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Bad Waldsees OB Henne hatte in seiner Krankenhausrede auf dem Gut-Betha-Platz ein Aussetzen des Schließungsbeschlusses für zunächst drei Jahre gefordert. Das war ein Vorschlag, den die Entscheidungsträger im Kreistag und vor allem in der OSK sowie im Landratsamt hätten ernsthaft bedenken sollen. Statt dessen werden Fakten geschaffen. Mit Tunnelblick und Stöpseln in den Ohren wird der Kreistagsbeschluss durchgepaukt, Warnungen ignorierend, flehentliche Bitten, gute Argumente in den Wind schlagend. Das Schlimmste: Ahnend, vielleicht sogar wissend, dass es keine Auffanglösung (MVZ oder PVZ) geben wird; das traurige Beispiel Krankenhaus-Schließung in Leutkirch lässt grüßen. Dort wartet man noch heute auf das versprochene Medizinische Versorgungszentrum (MVZ).

Dass das OSK-Gutachten der Hamburger Unternehmensberatung „unausgegoren“ ist (O-Ton Bertele von der BI), zeigt sich daran, dass neue gesundheitspolitische Trends nicht in das Strukturkonzept eingeflossen sind.

Wurden die Krankenhäuser einst nach Liegezeit bezahlt – die Älteren wissen um die hinausgezögerten Entlassungen – so gilt seit geraumer Zeit das DRG-System: Honoriert wird nach „Fällen“. Dieses System benachteiligt kleine, ländliche Krankenhäuser, deren Fall-Anteil unterdurchschnittlich und deren Anteil an Basis-Leistung überdurchschnittlich ist.

Nun gibt es in der Bundesregierung Überlegungen, vom fehlleitenden DRG-System wieder in Teilen abzugehen und eine Mischfinanzierung einzuführen, die die Basisleistung (Grundversorgung) besser honoriert. Das würde die kleinen Häuser auf dem Land stärken.

Mit dieser Reform beschäftigt sich derzeit eine vom Bundesgesundheitsminister eingesetzte Regierungskommission; darauf macht der Ravensburger Blogger und kritische OSK-Beobachter Stefan Weinert aufmerksam. Die Reform soll noch in der laufenden Legislaturperiode umgesetzt werden.

Diese Neuausrichtung der Krankenhausfinanzierung hätte man doch abwarten können, ehe man Tatsachen schafft. Oder wollen die Luchas der deutschen Gesundheitspolitik den Kahlschlag noch schnell durchziehen, ehe die Reform kommt?

Solche Fehlsteuerungen von oben konnte man in der deutschen Wirtschaftsgeschichte schon mehrfach beobachten. Zum Beispiel in der Landwirtschaftspolitik. Mittels Abschlachtprämien wurde um 1980 das Höfesterben beschleunigt und über die Milchquote wurde diese Flurbereinigung zementiert. Sonntags wurde das hohe Lob des bäuerlichen Familienbetriebs gesungen, werktags wurden die Weichen für die Agrarindustrialisierung gestellt.

Zurück zur OSK: Ein Moratorium – ein Aufschieben der Schließung – wäre vernünftig gewesen.

Wie vernunftwidrig die Welt der Gesundheitsökonomen sich bisweilen gibt, sieht man an dem kleinen ländlichen Krankenhaus Bad Waldsee: Es profitierte mit seiner Spezialisierung auf eng getaktete Endoprothetik in besonderer Weise vom DRG-System. Und dennoch soll es zugemacht werden. Paradox, aber wahr.
Gerhard Reischmann

 

 

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halloRV

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