Michelwinnaden - Das Windpark-Projekt bei Michelwinnaden im Staatsforst nimmt Fahrt auf. Die Projektgesellschaft RES als Gast der Ortschaftsverwaltung Michelwinnaden informierte am Mittwoch, 7.12., in der Burg und gab den interessierten Anwesenden Möglichkeiten, ihre Fragen zu stellen.
Ortsvorsteher Frieder Skowronski als Hausherr und Oberbürgermeister Matthias Henne begrüßten die etwa 100 Anwesenden, wobei OB Henne gleich zu Anfang klarstellte, dass das Gelände des projektierten Windparks zwar auf der Gemarkung Michelwinnaden und damit im Bereich der Großen Kreisstadt Bad Waldsee liegt, aber Eigentum der staatlichen Forstverwaltung, also des Landes Baden-Württemberg, ist.
Markus Kissing, der Projektleiter bei RES, und Jonas Werle, bei RES für den Artenschutz zuständig, stellten sich, ihren Arbeitgeber und das Projekt vor. Die drei Buchstaben RES stehen für Renewable Energy Systems. RES bezeichnet sich selbst als „... das weltweit größte unabhängige Unternehmen für Erneuerbare Energien.“ RES baut auf 40 Jahre Erfahrung, beschäftigt weltweit ca. 2.500 Mitarbeiter, davon 34 in Deutschland und hat schon 23 GW-Projekte im Portfolio.
Die Fläche im Osterholz bei Michelwinnaden wurde von den Staatsforsten Baden-Württemberg als Fläche für die Errichtung von Windkraftanlagen (WKA) ausgeschrieben und unter den Bewerbern für den Bau des Windparks erhielt RES den Zuschlag.
Nach den vorgestellten Projektskizzen können bei Berücksichtigung aller Parameter im Bauquartier zwei Windkraftanlagen errichtet werden. Sie sollen eine Nabenhöhe von 200 Metern bekommen. Der Rotor hat einen Durchmesser von 180 Metern, so dass eine maximale Höhe an der Flügelspitze von 290 Metern herauskommt. Zum Vergleich: Der Turm des Ulmer Münsters ist 161 Meter hoch.
Eine dritte Windkraftanlage ist angedacht, die dafür vorgesehene Fläche liegt aber nicht im Osterholz, zur Verwirklichung müssten weitere Flächen im Staatsforst erworben werden.
Kissing und Werle gingen in ihrer Präsentation sehr genau auf die neuralgischen Punkte wie Anfahrtswege, abzuholzende Flächen, Artenschutz usw. ein. Sie zeigten auch ein Foto einer Selbstfahrlafette, auf der ein 90 Meter langer Flügel des Windrades montiert und durch schwieriges Gelände bugsiert werden kann. Dabei liegt der Flügel nicht immer parallel zum Weg, sondern kann in Kurven steil angehoben werden, damit in den Radien kein Holzeinschlag notwendig wird.
Damit das Projekt für Bürger und Gemeinden auch ein Gewinn wird, legt die RES großen Wert auf Bürgerbeteiligungen.
Das Publikum zeigte sich gut informiert und stellte präzise Fragen:
Bei so großen Windkraftanlagen kommt es an den Flügelspitzen zu hohen Geschwindigkeiten und einer Geräuschentwicklung wie bei einem Düsenjäger.
Kissing erwiderte, dass die neuen Windkraftanlagen zum einen mit niedrigeren Umdrehungszahlen arbeiten würden und zum anderen die Flügelspitzen neu gestaltet wären. So könnte man die geforderten Geräuschemissionen einhalten. Das heißt, in 500 Metern Entfernung ist die Windkraftanlage nicht lauter als ein normales Gespräch.
Ist der Strompreis für die Windkraftanlage schon kalkuliert und wie ist die Rendite bei einer Bürgerbeteiligung?
Da die Strompreisentwicklung sehr dynamisch ist und die Anlage frühestens 2027 ans Netz gehen könnte, wäre eine genaue Kalkulation heute nicht seriös möglich. Da der Ausbau der Windenergie ein wichtiges Vorhaben des Staates sei, könne man von der Wirtschaftlichkeit der Anlagen ausgehen. Außerdem ist es immer günstiger, den Strom vor Ort zu produzieren, als ihn mit großen Trassen, die außerdem noch nicht verfügbar wären, über weite Strecken zu transportieren. Auch zur erzielbaren Rendite für die anvisierten Bürgerbeteiligungen können im Moment noch keine seriösen Zahlen genant werden
Wie sieht die Emission von Infraschall aus?
Windkraftskeptiker weisen darauf hin, dass große Windkrafträder aufgrund ihrer geringen Rotationsgeschwindigkeit einen Großteil ihrer akustischen Emissionen im Infraschall unter 20 Hz generieren. Dieser Bereich ist für das menschliche Ohr nicht mehr wahrnehmbar. Wie reagiert der Organismus der Menschen und anderer Lebewesen darauf? Markus Kissing verwies darauf, dass es keine Untersuchungen gebe, die belegten, dass er Infraschall schädlich für Menschen wäre. In der Fragerunde kamen von den Infraschall-Skeptikern keine weiteren Anmerkungen, aber im „Off“ waren sie mit dieser Antwort bei weitem nicht einverstanden.
Wie ist es um die Versorgungssicherheit mit Strom bestellt, wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint?
Strom zu speichern ist ein großes Zukunftsthema. Er, Kissing, vertraue auf die moderne Technik, vor allem im Zusammenhang mit Elektroautos. Anmerkung der Redaktion: Es gibt Überlegungen, Elektroautos als Stromspeicher zu nutzen, da diese ohnehin die meiste Zeit des Tages herumstehen.
Sichtbare Anlagen werden oft abgestellt. Braucht man den Strom nicht?
Die Abschaltungen hängen teilweise mit dem Artenschutz zusammen. Außerdem erzeugen Windenergieanlagen ihren Strom eher im Winter. So können sich PV-Anlagen und Windenergieanlagen bestens ergänzen. Die Abschaltungen kosten weniger als 2 % des möglichen Ertrages einer WEA.
Im Osterholz liegt ein Brunnen und ein Wasserreservoir. Wird das nicht durch die WKA beeinträchtigt?
Die projektierten WKA liegen außerhalb des Schutzgebietes I, eine Beeinträchtigung des Brunnens ist nicht zu befürchten. (Einwurf von Ortsvorsteher Skowronski: Das Reservoir wird ohnehin stillgelegt, da ein neuer Hochbehälter seitens der Wasserversorgung Obere Schussentalgruppe errichtet wird).
Wie viel Wald wird abgeholzt?
Das Baufeld pro Windrad beträgt einen Hektar, der abgeholzt wird. Die Baubestimmungen für eine WKA besagen, dass 50 % davon am Standort aufgeforstet werden müssen, die anderen 50 % müssen an anderer Stelle ausgeglichen werden. Das bedeutet, die RES kann im Staatsforst ausgleichen oder bei interessierten Kommunen. Sie hat bei einer Gemeinde als Ausgleich auch schon einen Waldlehrpfad erstellt. Die Möglichkeiten sind vielfältig.
Wie geht es weiter, gibt es schon Simulationen zum Schattenwurf?
Das Projekt ist noch in einer sehr frühen Phase. RES muß als erstes das Gutachten zum Artenschutz abwarten. Wenn dieses positiv für RES ausfällt, gibt es ein neues Update mit Schall- und Schattenprognosen.
Und wenn es uns nicht gefällt?
Wenn die ganzen Gutachten positiv ausfallen und RES eine Baugenehmigung erhält, wird RES die Windkraftanlagen im Osterholz bauen.
Text / Fotos: Erwin Linder
Links Markus Kissing, Projektleiter, rechts Jonas Werle, Artenschutzbeauftragter der RES
Selbstfahrlafette für den Transport der Flügel. Bild aus der Präsentation
Vorläufiger Zeitplan. Grafik aus der Präsentation.