Aulendorf – Zu Beginn der Gemeinderatssitzung informierte Bürgermeister Matthias Burth zur aktuellen Coronasituation. Derzeit gibt es 18 Infizierte und 100 Kontaktpersonen, darunter sind 39 Schüler der Klasse 2 der Grundschule, in Quarantäne. Auch die Schulen betreffend hat das Land eine Förderung zum Umbau in Höhe von 213 000 Euro bewilligt.
Die nachfolgende Einwohnerfragestunde leitete direkt über zum nachfolgenden Tagesordnungspunkt Schaffung von bezahlbarem Wohnraum der Stiftung Hoffnungsträger. Mehrere Anwohner der Riedstraße meldeten sich und stellten das Projekt in Frage: zu groß, Ghetto, waren die Stichworte oder die Befürchtung, dass hier Flüchtlinge und Straffällige in die Nachbarschaft ziehen. Burth stellte klar, dass nach der Vorentscheidung im Rat auch eine Bürgerversammlung zum Thema folgen werde und bat danach die Vertreter des Projekts, dieses zu erläutern. Der Geschäftsführer Wolfgang Lieb der HTS-Handel GmbH, einer Tochtergesellschaft der Stiftung beschrieb die Ursprünge der Stiftung gegründet von Tobias Merkle aus der Ulmer Unternehmerfamilie. Sie hat ihren Hauptsitz in Leonberg und ist nicht nur in Deutschland, sondern auch mit Patenschaften in Kolumbien und Kambodscha aktiv.
Der Architekt Thorsten Blatter zeigte anhand Projekten an anderen Standorten in Baden-Württemberg von Bad Liebenzell bis Konstanz die Bauweise der „Hoffnungshäuser“. In Aulendorf sollen neben dem Friedhof drei dreigeschossige Mehrfamilienhäuser in Holzmodulbauweise enstehen, die vergleichsweise zu anderen Bauten schnell aufgestellt werden könnten, da viele Teile vorproduziert sind. Trotzdem werde mit hohem energetischem Standard gearbeitet und auf Nachfrage von Beatrix Nassal (BUS) ergänzte er, die Energie werde mit Luftwärmepumpen und Photovoltaik bereitgestellt. Als Anbindung zum bestehenden Baugebiet sind vier Doppelhäuser mit Satteldach geplant, dazwischen eine Straße, die als Spielstraße konzipiert ist.
Die Belegung der insgesamt 32 Wohneinheiten, 14 Einzelappartements, 9 Dreizimmer und 9 Vierzimmerwohnungen ist an den Wohnberechtigungsschein gebunden. Die Berechtigung dazu besitzen nach ihrem Einkommen aber 50 % der Bevölkerung. Sollten für den Bezug in den Doppelhäusern keine sechsköpfige Familie gefunden werden, dies ist Voraussetzung nach SGB II, so sei auch ein Verkauf möglich. Das Projekt sei eben nicht ein Resozialisierungshaus für Straffällige oder eine zugewiesene Anschlussunterbringung für Flüchtlinge, sondern ein bezahlbarer Wohnraum, 33 % unter dem ortsüblichen Niveau für die nächsten 30 Jahre. Als zentraler Ansprechpartner vor Ort wird eine Wohnung mit einem Hausverwalter besetzt, der bei allerlei Schwierigkeiten unterstützen kann.
Während Karin Halder für die BUS und Rainer Marquart für die SPD das Projekt unterstützten, war die Haltung bei der FWV gespalten, Oliver Jöchle dafür und Ralf Michalski mit Robert Rothmund dagegen. Für die CDU sah Konrad Zimmermann aus den Erfahrungen mit den Russlanddeutschen ein Problem mit solch einem Projekt, Gabi Schmotz wollte die Entscheidung verschieben und Kurt Harsch sprach von einer „Überrumpelung“, dem Burth energisch widersprach.
Nach fast zweistündiger Diskussion wurde zunächst über den Antrag von Franz Thurn (BUS) Ende der Debatte und Abstimmung entschieden,der mit 11 Ja bei 6 Neinstimmen eine Mehrheit fand, ebenso wie das Projekt in der Riedstraße insgesamt, das mit 11 zu 6 Stimmen befürwortet wurde.
Aufbau einer solidarischen Gemeinde
Weniger umstritten war der nächste Tagesordnungspunkt Aufbau einer solidarischen Gemeinde. Vorab war im Kreistag für das Caritas-Projekt einer kreisweiten Koordinierungsstelle gestimmt worden. Aulendorf werde als Pilotprojekt vor Ort in der Nachfolge der Zuhause-Leben-Stelle den demografischen Wandel begleiten, den eine alternde Gesellschaft mit sich bringe und nicht allein durch Heime und mobile Pflege abgedeckt werden könne, so Burth. Eine Sozialarbeiterstelle mit 47 000 Euro jährlich über fünf Jahre gefördert, soll die Vernetzung von bestehenden Nachbarschafts- und Quartiershilfen fördern und ausbauen. Auch finanziell, „gut angelegtes Geld“,so Marquart und „kleine Summe“ im Vergleich zu Heimkosten (Martin Waibel BUS) spreche für den Aufbau der solidarischen Gemeinde, die mit großer Mehrheit bei einer Enthaltung befürwortet wurde.
Die Kalkulation der Wasser- Abwassergebühren für das Jahr 2021, im Vergleich zu anderen Gemeinden im Mittelfeld, so der Bürgermeister, wurde ebenso mit großer Mehrheit zugestimmt wie die Änderungen der Wasserversorgungssatzung vom 10.10.2011, der Änderung der Abwassersatzung vom 10.10.2011 und der Änderung der Entsorgungssatzung.
Beim Thema künftige Übernahme der Kosten für „Windelsäcke“ durch die Stadt Aulendorf, entspann sich eine Diskussion auf Antrag von Ralf Michalski, diese auf zwei Jahre zu bewilligen. Bei 26 Säcken jährlich und rund 6000 Nutzern, darunter ein Fünftel nicht nur Kleinkinder, sondern ärztlich bescheinigte inkontinente Antragssteller, kostet diese Unterstützung etwa 15 000 Euro pro Jahr. Mit einer Mehrheit von 13 zu 4 Stimmen wurde die Förderung auf zwei Jahre ausgeweitet.
Text und Bilder: Gerhard Maucher