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Bad Waldsee / Bad Wurzach - Die Busunternehmer stehen mit dem Rücken zur Wand. Müller aus Bad Waldsee, Ehrmann aus Bad Wurzach, Bühler aus Wilhelmsdorf, Sohler aus Wangen und Grabherr aus Waldburg, alle Mitglieder im WBO, Verband baden-württembergischer Omnibusunternehmen, informierten am Mittwoch, 6. September, in Bad Waldsee über die Probleme in ihrer Branche. Und die sind nicht klein. Unser Reporter Erwin Linder nennt in seinem Bericht die Argumente der Bus-Unternehmer.

„Am Montagmorgen sitzen wir Unternehmer alle hinter dem Steuer eines unserer Busse, damit wir die Kinder rechtzeitig zur Schule bringe können“, so Christof Bühler. „Dabei haben wir als Unternehmer wirklich andere Aufgaben als selbst zu fahren. Aber da sieht man, wie kurz unsere Personaldecke ist. Und wenn dann noch einer ausfällt, gibt’s kein Backup mehr“

Alleine in Baden-Württemberg fehlen aktuell 2500 Busfahrer
Der demografische Wandel trifft alle Branchen. Die „Boomer-Generation“ geht langsam in Rente. Einfach zum Nachrechnen: In den Boomer-Zeiten kamen pro Jahr ca. 1,3 Millionen Babys in Deutschland zur Welt. Nach dem „Pillenknick“ ab ca. 1965 halbierte sich diese Rate beinahe auf ca. 750.000 Neugeborene pro Jahr. Kein Wunder, dass uns jetzt die Arbeitskräfte an allen Ecken und Enden fehlen.

Was es für die Busunternehmer besonders schwierig macht, Fahrer für ihre Busse zu finden, liegt aber nicht nur an dem Mangel an Arbeitskräften insgesamt. Hohe bürokratische Hürden stehen vor dem Erwerb eines Busführerscheines in Deutschland. „Hier kostet ein Busführerschein zwischen 10.000 und 12.500 Euro und die Ausbildung dauert sechs Monate. Wenn wir einen Bewerber finden und ihm auch die Ausbildung finanzieren, müssen wir ihn noch dieses halbe Jahr anstellen und mit anderen Tätigkeiten im Betrieb beschäftigen. Das kostet uns alles extra“, so die Unternehmer.

Zum Vergleich: In Österreich kostet die Ausbildung zum Busfahrer etwa 2500 Euro. Jetzt kann aber ein Deutscher nicht einfach über die Grenze pendeln und in Österreich seinen Führerschein machen. Denn der Führerscheinerwerb ist wohnortgebunden.

„Ausländische Führerscheine schneller anerkennen“
Unter den Geflüchteten, vor allem aus der Ukraine, gäbe es viele Busfahrer. „Das sind Leute, die haben schon jahrelang Busse gefahren, sicher und zuverlässig. Die könnten bei uns sofort anfangen. Aber es dauert halt oft viel zu lange, bis die Qualifikationen anerkannt werden.“

Ja, die Mitarbeiter in den Führerscheinstellen machen, was sie können. Aber die haben eben auch zuwenig Leute und da bleibt einfach das eine oder andere auf der Strecke.

Keine Verkehrswende ohne Qualitäts-Busverkehr
Soll die Verkehrswende, also weg vom Individual- und hin zum ÖPNV, gelingen, muss dieser hohe Qualitätsstandards anbieten. Qualität im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), das heißt: Genügend Linien, gute Anschlüsse, geringe Wartezeiten und gepflegte Fahrzeuge. Das kostet Geld.

Für die Organisation des ÖPNV sind die Landkreise zuständig. Und diese schreiben die gewünschten Beförderungsleistungen aus. Das wichtigste Vergabe-Kriterium in der Ausschreibung ist der Preis. Dann geht das einfach zu Lasten der Qualität. Heißt: Die Verkehrswende bleibt stecken, weil es zuwenig Linien, Anschlüsse und zu lange Wartezeiten gibt.

Die Busunternehmen setzen alles daran, was sie können, damit es nicht zu einer Ausdünnung der Fahrpläne kommt und damit sie die Kinder pünktlich in die Schule bringen. Aber sie sind auch Unternehmer, bei denen unterm Strich die Rechnung stimmen muss.

Vorschlag: Gestaffelte Schulanfangszeiten
Warum müssen alle Kinder gleichzeitig in der Schule sein? Den Kleinen würde eine Stunde Schlaf am Morgen auch guttun. Und der morgendliche Stoßverkehr wäre entzerrt. Das bedeutet: Weniger Fahrzeuge, weniger Fahrer, weniger Umweltbelastung. Es liegt laut Bus-Unternehmer im Gestaltungsbereich der Schulleiter, ob die Staffelung eingeführt werden kann oder nicht.

Engpässe im Gelegenheitsverkehr
Die Narrenzünfte bekommen es schon seit einiger Zeit zu spüren: Es wird immer schwieriger, Busse für die Fahrten zu den Narrensprüngen zu chartern. Zum einen, weil die Fahrer fehlen, und zum anderen, weil die Unternehmer für die Linien andere Busse einsetzen müssen.

Ein Busfahrer, der unter der Woche die Linien bedient, muss am Wochenende seine gesetzlichen Ruhezeiten einhalten. Er kann nicht einfach mal am Samstag oder Sonntag noch einen Ausflug kutschieren.

Elke Müller, Geschäftsführerin von Omnibus-Müller Bad Waldsee, berichtet von Anfragen nach Buskapazitäten aus einem Umkreis von 50 bis 60 Kilometer. Voranfragen für Termine im nächsten Jahr sind keine Seltenheit.

Aus Kapazitätsgründen müssen die Busunternehmen bis zu 60 % der Gelegenheitsfahrten absagen. Auch ein hoher wirtschaftlicher Schaden, der den Unternehmen dadurch entsteht.

Schwer planbare Bustouristik
Auch die Unternehmen, die nicht auf den Linienverkehr, sondern auf Busreisen spezialisiert sind, haben Grund zum Klagen. Seit der Corona-Pandemie haben sich die Buchungsverhältnisse der Hotels und Gastronomie-Betriebe komplett geändert. Viele Gastronomen wollen keine Gruppen mehr aufnehmen. Hotels bestätigen keine Kontingent-Buchungen mehr. Es ist außerordentlich schwierig für die Busunternehmen, einen Reisekatalog zusammenzustellen und sicher anbieten zu können.

Bürokratie und Wettbewerbsverzerrungen abbauen
Das sind die Hauptforderungen, die die Busunternehmen an die Politik im Landkreis, in Land und Bund stellen: Bürokratie und Wettbewerbsverzerrungen abbauen. „Ohne faire Bedingungen für die einheimischen Unternehmen kann die Verkehrswende nicht gelingen“, sagen sie unisono.

Text: Erwin Linder

 

 

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