Bad Waldsee - Ein hübscher Flyer machte Appetit, ein dicht gedrängter Zeitplan Kopfzerbrechen und als dann noch die Sonne rauskam, war nichts als Lust und gute Laune. Ein Sonntag wie aus dem Bilderbuch, um das vielseitige Spektrum der Waldseer Kunstszene zu genießen und dem einen oder anderen Geschäft einen Besuch abzustatten.
Ein bisschen abseits das Seenema. Karl J. Schaefer führt durch seine Ausstellung. An der Wand ein Bild mit vielen dicken, blauen Linien. Das ist Ravensburg, erklärt er. Die Verkehrsführung. Die Stadt wächst immer weiter. Das Gewirr der Altstadtstraßen. Die Ortsautobahn. Und die dünne gelbe Linie, die Bahn. Bahntrassen verlaufen immer so gerade. Ich kann einen Stadtplan aufschlagen und darin spazieren gehen.
Kunst und Kaffeeklatsch im Friseursalon. Am meisten machte mich der Kaffeeklatsch an. Und ich wurde auch nicht enttäuscht. Weder vom Kaffee, zu dem es ein Stückchen selbst gebackenen Kuchen gab noch von dem, was an den Wänden hing. Marion Piller arbeitet unorthodox mit Wachs, Marmorstaub, macht in ihren Bildern Ritzungen, so dass die Bilder auch einen räumlichen, dreidimensionalen Ausdruck haben. Und durchaus erschwinglich sind: Die Kleinformate sind schon ab einem zweistelligen Euro-Betrag zu haben. Dem „Kaffeeassistenten“ hatte ich für den Nachmittag ein Bier versprochen, hat leider nicht gereicht. Tut mir leid.
Ganz im Banne des Magiers. Wo ist die dritte Kugel? Klar, dass er sie aus der Jackentasche des Jungen zog, der den Gaukeleien gebannt folgte. Drei Rote Kugeln verschwanden in der Hand des Magiers. Wie schwer ist wohl die Zauberei, fragte er. Und ließ aus der Hand, in der die Zuschaauer doch die drei roten Kugeln wussten, eine schwere, silberne auf den Tisch plumpsen. Wie hat er das nur wieder angestellt.
Beim Kultursonntag gab’s nicht nur auf die Augen, sondern auch jede Menge auf die Ohren. Viktoria Ulrich gab ihre humoristischen Gedichte zum besten. Das Publikum konnte sich an ihren Abenteuern mit dem Staubsauger und den Flöhen erheitern. Ein bisschen Loriot ist überall.
Martina Valentiens „Wertschöpfung“ im Schuhhaus Geiger, die Künstlerin und ihre Freundinnen davor.
Auf der Hochstatt dann Musik. Die Flaneure drängelten sich vor Crepes und Wurststand. Am Csardas gönnte man sich schon das eine oder andere Weizen.
Die Wurzacher Straße wieder ganz besonders dekoriert. Große rote Tulpen aus Holz, filigrane Gestecke auf hübschen Ständern.
Mehr Kommerz als Kunst? Maikel Auer, frisch gekürter Mitobmann des Waldseer HGV, war sehr zufrieden mit dem Tag. Die Leute waren in Kauflaune. Jeder freute sich, dass er mal wieder ohne Maske in die Geschäfte gehen konnte. Ja auch der Umsatz ist zufriedenstellend. Er wünscht sich noch mehr solche Events und lobt die gute Zusammenarbeit aller Beteiligten.
Geballte Kunst im Kreuzgang des ehemaligen Franziskanerklosters und zukünftiger Verwaltungsheimat. Skulpturen und Malerei gleich von fünf ortsansässigen Künstlern. In der ruhigen Atmosphäre konnte man sich ganz in die Betrachtung versenken. So wie vor Jahrhunderten die Mönche in ihre Stundengebete.
Ein Lyriker, Fotograf, ein ruhiger, tief denkender Mensch ist Wolfgang Mach. Einen besseren Moderator für Waldseer Schriftsteller hätte man sich nicht wünschen können. Mit einfühlsamen Worten führte er in die Werke der Vortragenden ein. Und hatte mit Emil Kaphegyi ein Urgestein der Waldseer Szene für die Bühne gewonnen.
„Lass mal sehen, was hast du denn da!“ Schnell war die Tragetasche ausgepackt, die Schachtel entdeckelt. Darinnen hübsche Sandalen mit einer gelben Lederschlaufe. „Davon hast du doch schon hundert Paar daheim“. Mann wird nie verstehen, warum Frau gerade dieses Paar braucht.
Erwin Linder