Bad Waldsee - Die Baukosten explodieren. Diese Erfahrung macht jetzt die Stadt Bad Waldsee am eigenen Leib. Gleich drei aktuelle (Groß-)Baumaßnahmen in Kernstadt und Ortschaften sind betroffen: einmal der Erweiterungsbau für die Verwaltung in der Hauptstraße und zum anderen der Neubau der Kindergärten in Haisterkirch und Reute.
Insgesamt summieren sich die Mehrkosten auf annähernd eine Million Euro. Der Gemeinderat nahm die Neuberechnung von Bauamtschef Andreas Heine in seiner Sitzung am Montag ohne große Diskussion zur Kenntnis und stimmte den Mehrausgaben zu.
Die Kostensteigerung liegt in allen drei Fällen zwischen etwa zehn und zwölf Prozent. 290 000 Euro (zwölf Prozent) sind es beim Verwaltungsbau in der Hauptstraße, der nun rund 3,9 Millionen Euro kosten wird und damit 8,6 Prozent über dem vom Gemeinderat vor zweieinhalb Jahren beschlossenen „Kostendeckel“ von 3,6 Millionen Euro liegt.
Beim Kindergartenbau in Haisterkirch mussten die Gemeinderäte ein Plus von 345 000 Euro (zwölf Prozent) zur Kenntnis nehmen, in Reute von 275 000 Euro (zehn Prozent). Damit belaufen sich die Kosten für den Erweiterungsbau der Kinderbetreuung in Haisterkirch jetzt auf 3,150, für den Neubau in Reute auf 3,075 Millionen Euro. Die Kostenschätzung von 2019/2020 war jeweils von rund 2,8 Millionen Euro ausgegangen.
Für die Kostensteigerung macht Andreas Heine zuvorderst die „angespannte Lage auf dem Markt für Bauleistungen“ verantwortlich, wie er wortgleich in den Sitzungsvorlagen zu den drei Maßnahmen schreibt. Das Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage erzeuge seit Längerem eine Preisspirale. Im Unterschied nämlich zu anderen Wirtschaftszweigen sei die Baubranche in Corona-Zeiten bis obenhin ausgelastet gewesen. Hinzu kamen auf Grund geschlossener Grenzen teilweise extreme Lieferengpässe. Besonders betroffen waren Zimmerer- und Holzbauarbeiten, die teilweise um bis zu 50 Prozent teurer wurden.
Das ist wird auch offiziell bestätigt. So hat das Statistische Bundesamt zwischen August 2020 und August 2021 im Hochbau eine durchschnittliche Kostensteigerung von 12,6 Prozent ermittelt, der höchste Anstieg seit mehr als 50 Jahren. Damals, im November 1970, waren die Baupreise um gut 13 Prozent geklettert.
Damit waren die wesentlichen Gründe für die Kostensteigerung der drei Waldseer Vorhaben genannt. Das Gremium winkte die Mehrausgaben denn auch ohne große Diskussionen durch. Lediglich Franz Daiber (FW) scherte in einem Fall aus der Reihe. Er verlas vor der Abstimmung eine kurze Erklärung, wonach er „schon immer“ gegen den Verwaltungs-Neubau in der Hauptstraße war und deshalb jetzt auch den nötigen Mehrausgaben seine Zustimmung versage.
Stadtrat Lorinser empfahl, in der aktuellen Situation „keine neuen Projekte zu beginnen“, sondern nur „das Notwendige durchzuziehen“; die Pflicht komme schließlich vor der Kür, so der CDU-Mann und Bänker. Grünen-Kollege Kirn brach eine Lanze für Ökologie und Klimaschutz. Er will trotz aller Widrigkeiten und Kostensteigerungen „nachhaltig bauen“. Andreas Heine sieht darin nicht zwangsläufig einen Widerspruch.
Der Chef des Fachbereichs Bauen und Stadtentwicklung zieht aus der Misere vor allem eine Konsequenz: „Wir müssen bei allen zukünftigen Baumaßnahmen der Stadt Bad Waldsee die aktuelle Lage in der Baubranche wie auch die geopolitischen Verhältnisse genau beobachten und die Kostenschätzungen einkalkulieren.“ Dazu gehören auch die im Freibad angedachten Neuerungen: „Alles, was noch nicht begonnen wurde, kann noch auf den Prüfstand.“
Bericht: Michael Kaiser
Der im Bau befindliche Kindergartenanbau in Haisterkirch. Foto: Rudi Martin
Das auf der Seeseite des ehemaligen Finanzamtes im Bau befindliche Verwaltungsgebäude. Foto: Rudi Martin