Bad Waldsee - Die Fans des von Axel F. Otterbach kuratierten „Kunstraums | kleine galerie“ waren zur Vernissage der Ausstellung von Anja Demuth „Modedesign“ zahlreich gekommen. Bei seiner Begrüßung konnte er seinen Blick über einen wohlgefüllten kleinen Saal schwei-fen lassen. Die Sitzgelegenheiten reichten kaum aus. Die Spätkommer mussten sich mit Stehplätzen begnügen. Unter den ca. 70 Kunstinteressierten aus Bad Waldsee und Umge-bung konnte er Bürgermeisterin Ludy, den für die Kultur zuständigen Fachbereichsleiter Walter Gschwind sowie Altbürgermeister Prof. Forcher begrüßen.
Die Welt der Anja Demuth
Die Einführung zu den Werken Anja Demuths gab Dr. Herbert Köhler. Den Titel der Ausstel-lung bezeichnete Köhler als Irreführung. Denn das Handwerk der Schneiderei werde durch die Erweiterung in den Projekten der Anja Demuth zur Kunst. Oft bediene sich die Mode mit Ideen der Kunst, aber der umgekehrte Weg sei selten. Anja Demuth verstehe Modedesign nicht als Selbstzweck, sondern als Ausgangspunkt für ihre Kunst.
Dazu sei es notwendig, sich Konzepte zu überlegen und diese in Themenprojekten zu reali-sieren. „Sie setzt Schönheit ein, um damit ätzende Kritik zu transportieren. Man sieht das nicht sofort. Um das zu verbildlichen, zeigt die Künstlerin aussagekräftige Bilder aus drei ihrer Kollektionen.“
Die Künstlerin
Anja Demuth ist in Bad Waldsee keine Unbekannte. Die 1987 in Laupheim geborene Künst-lerin hat den 2021 zum ersten Mal ausgelobten Paul-Heinrich-Ebell-Förderpreis für junge Künstler zusammen mit Anna Lena Huber erhalten.
Demuth studierte nach ihrer Ausbildung zur Damenmaßschneiderin an der Hochschule Pforzheim und anschließend an der Kunsthochschule Weißensee. Sie schloss ihre Bachelor und Masterstudien jeweils mit Auszeichnungen ab. Sie arbeitet als freie Künstlerin, unter-richtet als Gastdozentin an der Hochschule Reutlingen und arbeitet seit 2022 als Designerin bei BMW MINI.
Die Ausstellung
Als Betrachter muss man sich vergegenwärtigen, dass die Exponate quasi eine dritte Ebene zur Gedankenwelt der Anja Demuth darstellen. Die erste Ebene ist das Projekt, das sich bei Anja Demuth, wie sie in ihrem Statement von sich selbst sagt, beim Tun entwickelt. Die zweite Ebene ist die im wahrsten Sinne „stoffliche“ Umsetzung. In Kleider oder, besser ge-sagt, Verhüllungen, die von Models auf der Haut getragen werden. Die diese Haut verhüllen oder auch bloßlegen. Die dritte Ebene sind die Fotografien, auf denen das Projekt für den Besucher der Ausstellung sichtbar wird.
Die Ausstellung umfasst drei Projekte oder auch Kollektionen Anja Demuths: Scham, Chimera, Muta. Das Projekt Scham setzt sich mit dem zur Schautragen seiner Haut in der Mode-welt auseinander, Chimera mit dem Wechselspiel des Verkleidens und Verhüllens, Muta hat den Handel mit Organen zum Thema.
Der Betrachter der Bilder muss sich mit den Sujets auseinandersetzen. Anja Demuth kommt aus der Mode und hat das Handwerk der Damenmaßschneiderei gelernt. Es reicht nicht, einfach Formen und Farben der Fotografien auf sich wirken zu lassen. Der Betrachter muss die erste Ebene durchdringen, um zur Zweiten zu stoßen. Hier offenbart sich nicht nur die Kreativität der Künstlerin in Formen und Farben, sondern auch das Handwerk, das die Mate-rialien oft sehr kleinteilig mit viel Aufwand und Zeit zusammensetzt. Pompöse Ornamentik, verschlungene Strickarbeiten, filigrane Metallarbeiten gibt es in der zweiten Ebene zu ent-decken.
Wer nicht die Einführung in die Welt der Anja Demuth von Dr. Herbert Köhler hörte, wird sich schwer tun, die dritte Ebene zu finden, da die Ausstellung den Betrachter mit den Bil-dern alleine lässt. Und so kann der Eindruck entstehen, eben wieder Modebilder wie aus Vogue und ähnlichen Hochglanzbroschüren zu sehen. Denn die Kollektionen Demuths sind fotografisch exzellent umgesetzt.
Darauf legt die Künstlerin ebenfalls großen Wert, dass die Leistungen der Fotografen, Stylis-ten und Models nicht vergessen werden.
Text / Fotos: Erwin Linder
Die Ausstellung von Anja Demuth ist in der Kleinen Galerie täglich von 10.00 Uhr bis 19.00 zu sehen (bis 23. April)