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Bad Waldsee - Bei der Kundgebung am Sonntag (2. 10.) in Bad Waldsee auf dem Gut-Betha-Platz sprach für die Bürgerinitiative Thomas Bertele. Die Bildschirmzeitung dokumentiert nachstehend seine Rede im Wortlaut (Zwischentitel von der Redaktion der Bildschirmzeitung eingefügt):
Liebe Waldseerinnen und Waldseer, liebe Bewohnerinnen und Bewohner dieser Region,

auch ich begrüße Sie im Namen der Bürgerinitiative Krankenhaus Bad Waldsee ganz herzlich auf dieser Veranstaltung zur Lage unserer regionalen Gesundheitsversorgung. Ich spreche Sie heute bewusst nicht als Mitbürgerinnen und Mitbürger an, denn damit würde ich Ihnen ja vor Augen führen, was wir alle in den kommenden Jahren zu tun haben, nämlich zu bürgen. Bürgen und dafür bezahlen, was unter anderem durch den Kreistag beschlossen wurde und noch beschlossen werden wird. Deshalb möchte ich heute bewusst darauf verzichten, denn das werden wir alle noch früh genug am eigenen Geldbeutel zu spüren bekommen. Dann nämlich, wenn der Verlust der Oberschwabenklinik Ravensburg nicht mit 10 oder 20, sondern vielleicht mit 30 oder gar 40 Millionen € Verlust zu Buche stehen könnte und diese Verluste aus Steuergeldern, Umlagen oder Abgaben von uns allen ausgeglichen werden müssten. Aber der Reihe nach.

Am 14. April dieses Jahres standen wir bereits einmal in großer Zahl zusammen, um uns für unser Krankenhaus und die medizinische Versorgung unserer Region stark zu machen. Wir, die Bürgerinitiative und die Stadt Bad Waldsee, haben in aller Deutlichkeit aufgezeigt, wohin die Reise geht, sollte das Waldseer Haus geschlossen werden. Dennoch hat der Kreistag am 31. Mai in seiner Sitzung in Wetzisreute entschieden, unserem Krankenhaus den Garaus zu machen. Direkt im Anschluss an diese Abstimmung haben sich etliche Mitglieder der einzelnen Fraktionen und deren Vorsitzende zu Wort gemeldet und sich für eine zeitnahe, umfassende und größtenteils ambulante Alternativversorgung unserer Region stark gemacht: Jetzt, wo das Krankenhaus vor Ort geschlossen wird, muss unverzüglich und ohne Umschweife die medizinische Versorgung der Region Bad Waldsee sichergestellt werden. Blablablablabla.

„Großspurige Reden“
Was ist heute, vier Monate später von all den großspurigen Reden und Ankündigungen aus dieser Kreistagssitzung im Mai übriggeblieben? Alle haben doch eine schnelle medizinische Alternativversorgung für Bad Waldsee angemahnt und gefordert.

Nur, wo sind jetzt die zusätzlichen Kooperationen mit Hausärzten, die tausendfach ins Spiel gebrachten MVZs und PVZs, die erforderlichen Kassenarztsitze und die dafür benötigten Räumlichkeiten? Bis heute alles nur lauwarme Luft. Bei wem liegt denn jetzt die Verantwortung, die alle übernehmen wollten, damit genau das, was jetzt passiert, eben nicht passiert. Hier entsteht gerade ein riesengroßes schwarzes Loch in Sachen medizinischer Versorgung und der so großartig angekündigten Ambulantisierung und Digitalisierung der Medizin?

„Unausgegoren“
Wo ist der Landrat als Aufsichtsratschef der OSK und oberster Dienstherr des Landkreises in diesem mehr als stockenden Prozess? Herr Landrat Sievers, hier und heute geht es nicht mehr nur um Bad Waldsee, das muss einmal in aller Deutlichkeit gesagt werden. Hier geht es um ein unausgegorenes medizinisches Konzept eines kommunalen Unternehmens mit noch ca. 2800 Mitarbeitern in ihrem und unserem Landkreis Ravensburg. Wofür stehen Sie denn in dieser Sache? Sind Sie trotz aller Widrigkeiten weiterhin ein überzeugter Verfechter dieses Konzepts und wenn ja, dann erklären Sie uns doch warum?

„Gerecht ist das nicht“
Und weshalb wird Bad Waldsee mit derzeit überhaupt nichts abgespeist, während in Wangen dreistellige Millionensummen als Investitionen im Raum stehen? Am Ende dieses Prozesses ist es absehbar, dass Wangens zugesagte Sonderwünsche aus der Abstimmung vom Mai möglicherweise durch die Schließung von Bad Waldsee finanziert werden. Gerechte Ressourcenverteilung unter gleichwertigen Partnern sieht anders aus!

Die OSK-Spitze wiederholt ausgetauscht
Meine sehr verehrten Damen und Herren, obwohl von den Kreistagsvorsitzenden in der Schwäbischen Zeitung anderslautende Statements zu lesen waren: Wenn aber die komplette Spitze eines Unternehmens im Gesundheitswesen entweder freiwillig die Firma, also die OSK, verlässt oder aber verlassen muss und dies bereits zum wiederholten Mal in kürzester Zeit, wie kann es dann um ein medizinisches Konzept dieses Hauses bestellt sein. Wie überzeugt sind dann die Ersteller dieses Konzepts ebenso wie die Ermöglicher? Wenn eine Kündigungswelle durch das Unternehmen rauscht und sich viele Menschen von der OSK abwenden, wie kann man dann von einem planmäßigen Verlauf sprechen? Wenn man von 540 Betten im EK nur noch die Hälfte betreibt, wie kann man dann die Augen verschließen und behaupten, dass dieses Konzept ein Erfolgsmodell sein soll? Und wenn geplante Operationen reihenweise verschoben werden müssen, wie muss es dann um den Zustand der Klinik bestellt sein?

Schönwetterzahlen
Was sind all die Schönwetterzahlen des Gutachtens von BAB heute noch wert? Wahrscheinlich nicht einmal mehr das Papier, auf dem diese noch vor wenigen Monaten für sehr viel Geld gedruckt wurden.

„Entwürdigend“
Fragen Sie doch die Patienten, die in der Notaufnahme im EK ankommen, wie zeitnah sie versorgt werden. Von bis zu elf Stunden Wartezeit ist dort inzwischen die Rede. Das ist doch ein katastrophales, den Patienten entwürdigendes Armutszeugnis, ein medizinischer Offenbarungseid und in so einer Situation wird auch noch die Klinik in Bad Waldsee dauerhaft geschlossen. Ein Haus das als Puffer, als Anker fungieren und Druck aus dem explosiven Kessel EK nehmen könnte. Was muss passieren, bis endlich ein Umdenken bei den politisch Verantwortlichen erfolgt? Haben wir nicht durch mehr als zwei Jahre Pandemie und massenhafte Zuwanderung aus Kriegs- und Krisengebieten mit genügend Problemen in der medizinischen Versorgung der Menschen hier zu kämpfen?

„Ankerkette am Hals“
Und woher soll jetzt, in dieser Extremsituation plötzlich eine neue und kompetente Führungsriege aufgetrieben werden, die dieses kranke Unternehmen wieder auf einen Genesungskurs bringt? Wer überhaupt, der noch einigermaßen bei Verstand ist, würde sich die Ankerkette eines schwankenden Riesentankers um den Hals legen?

Warnung vor Privatisierung
Wir, die Bürgerinitiative KKH Bad Waldsee können nur für die gesamte OSK und den Landkreis hoffen, dass dieses medizinische Konzept, so es denn weiterverfolgt wird, nicht zu einer schleichenden Privatisierung der gesamten Gesundheitsversorgung im Landkreis Ravensburg führt. Liebe Kreisrätinnen und Kreisräte, halten Sie sich immer vor Augen, dass sie sich vor nicht allzu langer Zeit uneingeschränkt zu einer weiterhin kommunalen Trägerschaft der OSK ausgesprochen haben.

Das funktioniert nicht
Wir appellieren daher, nein, wir fordern den Landrat, den Kreistag und den Aufsichtsrat dazu auf, dieses nicht funktionierende medizinische Konzept außer Kraft zu setzen, bis ein tatsächlich tragfähiges Konstrukt zum Wohle der Menschen im Landkreis Ravensburg geschaffen werden kann. Stoppen Sie augenblicklich die Verlegung der Orthopädie von Bad Waldsee nach Wangen, denn um das zu leisten, ist Wangen derzeit überhaupt nicht in der Lage, weder logistisch noch personell. Halten Sie Bad Waldsee am Leben und machen Sie den abwanderungswilligen Mitarbeitern ein attraktives Angebot über eine Weiterbeschäftigung und sichern Sie dadurch die Versorgung der örtlichen Bevölkerung.

Vergessen Sie die arrogante Aussage des Gesundheitsministers Lucha, keinen Cent in Bad Waldsee investieren zu wollen, daran kann doch nicht die medizinische Versorgung einer ganzen Region ausgerichtet werden. Schauen Sie in den Bodenseekreis, hier hat es der Medizin Campus Bodensee vorgemacht und entgegen der Forderung von Minister Lucha das KKH Tettnang nicht nur erhalten, sondern mit der zusätzlichen Installation eines PVZs sogar noch ausgebaut. Seien Sie ebenso mutig und unterstützen sie uns hier in Bad Waldsee und den angrenzenden Regionen, denn Herr Lucha wird als Minister irgendwann Geschichte sein, aber die Menschen hier, die werden bleiben.

Wir bitten Sie ...
Wir bitten Sie von ganzem Herzen darum, kümmern sie sich um diese Menschen, denn dafür wurden sie von ihnen gewählt und somit tragen sie auch ein Stück weit die Verantwortung für sie. Geben Sie den Mitarbeitern der OSK in Ravensburg, Wangen und Bad Waldsee endlich eine langfristige Perspektive und erkennen Sie, dass gutes Personal nicht entmündigt, sondern in Zukunftsentscheidungen eingebunden und mitgenommen werden muss. Denn sonst werden sie vielleicht demnächst einen Stapel von Dankschreiben der umliegenden Privatkliniken und Pharmaunternehmen über dorthin abgewanderte Mitarbeiter der OSK auf ihren Schreibtischen vorfinden und spätestens dann werden Sie feststellen, dass dieses ihr medizinisches Konzept eben doch krachend gescheitert ist.

Mein Name ist Thomas Bertele, ich spreche im Namen der Bürgerinitiative Krankenhaus Bad Waldsee und ich bedanke mich ganz herzlich für ihre überwältigende Präsenz und ihre großartige Unterstützung."

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Thomas Bertele, Sprecher der BI Krankenhaus Bad Waldsee, am Sonntag auf dem Gut-Betha-Platz. Foto: Erwin Linder

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halloRV

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