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Reute-Gaisbeuren - Seit vielen Jahren recherchiert der ehemalige Geschichtslehrer Alfred Weißhaupt, Gaisbeuren die unselige Zeit zum Kriegsende 1945 der Ortschaften Reute und Gaisbeuren. Dabei diente ihm die Pfarrchronik vom damaligen Pfarrer Eugen Schmidt als wichtige Quelle. Doch er beschränkte sich nicht nur auf diese Einträge, er besuchte im letzten Jahrzehnt viele Zeitzeugen.

Zusammen mit interessantem Bildmaterial dokumentierte Weißhaupt die Erinnerungen dieser Frauen und Männer. Eine davon ist Elisabeth Fuchs, geborene Schwarzkopf (Jahrgang 1918) aus Arisheim. Sowohl geistig wie auch körperlich noch erstaunlich fit, lebt sie seit ein paar Jahren in einem Pflegeheim in Bad Wurzach. Ihre Erzählungen vom Einmarsch der Franzosen in Arisheim zeigten keinerlei Erinnerungslücken, sie hörten sich an wie ein düsterer Roman:
„Ende des Krieges marschierten auch hier in Arisheim die Franzosen ein. Kurz vor Mittag, wir waren fast fertig mit dem Kochen, stand ein Offizier unter der Türe und kündigte an, dass das gekochte Mittagessen um 12 Uhr von den Franzosen verzehrt werde. So geschah es dann auch“.

Doch es kam noch viel Schlimmer: „Im Obergeschoß lebte meine Kusine, die mit ihrem fünf Kindern aus Königsberg geflohen war. Diese wurde in den ersten Tagen von drei Marokkanern überfallen. Es waren riesengroße schwarze Kerle und Magda wurde von ihnen nachts vergewaltigt. Wir haben unten auf dem Hof nichts davon mitbekommen. Erst am anderen Morgen kam sie völlig durcheinander zu uns herunter.

Später kam auch ein Bauer aus dem Elsass in unseren Stall und suchte sich die besten fünf Kühe aus, diese nahm er mit nach Frankreich. Mir gegenüber bemerkte er, ich sei ja vielleicht etwas für seinen Sohn. Das war wohl die größte Unverschämtheit, ich fühlte mich auf einer Stufe mit den schönen Kühen“.

Max Schmidberger aus Ankenreute - selbst schwer verwundet - berichtete von seinem Bruder Eugen, welcher am 14. Mai 1945 noch für zwei Jahre in die französische Gefangenschaft abtransportiert wurde.

Rosmarie Störk geb. König erinnert sich an das Kriegsende in Gaisbeuren: „Die Franzosen fuhren Ende April 1945 mit 50 Panzern in Gaisbeuren ein. Die Soldaten kamen in unser Haus, jagten uns hinaus und beschlagnahmten die Räume für sich. Wir - das waren meine Mutter, meine beiden Schwestern, Frau Reuter mit ihrem Baby und ich - mussten bei unseren Nachbarn Geyer auf dem Fußboden schlafen. Außerdem auch noch unsere Großmutter, die an Demenz litt und ebenfalls mit uns zusammen auf dem Boden übernachten musste.

Hans Arzenbacher war kurze Zeit in englischer Gefangenschaft. Ein besonderes Ereignis hatte er am 27. Oktober 1949 am Bahnhof Durlesbach: „Als ich wie jeden Morgen nach Ravensburg zur Arbeit fahren wollte, kam mir ein magerer Mann in zerlumpter Kleidung entgegen. Ich erkannte ihn kaum, doch es war Josef Göser aus Reute (Gösers Jupp), der nach langer russischer Gefangenschaft heimkehrte“.

Pfarrer Eugen Schmidt wurde in der Nazizeit des Öfteren durch die Gestapo verhört, auch wurde er wegen seinen mutigen Predigten über das Unrecht des Krieges mehrmals inhaftiert.

Das Kloster der Franziskanerinnen wurde schon im Jahre 1940 von der NS beschlagnahmt und zu einem Internierungslager umfunktioniert. Schwester Theopista: „Eine unglaublich schlimme Zeit für unseren Orden. Am schmerzlichsten war der Zustand unserer Konventskapelle. Als Blickfang stand das Führerbild Adolf Hiltler auf dem Altar“. In der Belagerungszeit flüchteten viele Mädchen und Frauen der Ortschaft aus Furcht vor Vergewaltigungen in das Kloster.

Konstantin Eisele und Franz Zembrot von der „Solidarischen Gemeinde“ hatten diesen Vortrag schon vor 2 Jahren geplant, doch wegen Corona konnte er erst jetzt abgehalten werden. Beinahe 100 Personen hörten sehr nachdenklich den Worten von Weisshaupt zu.

 

Bericht und Bilder Rudi Heilig

 

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