Rund um Bad Waldsee - Samstag. Kurz vor 14.00 Uhr. Der Platz vor dem Seenema in der Biberacher Straße füllte sich mit Radlern. Hier war alles vertreten. Vom Rennradler in sportlich buntem Trikot und engen Hosen mit Polsterung, von der Familie mit Kind und Kegel samt Fahrradanhänger, sportlichen Radlern mit schnittigen MTBs inkl. fettem Batteriepack bis zu gemütlichen Rentnern mit betagten Pedelecs. Jeder holte sich noch schnell einen Flyer mit Routen- und Aktionsbeschreibung, manche legten auch noch eine Spende in den Hut und dann wurde ins Umanand gestartet.
Das Umanand bringt an zwei Wochenenden Kulturschaffende und Kulturkonsumierende coronasicher zueinander. Die Idee der Seenema-Macher ist einfach und wie viele einfache Ideen genial. Man plane eine Radtour durch die schöne oberschwäbische Landschaft und spicke den Parcours mit überraschenden Acts mehr oder weniger bekannter Künstler aus der näheren und weiteren Umgebung. Beschrieben wurde die Strecke im Flyer vom Bad Waldseer Franz Vogel. Und vorausgeschickt: Gut beschrieben, gut zu finden und gut zu fahren.
Der Parcours teilt sich in vier Abschnitte mit jeweils eigenem Startort: Bad Waldsee, Wolfegg, Bergatreute und Aulendorf.
Vom Seenema in der Biberacher Straße ging es in die Kastanienallee hinter den See. Gleich nach ein paar hundert Metern empfingen uns Drehorgelspieler in historischen Kostümen. Sie drehten fleißig die Kurbeln ihrer Instrumente und ließen fröhliche Melodien für die Radler und Spaziergänger erklingen.
Weiter durch das Kurgebiet auf den Radweg ins Urbachtal. Vor dem Tanzcafé Hirsch hatte die Theater- und Zirkusschule Moskito ihre Manege aufgebaut. Die jungen Künstler führten Ball- und Flowerstick-Jonglagen vor, wirbelten bunte Tücher und gaben auch dem kleinsten Nachwuchs eine Chance.
Weiter Richtung Mittelurbach. Jetzt säumten großformatige Fotos den Parcours. „Wenn du bei jedem Bellen anhältst, kommst du nie ans Ziel“ . Aber am Samstag war ohnehin der Weg das Ziel, so dass man sich die verschiedenen Hundebilder oder besser, Motive mit Hunden, in aller Ruhe anschauen oder beim Radeln an sich vorbei ziehen lassen konnte.
Von Mittelurbach nach Volkertshaus. Vor dem Bahnübergang die erste kleine Steigung. Danke Pedelec. So ging’s auch ohne Mühe.
Die Holzbildhauerin Ariane Ehinger war mit der Motorsäge an einem Block zugange. Auf die despektierliche Frage, ob es von Anfang an klar wäre, was aus dem Block wird, zeigte sie anhand eines Papier-Modells, wie sie sich den Endzustand vorstellt. „Hier sieht man doch schon ganz genau, wie der Bogen verläuft“. Wie die Werke fertig aussehen, konnte man im Ausstellungsraum bewundern.
„Oh nein, jetzt ist mein Rad mit dem Lenker voll in den Apfelmatsch gefallen“ Rund um das Freiluft-Atelier protzt der späte Sommer mit seinen Früchten.
Zwischen Abetsweiler und Sommers hatte der Maler, Bildhauer und Reisende Richard W. Allgaier seine nicht fliegenden Flugobjekte drapiert. Koffer mit Rädern und Propeller. Ein Rucksackmotörchen. Alles analog. Wie aus einer anderen Welt.
Kurz vor Alttann eine Überraschung an der Straße. Joe Schorp präsentiert seinen hochglänzenden Bentley Baujahr 1946. „Wie kommst denn du hierher?“ „Ja mein Bruder radelt auch mit und ich hab bei ’ner Hochzeitsfahrt grad ne Pause“. Schwupps, hat Umanand einen Act mehr.
Mit voller Action stoppte Stefan Jocham vor Alttann die Radler. Erst mal gab’s frische Luft aus der Spritze. Dann war Vorstellungsvermögen gefragt. „Also jetzt macht mal alle so“ Hand mit dem Daumen an die Stirne, Finger Richtung Himmel und dann mit den Fingern gewackelt, „und jetzt so“ Daumen an die Schläfen und mit den Händen gewackelt „und dazu so“ Zunge aus dem Mund und pppprrrrrrrr. „Prima“ Nachdem alle den Clown gemacht hatten und ging’s mit viel Gelächter und guter Laune weiter durch Alttann hindurch nach Wolfegg.
Am Parkplatz Verpflegungsstation. Vor dem Gasthof Post spielte Lollypopp. Endlich mal Pause, was essen und trinken.
Die steile Fischergasse am Bauenhausmuseum vorbei gab einen Vorgeschmack auf den anstrengendsten Teil der Runde: Vom Hölltal nach Witschwende. Am Eingang zum Tal gab die Band „Essichessenz“ feinen Vocal- und Instrumental-Jazz zum Besten.
Von Bainders nach Witschwende trennte sich die radlerische Spreu vom Weizen. Ohne Kondition und ohne vollen Batterie-Pack keine Chance, die hochprozentige Steigung zu schaffen. Bäderdirektor Blank, mit E-MTB, gab seiner Frau Elke, Muskel-MTB, kavaliersmäßige Schiebehilfe am steilsten Stück. Erst mal oben, wurde man belohnt von Stadion-Stimmung aus dem Lautsprecherwagen und vor allem von einem fabelhaften Ausblick über Oberschwaben vom Schussental bis zum Bussen - und von der nächsten Kunstinstallation.
Abwärts ging’s von luftiger Höhe durch Witschwende in rasanter Fahrt nach Bergatreute. Hier konnte man sich bei Mo Metallkunst seine eigenes Werk per Plasmaschneider mit 6000 Grad Hitze aus dem Metall herausschneiden.
Nach gut drei Stunden fahren und schauen verließen wir den Parcours, fuhren über Abetsweiler, Volkertshaus wieder nach Bad Waldsee. Unterwegs ging noch einmal die Kette runter und auch das zweite Pedelec verlangte dringend eine Inspektion.
Wir sind gespannt auf Teil 2 am Sonntag. Obwohl, die Wettervorhersage macht keinen guten Eindruck.
Text und Bilder Erwin Linder