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Bad Waldsee - Am vergangenen Donnerstag, 21.9., war Staatssekretär Dr. Baumann vom Umweltministerium Baden-Württemberg im Rahmen einer Veranstaltungsreihe des Landesverbandes der Grünen zu Gast in der Bad Waldseer Bauernschule. Thema der Veranstaltung war „Landwirtschaft zwischen Energiegewinnung und Lebensmittelerzeugung“.

Ivanka Seitz, Leiterin der Bauernschule Bad Waldsee, begrüßte die Gäste und machte dabei auch kräftig Werbung für ihre Schule „Wir haben jetzt auch ein Fachseminar Bodenfruchtbarkeit“, das passe sehr gut zum Thema.

Petra Krebs, grüne Landtagsabgeordnete des Wahlkreises Wangen, freute sich, dass sich so viele Mandatsträger aus den Kreisverbänden, Kreis- und Gemeinderäten eingefunden hatten.

Ein Mann der Praxis
Hubert Bernhard, Obstbauer aus Kressbronn am Bodensee, war erster Referent. Der vielfach ehrenamtlich engagierte Landwirt, der am Bodensee auf 65 Hektar Äpfel, auf 23 ha Hopfen und auf 6,5 ha Erdbeeren produziert und 80 Saisonarbeitskräfte beschäftigt, gehört zu den PV-Pionieren im Obstbau. Über einem Teil seiner Apfelplantage installierte er eine Photovoltaik-Anlage. Die Idee dafür, so Bernhard, sei über das Volksbegehren „Rettet die Biene“ gekommen. Seine Flächen liegen zu 90 % im Landschaftsschutzgebiet und es stellte sich die Frage nach alternativer Flächennutzung.

Die Inbetriebnahme der Anlage war im Mai 2022. Nach einem Jahr zieht der Landwirt eine sehr positive Bilanz. Der betriebliche Nutzen liegt in der Stromproduktion und im Hagelschutz. Außerdem ist es in Frostnächten unter der PV-Anlage ein paar Grad wärmer. „Minus drei Grad und null Grad Celsius sind der Unterschied zwischen Ausfall und Ernte“, sagt Bernhard. Wenn es sehr heiß ist, wirkt die PV-Anlage wie eine Schattierung. Er braucht weniger Wasser, weil die Bäume nicht so viel verdunsten und er spart bis zu 75 % Pflanzenschutz.

Ertrag und Qualität der Äpfel seien gleich gut wie bei der Vergleichsgruppe ohne PV-Anlage. Insgesamt, so meint Bernhard, ein gelungenes Experiment. Auch die Akzeptanz der PV-Anlage in der Bevölkerung sei hoch, da sie sich optisch nicht wesentlich von den Netzen unterscheidet, mit denen die Obstplantagen geschützt werden.

Ebenfalls ein Mann der Praxis
Walter Göppel von der Energieagentur Ravensburg informierte über den Stand der Erneuerbaren Energien im Kreis Ravensburg. Im Kreis gibt es 39 Städte und Kommunen. Davon sind 23 Klimaschutzkommunen, von denen wiederum sechs den EEA-Award in Gold erworben haben. Es gibt schon 35 Nah- und Teilwärmenetze, weitere seien in Planung. 17 Kommunen beschäftigen sich mit der kommunalen Wärmeplanung und es gibt zwei Bioenergiedörfer.

Göppel gab auch einen Ausblick auf das technische Potenzial für PV-Anlagen im Kreis Ravensburg. Bei Ausschöpfung aller möglichen Flächen für PV könnte der Kreis seinen Strombedarf mehrfach decken.

Anders sieht es aus bei der Wärmeerzeugung im Landkreis. Über 80 % der Heizenergie wird fossil erzeugt. Bernhard: „Hier liegt der Schlüssel für die Energiewende.“ Seine Empfehlung: „Jetzt dämmen, die Preise für Dämmstoffe sind deutlich gefallen.“

Was die Politik sagt
Staatsekretär Dr. Baumann hob darauf ab, dass wir in der Zukunft wesentlich mehr Strom brauchen würden. Zu den jetzigen Verbrauchern kämen noch das Fahren und das Heizen hinzu. Wenn die südlichen Bundesländer nicht mehr erneuerbaren Strom erzeugten, sieht er die Gefahr von zwei Strompreisen in Deutschland. Einen niedrigeren im Norden und einen höheren im Süden.

Süddeutschland ist das industrielle Herz Deutschlands, so Bernhard, und wir können uns hier nicht abhängen lassen. Deshalb arbeiten auch Baden-Württemberg und Bayern eng zusammen, um die zwei Strompreiszonen nicht entstehen zu lassen.

Für Windenergie sind 1,8 % der Landesfläche vorgesehen, für PV 0,2 %. Jetzt müssen die Regionen liefern, so der Umweltstaatssekretär. Der Windkraftausbau kommt. Die Versiegelung pro Windkraftanlage betrage nur ca. 1 ha. Unter einem Windrad könne man gut Mais und Getreide anbauen. Um die gleiche Menge elektrische Energie zu erzeugen, bräuchten Biogasanlagen eine Anbaufläche von 137.000 Hektar gegenüber 16.000 Hektar für PV-Anlagen.

Für Landwirte und andere Grundbesitzer kann die Verpachtung einer Fläche für Windkraftanklagen interessant sein. Pro Windrad können bis zu 135.000 Euro Pacht pro Jahr erzielt werden. Kommunen und damit die Bewohner der Gemeinden könnten so direkt von der Windkraft profitieren. Das Land gehe mit guten Beispiel voran, indem es Flächen in Staatsforsten verpachtet.

Robert Kasperan vom Grünen Kreisvorstand Wangen moderierte die an chließende Diskussionsrunde.
Text und Fotos: Erwin Linder

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Ivanka Seitz, Leiterin der Schwäbischen Bauernschule, und Umweltstaatssekretär Dr. Baumann

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Klaus Häring-Becker (Grünen-Kreisvorstand Wangen)

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Walter Göppel., Geschäftsführer der Energieagentur Ravensburg.

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Munteres Fachgespräch (von links): Robert Kasperan, Grünen-Kreisvorstand Wangen; Walter Göppel; Dr. Andre Baumann; Hubert Bernhard.

 

 

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halloRV

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