“ Was sie beigebracht bekamen waren hauswirtschaftliche Tätigkeiten mit einem einfachen Standard, was aber ihre Kreativität enorm förderte.
Da es damals neben den Schwestern auch viele Kurgäste im Haus gab war ihre Ausbildung sehr universell: Sie mussten alle schwer arbeiten, egal ob in der Großküche, Kleinküche, in der Waschküche der beim Brot backen, ja selbst bei der Herstellung eigener Wurstwaren mussten die 18 Mädchen des Kurses mit anpacken. Und natürlich wurden sie als Zimmermädchen und als Bedienung für die Gäste im Speisesaal mit eingesetzt.
Beim Rundgang durch das historische Gebäude erinnerten sie sich angesichts des historischen Treppenhauses, wie sie dieses auf den Knien rutschend putzen durften.
Theresia die nach ihre Schulzeit viel herumgekommen ist, sagt was die anderen bestätigen: „Wir haben dort gelernt, den Anderen zu akzeptieren wie er ist und ihm Empathie entgegen zu bringen.“ Sabine, die nach dem Tod ihrer Eltern von ihrer Stiefmutter ins Internat geschickt wurde, sagt über ihre Mitschülerinnen: „Das waren meine Geschwister.“
Nicht fehlen durften natürlich in dem Kloster regelmäßiges gemeinsames Beten und Gottesdienste, was sie aber nicht daran hinderte allen Lastern die Mädchen ihres Alters eben so nachgehen zu frönen: „Rauchen, mit Kerlen Knutschen (mit den „Schlösslern“ wurde per Lichtzeichen kommuniziert) und noch vieles mehr, was eigentlich verboten war.
Brigitte erinnert sich zu diesem Thema an ihren allerersten Spaziergang im Ried, den die Mädchen mit schwesterlicher Vor- und Nachhut in Zweierreihen absolvieren durften: „Mädchen schlagt die Augen nieder, es geht ein junger Mann vorüber,“ wurde in der Gruppe zum geflügelten Wort.
Brigitte, die noch in der Großgemeinde wohnt, war damals die Brävste. Und als solche musste sie, wenn die Mädchen ihren freien Tag hatten und sich mit den Schlösslern im „Bertele“ trafen, Schmiere stehen, damit sie keine der Schwestern überraschen konnte.
Noch einmal Thekla: „Ich glaube diese Strenge hat unsere Stärke gefördert, auch schwere Schicksalsschläge im Leben aushalten zu können.“ Für sie persönlich war dies so prägend, dass sie im sozialen Bereich tätig war und später auch in der Sterbebegleitung. „Die zwei Jahre waren halt ein Crashkurs fürs Leben.“
Damit die Schülerinnen ja nicht zu sehr mit dem Leben „draußen“ in Berührung kamen, hatten die Schwestern einen eigenen, etwas provisorischen Raum eingerichtet, unweit des St. Verena Kindergartens, wo die Schülerinnen dann ihren Berufsschulunterricht erhielten.
Ein besonderes Fest war immer nach der Kartoffellese, die richtig anstrengend war, die Kartoffelparty: Dort durften sie dann, die besonderen Häppchen, die sie (als Lehrinhalt!) erst einmal zubereiten durften, dann auch selbst verspeisen. Apropos Essen: Weil Sie ja auch für die Gäste und Schwestern kochten und damit das gleiche Essen bekamen, bestand in dieser Hinsicht kein Grund zur Klage.
Brigitte ist noch gut in Erinnerung geblieben, wie im Aufenthaltsraum Schwestern (natürlich in ihrer Tracht), Gäste und sie als Schülerinnen bei der Fußball WM 1974 den siegreichen deutschen Kickern vor einem für heutige Verhältnisse winzigen Fernseher zujubelten.
Auch wenn es eine harte Schule war, durch die sie da gehen mussten: Die Erfahrungen, die sie da fürs Leben machten – und darin sind und waren sich alle einig – haben sie wirklich fürs Leben gerüstet.
Bericht und Bilder Ulrich Gresser
Bild: Neun der 18 ehemaligen Hauswirtschaftschülerinnen des Jahrgangs 1972 in Maria Rosengarten trafen sich anlässlich ihrer 50jährigen Einschulung und schauten sich dabei auch die bis 2017 restaurierten Räume des ehemaligen Klosters an