Bad Waldsee/Haisterkirch - Jetzt soll es mit der Sanierung der Kapelle Osterhofen plötzlich ganz schnell gehen. Rathausspitze, Kirche und Förderverein haben ein Modell gefunden, das die aus heutiger Sicht etwa 700 000 Euro teure Maßnahme fast schon elegant und unter Ausnutzung der höchst möglichen Fördermittel über die Bühne bringt. Den ersten Schritt machte Waldsees Gemeinderat in seiner Sitzung am Montagabend.
Danach werden Renovierung und Unterhalt der Kapelle auf den Förderverein übertragen, der wiederum auf seiner Hauptversammlung am 21. April den nächsten Schritt tun und die nötige Satzungsänderung beschließen soll.
Nach einer solchen Lösung hatte es lange Zeit nicht ausgesehen, im Gegenteil. Das Tischtuch zwischen bürgerlicher und kirchlicher Gemeinde schien zerschnitten, als Thomas Manz sich in der Endphase der Ära Weinschenk ungewöhnlich deutlich positionierte und der Kirchengemeinde das Streitobjekt für einen Euro vermachen wollte. Die damals zur Diskussion stehenden 500 000 Euro hätte der Erste Beigeordnete lieber in die Digitalisierung der Waldseer Schulen gesteckt.
Das Statement rief den Waldseer Pfarrer Stefan Werner auf den Plan. In einer scharfen Replik widersprach der katholische Geistliche und mutmaßte, Manz genieße in der Stadt „Narrenfreiheit“. Die „dramatisch hinausposaunte halbe Million“ entspreche „keinerlei Fakten“ . Auch manche Gläubige hatten Manz‘ Wortwahl als Provokation empfunden. In Bad Waldsee wird noch heute spekuliert, dass Werners Einrede und die massive Kritik aus der Bürgerschaft den Entschluss von Manz, nach 16 Jahren nicht mehr für das Amt des Ersten Beigeordneten zu kandidieren, womöglich entscheidend beeinflusst hat.
Nun haben sich die Wogen geglättet. Die neue Rathausspitze samt Ortschaftsverwaltung, dazu die katholische Kirchenpflege und der 2020 gegründete Kapellen-Förderverein, nahmen den Gesprächsfaden wieder auf. Dabei stellte sich schnell heraus, dass private Einrichtungen, also auch der Förderverein, mit einem Zuschuss von 50 Prozent für die Sanierung rechnen können, Kommunen dagegen nur mit 33. Allerdings muss der Verein im Gegenzug dann auch mindesten zehn Jahre für den Unterhalt des Gebäudes gerade stehen.
Eigentümerin des denkmalgeschützten Kirchleins ist die Stadt. Aufgrund ihres maroden Zustandes ist die Kapelle seit Jahren für die Öffentlichkeit nicht zugänglich.
Das könnte sich wieder ändern – wenn der Förderverein mitzieht und in seiner Hauptversammlung Ende April der nötigen Satzungsänderung zustimmt. Die Voraussetzung zur Übertragung von Restaurierung und Unterhaltspflicht hat der Gemeinderat am Montag geschaffen. Nun gilt es, mit den Förderstellen, insbesondere der Denkmalpflege, die genaue Höhe des Zuschusses zu klären.
Dass die Entscheidung einstimmig fiel und sich fast schon Euphorie im Gremium breit machte, hat auch mit einem Bonbon zu tun, das die Verwaltung in ihrer Sitzungsvorlage offerierte. Denn die Osterhofer Kapelle soll nach ihrer Restaurierung für die interessierte Allgemeinheit geöffnet werden und „außer für kirchliche Zwecke auch für kulturelle und öffentliche Angebote zur Verfügung stehen“.
OB Matthias Henne sprach in diesem Zusammenhang von einer „breiten Nutzung“ und ermunterte dazu, dass „wir uns gemeinsam auf den Weg machen“. FWV-Stadträtin Bernadette Behr bezeichnete das Zusammenwirken von Stadt, Kirche und Förderverein als „vorbildlich“ und bezeichnete die „Öffnung der Kirche“ als „ganz symbolhaften Schritt. Ähnlich auch Rita König (SPD), die sich schon auf ein „übergreifendes kulturelles und spirituelles Angebot“ im Haistergau freut.
Oskar Bohner von den Freien Wählern ist, ebenso wie Ortsvorsteherin und CDU-Rätin Rosa Eisele, guten Mutes, dass das ehrgeizige Unterfangen Erfolg hat – schließlich „helfen im Ort alle zusammen“. Für Bohner ist das Osterhofer Kirchlein schlicht eine „Kapelle mit besonderem Schmackes“.
Michael Kaiser