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Wangen (dbsz) - Am 20. Juni wurde Josef Dreier in Wangen im Allgäu zu Grabe getragen. Der Landtagsabgeordnete, Staatssekretär und Schulleiter hat sich um die Menschen in unserer Raumschaft in höchstem Maße verdient gemacht. Dies kam im Nachruf, den sein Weggefährte und Vertrauter Rudolf Köberle, Minister a. D., in der Martinskirche in Wangen sprach, zum Ausdruck. Ein feinfühliges Porträt des Verstorbenen zeichnete auch Bruder Pascal von den Franziskanern des Klösterles, der dem feierlichen Requiem in Konzelebration mit Norbert und Wilhelm Wahl vorstand, in seiner Predigt. Staatssekretär Dreier hat sich auch – oft diskret, aber wirkungsvoll – für die Belange des Lebensschutzes eingesetzt; die Bildschirmzeitung hat deshalb Maria Hartel, die Vorsitzende der Aktionsgemeinschaft für das Leben im Landkreis Ravensburg e. V., um einen Nachruf gebeten. Nachstehend veröffentlichen wir mit Erlaubnis der drei Autoren die Würdigungen, behutsam gekürzt und mit Zwischentiteln versehen, die von der DBSZ-Redaktion eingefügt wurden.

Der Nachruf von Rudolf Köberle
Liebe Familie Dreier,
hochwürdige Geistlichkeit, lieber Herr Pater Pascal und liebe Brüder Norbert und Wilhelm Wahl,
liebe Verwandte, Freunde und Wegbegleiter von Josef Dreier,
werte Trauergemeinde,

es ist wahrlich ein trauriger Anlass, der uns heute hier in St. Martin zusammenführt. Wir alle trauern um Josef Dreier, auch die Christlich Demokratische Union

  • in der Stadt Wangen,
  • im Landkreis Ravensburg
  • und in unserem Land Baden-Württemberg.

Fast 60 Jahre lang war Josef Dreier mit der CDU und für die CDU auf dem Weg durch die Zeit.

  • Als treues, langjähriges und immer aktives Mitglied,
  • als Gemeinderat in Wangen, als Kreistagsmitglied, als Vertreter im Regionalverband
  • und als Landtagsabgeordneter und Staatssekretär.

Heute sind wir nach Wangen gekommen, um ihn auf seinem letzten Weg zu begleiten, ihm Dank zu sagen und Abschied zu nehmen. Unser Mitgefühl gilt ganz seiner großen Familie: seinen Geschwistern, seinen Kindern und Schwiegerkindern, seinen Enkeln und Urenkeln. Sie haben den Mittelpunkt ihrer Familie verloren.

Josef Dreier war aber auch eine herausragende Persönlichkeit des öffentlichen und politischen Lebens, er war Vorbild und eine Autorität. Zugleich war er ein außergewöhnlich bescheidener und sympathischer Mensch, überall gern gesehen und beliebt, ein väterlicher Ratgeber, Kummerkasten, Helfer und Freund. (...).
Wie jedes Jahr habe ich mit ihm auch am Josefstag des Jahres 2023 – am 19. März – telefoniert und gratuliert. Wir haben uns über Gott und die Welt und selbstverständlich über die politischen Themen dieser Tage unterhalten. Überraschend und für mich etwas irritierend sagte er mir am Schluss des Gesprächs: Mein Wunsch ist es, dass mich ein Pater vom Klösterle beerdigt und dass du den Nachruf hältst. Du kennst mich und Du weißt, was mir im Leben und in der Politik wichtig ist.

Mehr Sein als Scheinen
Ja, ich kenne Josef Dreier seit nunmehr über 50 Jahren. Er war damals schon eine erfolgreiche kommunalpolitische Größe, ich ein kleiner Anfänger in der Jungen Union und in der CDU. Über 50 Jahre hinweg hatten wir dann miteinander zu tun, haben sich unsere Wege in der Partei, später im Landtag und in der Landesregierung gekreuzt, haben wir nebeneinander und miteinander Politik gemacht.

Je länger ich Josef Dreier kannte, je mehr wir miteinander zu tun hatten, je öfters wir im Kontakt und im Gespräch waren, je öfters wir uns begegneten, desto mehr bestätigte sich: Josef Dreier ist ein ganz besonderer Mensch, nicht nur in seiner bis ins hohe Alter wesentlich jünger gebliebenen äußeren Gestalt. Besonders und vor allem als ein zutiefst bescheidener, extrem fleißiger, ein selbstloser, stets hilfsbereiter und dabei und vielleicht gerade deshalb extrem erfolgreicher Mensch. Mehr Sein als Scheinen – das war Josef Dreier.

Ganz besonders hat mich seine sogenannte dritte Lebensphase beeindruckt, die Zeit ohne Ämter und Titel, bei ihm aber alles andere als Langeweile oder Ruhestand. Sie war geprägt von der liebevollen Umsorgung seiner erkrankten Frau Hedwig bis zu ihrem Tod, von einer weiterhin großen Anteilnahme am öffentliche und politischen Geschehen und von einer persönlichen und geistigen Präsenz bis in die letzten Lebenstage. Sein Geist blieb wach und interessiert trotz zunehmender gesundheitlicher Beeinträchtigungen, die er sich nicht anmerken ließ und die man ihm nicht anmerkte.

Seine Prinzipien
Was bleibt von diesem fast 92-jährigen und erfüllten Leben?

Josef Dreier legt sicher wenig Wert darauf, dass man im Nachruf alle seine Ämter und Funktionen auflistet und seine Erfolge in Erinnerung ruft. Dazu war er viel zu bescheiden. Ja, es wäre ihm unangenehm.

Sein Blick, seine Sorge und seine Zuversicht richteten sich immer nach vorne. Ihm ging es weniger um Einzelheiten, gar Nebensächlichkeiten oder die Aufreger des Tages, die morgen verflogen sind. sondern um die grundsätzlichen und dauergültigen Werte für das eigene Leben und das Zusammenleben in der Gemeinschaft.

Es sind drei Begriffe bzw. Prinzipien, die sein Leben durchziehen, ihm Richtung und Prägung gegeben haben:

  • Verantwortung bzw. Vertrauen
  • Dankbarkeit und
  • Gottvertrauen

Verantwortung. In hohe Verantwortung wurde er schon als Kind und Jugendlicher hineingestellt. (...) Josef Dreier hat nie weggeschaut, sich nie für unzuständig erklärt, sich entschuldigt oder verdrückt. Er hat sich immer in die Pflicht nehmen lassen, wenn er gefragt und gebraucht wurde. Er hat sich auch nie in politische Ämter oder in Ehrenämter gedrängt, sondern: Das Amt kam zum Mann und nicht der Mann zum Amt, wie Erwin Teufel zu sagen pflegte. Man hat ihm viel vertraut und viel zugetraut. Und dieses Vertrauen hat er nie enttäuscht.

Dankbarkeit. Josef Dreier war ein auffallend zufriedener, ausgeglichener und ausgleichender Mensch. Man hat ihn nie klagen oder jammern gehört, weder über zu viel Arbeit noch über Krankheit. Trotz aller Bekanntheit und aller Erfolge blieb er zutiefst bescheiden, auf Bodenhaftung und in Augenhöhe. Er war sich stets bewusst, dass der eigene Erfolg im Leben auch Voraussetzungen und Abhängigkeiten zur Bedingung hat und man deshalb allen Grund hat, dankbar dafür zu sein.

„So lebensnotwendig wie das Atmen“
Gottvertrauen. Glaube, Religion, Kirche waren für Josef Dreier so selbstverständlich und lebendnotwendig wie das Atmen und das Essen. Mit einem unerschütterlichen Gottvertrauen meisterte er auch heftige und nicht wenige Erschütterungen in seinem Leben und in seiner Familie. Er war nicht der Christ, der alles hinterfragen und vieles problematisieren musste, alles besser wusste und sich seine eigene Wohlfühlkirche zusammenbastelte, sondern der in und mit den Regeln der Kirche lebte, sich zu ihr bekannte und Freude am Glauben und an den Gaben der Kirche hatte. Seine natürliche, volkstümliche Frömmigkeit war die Kraftquelle seines Lebens. Auch deshalb haben ihn Schicksalsschläge nie aus der Bahn geworfen, sondern getröstet und gestärkt.

Ein Menschenfreund
Die andere Seite der Gottesliebe ist die Menschenliebe. „Man muss Menschen mögen“, hat Josef Dreier immer wieder gesagt: in der Familie, in der Schule, in der Politik. Nie habe ich ihn negativ, abfällig, respektlos über andere Menschen reden hören, was heutzutage ja mehr Gesprächsinhalt ist als Lob und Dank. Seinem Gegenüber zeigte er immer Respekt, schenkte Vertrauen und konnte nie verletzen. Und wenn Kritik sein musste, galt sie der Sache und nicht der Person.

Wer mit einem so unerschütterliche Gottvertrauen, wer mit so viel Verantwortungsbereitschaft und voller Dankbarkeit sein Leben gelebt hat wie Josef Dreier, für den ist der Tod nicht nur Ende, sondern das große Ziel und die Erfüllung des Lebens.

Vor dem Hintergrund dieser Lebenseinstellung will ich doch noch kurz und wenige Stationen des beruflichen und politischen Lebens des Verstorbenen in Erinnerung rufen.

Nach seinem Abitur 1951 am Salvatorkolleg in Wurzach studierte er in Tübingen und Köln Wirtschaftswissenschaft mit dem Abschluss Diplomvolkswirt. Nach einer Beschäftigung in der freien Wirtschaft wurde ein Ruf des Kultusministeriums nach Quereinsteigern für die berufliche Bildung zu einer Berufung, die fortan seinen beruflichen und politischen Weg bestimmte. 1960 kam er an die kaufmännische Schule nach Wangen, wurde 1966 deren Leiter und blieb dies 26 Jahre lang bis 1992, auch zwölf Jahre neben seiner Landtagstätigkeit her.

Schulleiter in Wangen
Zusammen mit dem Kollegium und dem Landkreis als Schulträger baute er die Schule aus und um, sowohl mit neuen Gebäuden als auch mit neuen Konzepten und Bildungsgängen. Ihm ging es vor allem darum, die Bildungs- und Berufschancen der jungen Generation im ländlichen Raum zu stärken und die Gleichwertigkeit beruflicher und gymnasialer Bildung zu erreichen. Bald hatte Wangen die größte Wirtschaftsschule der Region und einen Weg der Hauptschüler zur Mittleren Reife. Und ein Wirtschaftsgymnasium, einem der ersten im Land, das den Weg von der Mittleren Reife zum Abitur ermöglichte.

Mit dieser vorbildlichen Bildungsarbeit vor Ort war Josef Dreier schon mittendrin in der Berufsschulpolitik des Landkreises und in der Kultuspolitik des Landes.

Eine politische Karriere hat Josef Dreier allerdings nie angestrebt und geplant. Es hat sich Schritt für Schritt so ergeben, weil man seine Persönlichkeit, seine Talente, seine schulleiterischen Erfolge erkannt und ihn gebeten hat, politische Verantwortung in größerem Rahmen zu übernehmen. Und um Verantwortungsübernahme hat sich Josef Dreier nie gedrückt.

1968 hat er für den Wangener Gemeinderat, 1971 für den Kreistag kandidiert. Er wurde jeweils mit einem Spitzenergebnis gewählt und immer wieder wiedergewählt. 21 Jahre gehörte er beiden Gremien an. Im Gemeinderat war er die ganze Zeit Stellvertretender Fraktionsvorsitzender, im Kreistag mehrere Jahre Fraktionsvorsitzender. Der politische Einstieg lag in der aufregenden Zeit der Gemeinde- und Kreisreform, der Eingemeindungen in Wangen und der Zusammenlegung der Altkreise Ravensburg und Wangen.

Sicher hat Josef Dreier mit seinem kommunalpolitischen Einsatz einige Seiten in der Erfolgsgeschichte Wangens in der Zeit von Oberbürgermeister Dr. Jörg Leist und im Zusammenwachsen von Schussen und Allgäu unter den Landräten Dr. Oskar Sailer und Dr. Guntram Blaser mitgeschrieben.

Das landesweit beste Ergebnis
Josef Dreiers Einstieg in die Landespolitik begann 1976 als Landtagszweitkandidat von Josef Siedler, damals noch mit einem Wahlkreisergebnis von 70 % für die CDU. 1980 trat er dann die Nachfolge von Josef Siedler als Abgeordneter an mit dem landesweit besten Ergebnis. In drei weiteren Landtagswahlen war er erfolgreich und gehörte dem Landtag damit 16 Jahre lang an.

In der CDU-Fraktion galt er schnell als der Experte für Bildungspolitik. Er wurde schulpolitischer Sprecher und damit der parlamentarische Begleiter, manchmal auch die Speerspitze der Kultusminister Dr. Gerhard Mayer-Vorfelder und Dr. Marianne Schultz-Hektor.

Sein zweites politisches Standbein hatte der Bauernsohn und Vertreter des Allgäus in der Politik für den ländlichen Raum, besonders in der Landwirtschaftspolitik. Er gehörte dem Schulausschuss und dem Landwirtschaftsausschuss des Landtags und dem CDU-Fraktionsvorstand an. (...)

Nach der Landtagswahl 1992 berief Ministerpräsident Erwin Teufel Josef Dreier zum Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft und Kunst. (...) Josef Dreier erwarb sich schnell hohes Ansehen im Kreis der Universitäten, Fachhochschulen und Berufsakademien und in der Welt der Forschung und Entwicklung. Und das nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland. Auch jetzt galt er als Interessensvertreter für die Aufwertung und Gleichwertigkeit beruflicher Bildung auf akademischer Ebene.

Trotz spürbarer Freude an seiner Aufgabe, trotz hoher Anerkennung und beachtlicher Erfolge hat Josef Dreier 1996 selbst den Schlusspunkt seiner 16-jährigen landespolitischen Präsenz gesetzt. Viele haben dies bedauert. Sicher hätte ihn Erwin Teufel auch in der folgenden Legislaturperiode wieder berufen. Aber: „Alles hat seine Zeit“, so Josef Dreier.

Wenigstens in Schlagworten will ich die wichtigsten Ehrenämter ansprechen, für die Josef Dreier neben seinem Beruf und seiner parlamentarischen Tätigkeit Verantwortung trug, teilweise über viele Jahre oder Jahrzehnte hinweg:

  • Vorsitzender des Zweckverbandes der Jugendmusikschule Württembergisches Allgäu
  • Vorsitzender der AG für berufliche Fortbildung im Altkreis Wangen
  • Stellvertretender Vorsitzender der Freunde und Förderer der Berufsakademie Ravensburg
  • Mitglied des Verwaltungsrates und des Kreditausschusses der Kreissparkasse Ravensburg
  • Mitglied der Verbandsversammlung der Oberschwäbischen Elektrizitätswerke
  • Mitglied in der Verbandsversammlung des Württembergischen Sparkassen- und Giroverbandes
  • Mitglied des Berufsbildungsausschusses der IHK

Und nach dem Ausscheiden aus der aktiven Politik 1996:

  • Vorsitzender der Deutschen Olympischen Gesellschaft im Landkreis Ravensburg
  • Lehrbeauftragter an der Pädagogischen Hochschule Weingarten
  • Mitglied im Aufsichtsrat der Oberschwabenklinik
  • Vorsitzender des Aufsichtsrates des Körperbehindertenzentrums Oberschwaben
  • Leiter der Seminarakademie im Bürgerforum Wangen
  • Vorstandsmitglied in der Vereinigung ehemaliger Mitglieder des Landtags von Baden-Württemberg

Und von unzähligen Ehrungen und Auszeichnungen nenne ich nur drei:

  • das Bundesverdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland
  • das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse
  • den Landesorden Baden-Württemberg.

Mehr als alle Ehrungen und Auszeichnungen, mehr als alle Ämter und Titel zierte Josef Dreier seine Grundeinstellung zum Leben, zu Gott und den Menschen.

  • Verantwortung und Vertrauen
  • Dankbarkeit und Bescheidenheit
  • Gottvertrauen und Liebe zu den Menschen.

Was Josef Dreier in den fast 92 Jahren seines Lebens, angetrieben und geleitet von diesen Werten, beeinflusst, bewegt, geschaffen und ermöglicht hat, war nicht nur für den Augenblick. Vieles hat Bedeutung und Bestand über sein Leben hinaus. (...)

Der handschriftliche Weihnachtsgruß
Heute morgen habe ich nochmals seine Weihnachts- und Neujahrskarte für 2023 in die Hand genommen – wie immer in außergewöhnlich kunstvoller Handschrift. „Fasset Mut und habt Vertrauen, allen Menschen wird zuteil Gottes Heil“. Das war sein handschriftlicher Wunsch für 2023.

Lieber Josef, wir danken Dir und sagen „Vergelt‘s Gott“ für alles, was Du für uns getan hast. Möge Dir nun Gottes Heil zuteil werden für alle Ewigkeit.
Soweit der Nachruf von Rudolf Köbele

 

Hier die Würdigung durch Bruder Pascal im Rahmen seiner Predigt
Liebe Familie, liebe Angehörige, liebe Weggefährten und Freunde von Josef Dreier,
die alten klassischen Griechen unterschieden zwischen einem Mann, der sich für das Gemeinwesen seiner Polis (das heißt Stadt und Staat) aktiv einsetzt, und einem Menschen, der sich nur um seine eigenen persönlichen und privaten Belange kümmert. Das griechische Wort für zweiteren, also für den Privatmann, ist „idiotes“. Das war damals nicht wertend gemeint – auch wenn die Ableitung dieses Wortes dann später vor allem durch Dostojewskis großen Roman bei uns eine unschöne Bedeutung bekommen hat. Als ich mir die Schriftstücke, die Herr Dreier für diesen Tag vorbereitet hat, durchgelesen habe, und mit Ihnen, seiner Familie, und auch mit Bruder Josef vom Klösterle, der ihn gut kannte, gesprochen habe, dachte ich: Ein richtiger „Privatmann“ ist Josef Dreier eigentlich sein ganzes Leben lang nie gewesen.

Die Mutter mit sechs Jahren verloren
Geboren und aufgewachsen ist Josef mit vielen Geschwistern in Eglsee im Landkreis Biberach auf einem Bauernhof, den es heute noch gibt. Früh ist dem kleinen Josef schon der harte Ernst des Lebens begegnet, als er mit sechs Jahren seine Mutter verlor und sich in den folgenden Jahren weitere tragische Ereignisse in der Familie ereigneten. Da musste er selber schnell groß werden und soweit es ging schon als Kind Verantwortung für die Kleineren, für Haus und Hof mitübernehmen. In seinen Aufzeichnungen schreibt Josef Dreier trotz allem dankbar:
„Mein Elternhaus hat mich sehr stark geprägt. Hier habe ich die positiven Seiten einer großen Familie erfahren und ich bin mit dem Ernst des Lebens konfrontiert worden. Ich habe gelernt, für andere da zu sein, habe die Freude an der Arbeit und an der Natur einüben können, habe gelernt Verantwortung zu übernehmen und habe durch eine religiöse Erziehung gelernt, Herausforderungen zu bestehen“.

Trotz dieser sicher nicht kleinen „Herausforderungen“ konnte Josef Dreier das humanistische Gymnasium mit Internat der Salvatorianer in Bad Wurzach besuchen, das ihn, wie er weiter schreibt, ebenfalls sehr geprägt hat. Als fleißigen, zielstrebigen kleinen Philosophen charakterisiert er sich in dieser Zeit selbst, der an den Sprachen seine Freude hat, den es aber dann reizt, nach dem Abitur eine ganz andere Richtung einzuschlagen. In Tübingen und Köln studiert er Wirtschaftswissenschaften und ist dann zunächst auch in einem großen Industrieunternehmen als Volkswirt tätig.

„Das war meine Berufung!“
Jedoch suchte das Kultusministerium damals Diplomvolkswirte als Quereinsteiger für den beruflichen Schuldienst. Das kam der pädagogischen Neigung und Begabung von Josef Dreier sehr entgegen. „Das war meine Berufung!“ – schreibt er auf und hat den Satz dick unterstrichen. Und nach einer kurzen Zeit an der Berufspädagogischen Hochschule in Stuttgart wurde er an den beruflichen Schulen in Tübingen, Wangen und Leutkirch als Lehrer eingesetzt. Im Jahr 1960 kam er als Studienrat an die kaufmännische Schule Wangen, wurde bald ihr Schulleiter und verstand sich als solcher vor allem selbst als Lehrer und als Vorbild für das Kollegium. Diesen Dienst übte er 26 Jahre aus.

In die Jahre des Berufslebens und des wachsenden politischen Engagements fällt für Josef Dreier auch die Gründung seiner eigenen Familie zusammen mit seiner Frau Hedwig. Sie nennt er das „größte und wertvollste Geschenk seines Lebens“, zusammen mit den fünf Kindern, die dann mit ihren Familien die Großfamilie bildeten. Sie war für ihn das Wichtigste überhaupt und war eine wesentliche Motivation für seinen Einsatz in der Gesellschaft.

Leider blieb auch seine eigene Familie von schwerem Leid nicht verschont. Nach langer schwerer Krankheit ist sein Sohn Raimund mit 42 Jahren verstorben und auch seine liebe Frau Hedwig musste Herr Dreier 2018 nach einer langen und beschwerlichen Zeit der Krankheit heimgehen lassen. Er beschreibt es als großes Glück, dass er sie in den letzten Lebensjahren zu Hause selber und mit Hilfe seiner Familie betreuen und versorgen konnte. Und erzählt wurde mir, wie er das persönlich als „dankbares Zurückgeben“ verstand, für all das Gute, das sie ihm in der Zeit seiner politischen Laufbahn getan und für die vielfältige Unterstützung, die er von ihr erfahren hat.

„Meine Kraftquelle“
Abschließend schreibt Josef Dreier: „Der Glaube an einen liebenden, barmherzigen und allmächtigen Gott und die Verbundenheit mit ihm im Gebet war alle Tage meines Lebens die Kraftquelle, meine Aufgaben so gut wie möglich zu erfüllen und den Menschen in Liebe zu begegnen.“

In den letzten Lebensjahren, in denen sich auch bei Josef Dreier, einige gesundheitliche Probleme einstellten, sehen wir ihn in dieser zuversichtlichen und dankbaren Grundhaltung gerne auf der Bank im Garten sitzen. „Da hat jeder einfach kommen können“, wurde mir mir berichtet, und „er hat für jeden ein offenes Ohr gehabt“.

Stets an allem hochinteressiert, versorgte er die Familie mit Lesestoff und hat jeden auf seine Weise ernst genommen. Auch ihm hat es die Familie ermöglicht, bis zum Schluss zu Hause bleiben zu können. (...)

Dankbar, bescheiden, gläubig
Wenn ich auf das Leben von Josef Dreier blicke, wie es mir geschildert wurde, dann fällt mir schon seine dankbare und positive Grundhaltung auf, mit der er versucht hat, in allem auch das Gute zu sehen.
Das ist bei den Schicksalsschlägen, die schon am Anfang seines Lebensweges standen und die auch später vor seinem Leben nicht Halt machten, nicht das,
was man landläufig erwarten würde. Wir sagen da heute Resilienz dazu und gemeint ist die Fähigkeit, das Leben einerseits anzunehmen, wie es ist – auch in seinen schwierigen Phasen – und dann aber daran nicht zu scheitern, sondern im Gegenteil, daran zu wachsen und als Persönlichkeit zu reifen.
Neben den grundsätzlich sehr gesunden Lebenseinstellungen wie Bescheidenheit und Dankbarkeit und diesem positiven Blick auf den Menschen – „man muss die Schüler mögen“, „man muss die Leute mögen“ habe ich mehrfach in seinen Aufzeichnungen gelesen – ist es bei Josef Dreier ganz sicher auch sein Glaube,
der ihm zu so einer gesunden und wohltuenden Lebenshaltung verholfen hat.
In den Zitaten, in denen er selbst von seinem Glauben spricht, überzeugt mich sein positives Gottesbild. Und die Stellen aus der Heiligen Schrift, die er selber für sein Requiem ausgesucht hat, sprechen vom Glauben an den menschenfreundlichen Gott und dessen Auswirkungen auf unser Leben. Von einem Gott, der auch in schwierigen Lebenssituationen da ist und Hoffnung schenkt. Ja, der selbst zur Hoffnung wird! (...)
Soweit die Würdigung durch Bruder Pascal Sommerstorfer ofm

 

Der Nachruf von Maria Hartel
Mit großer Trauer nimmt die Aktionsgemeinschaft für das Leben im Landkreis Ravensburg e.V. Abschied von ihrem Hauptgründer Josef Dreier.

1983 gründete Josef Dreier, gemeinsam mit seinen politischen Weggefährten, den CDU-Bundestagsabgeordneten Claus Jäger und Alois Graf von Waldburg-Zeil, sowie seinem Landtagskollegen, Staatssekretär Alfons Maurer, die Aktionsgemeinschaft für das Leben im Landkreis Ravensburg, welche sich unter dem Vorsitz von Marianne Härle aus Wangen und ihrer Stellvertreterin Dorothea Jäger aus Wangen-Deuchelried 1985 konstituiert hat und von Marianne Härle bis 1993 als Vorsitzende geführt worden ist.

Standhaft in Fragen des Lebens
Josef Dreier war ein christlicher Politiker von ungewöhnlicher Standhaftigkeit und Überzeugungskraft. Unerschrocken und mit großem Engagement setzte er sich für das Lebensrecht der durch Abtreibung bedrohten Kinder ein. Den Wert jeden menschlichen Lebens vom Anfang bis zum Tode zu achten und zu schützen, war ihm ein besonderes Herzensanliegen.
Seine Herzlichkeit, Ruhe und Harmonie, die er in den Vorstandssitzungen ausstrahlte, war wohltuend und bereichernd.
Sein Handeln war stets von einem tiefen Glauben geprägt.

Einsatz für Mütter und Schwangere
In den vielen Notfällen, die wir zu versorgen hatten, war Josef Dreier im Hintergrund äußerst erfolgreich im Einsatz. Er führte Verhandlungen mit Banken und Ämtern zum Wohle von Schwangeren und alleinerziehenden Müttern und Familien, die sich in schwerwiegenden finanziellen Notlagen befanden. Manche Verzweiflungstat und manches Unglück wurden somit, durch sein beherztes Eingreifen, von den Betroffenen abgewendet.

Josef Dreier hinterlässt durch seinen Heimgang ins ewige himmlische Vaterhaus eine große und schmerzliche Lücke in unseren Reihen.

Wir fühlen uns seinem Erbe in Dankbarkeit verpflichtet und werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.

Liebe Familie Dreier,
unsere Anteilnahme an Ihrem tiefen Schmerz in der schweren Zeit der Trauer und unser Dank gilt in ganz besonderem Maße Ihnen und Ihren Angehörigen.

Der Herr vergelte unserem lieben Verstorbenen seinen jahrzehntelangen engagierten Einsatz in den Anliegen des Lebensschutzes. Er nehme ihn auf in seine Himmlische Herrlichkeit und lasse ihn ruhen in seinem Ewigen Frieden.
Soweit der Nachruf von Maria Hartel, der Vorsitzenden der Aktionsgemeinschaft für das Leben im Landkreis Ravensburg e.V.

 

 

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halloRV

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