Aulendorf – Zwei Projekte, die eventuelle Errichtung einer Windkraftanlage im Bereich Weiherwiesen/Unterrauhen auf Gemarkung Tannhausen und die geplante PV-Freiflächenanlage im Gewann „Wannenberg“ waren Themen einer Einwohnerversammlung am Mittwochabend.
Etwa 100 Besucher:innen füllten die Stadthalle nur zur Hälfte, sodass einige Stühle frei blieben. Die Stadtverwaltung hatte die Versammlung aus dem Musiksaal der Schulzentrums in die Stadthalle verlegt und mit mehr Interesse gerechnet. Der Bürgermeister Matthias Burth erinnerte an die Vorgaben des Landes, die eine Fläche von 1,8 % für Windkraft in jeder Region vorsehen.
Beide Projekte befinden sich auf Flächen, deren Eigentümer das Haus Königsegg-Aulendorf ist. Zusammen mit der Firma Uhl Windkraft aus Ellwangen möchte der Graf von Königsegg-Aulendorf 4 Windräder im Tannwald bei Tannhausen bauen und seit einem halben Jahr sind die Planungen dafür im Gang. „Zu einem frühen Zeitpunkt noch am Anfang des Prozesses“, wolle man die Öffentlichkeit informieren, so der Jurist Dr. Matthias Pavel, der zunächst das von Franz Uhl gegründete Familienunternehmen vorstellte.
Seit über 30 Jahren betreibe Uhl Windkraft knapp 30 Windkraftanlagen in Deutschland, vorwiegend in Bayern und Baden-Württemberg. In nächster Umgebung habe man 2020 den Windpark Bad Saulgau mit 3 Windrädern in Betrieb genommen und 2022 wurde die Windkraftanlage in Hoßkirch mit 6 Windrädern genehmigt bekommen.
Die vier Windräder bei Tannhausen mit einer Nabenhöhe von 199 m und einem Rotordurchmesser von 172 m entsprechen einer Gesamthöhe von 285 m bei einer Nennleistung von 7,2 MW je Windrad. Erste Prüfungen der Belange des Militärs und von Richtfunkstrecken seien konfliktfrei, ebenso die Abstimmungen mit dem Flugplatz Reute über die Freihaltung einer Einflugschneise und Platzrunde.
Der Abstand von 750 m zu außerörtlichen Bebauung und 1000 m zu Wohnbebauungen in Ortslagen werde eingehalten. Für den Schattenwurf gelte eine Grenze von 8 Stunden jährlich. Bei Überschreitung werde die Anlage abgeschaltet. Die Schallimmissionen von 40 Dezibel entsprechen „dem Brummen eines Kühlschranks“, so Pavel und alle gerodeten Flächen werden an anderer Stelle ausgeglichen.
Für die Errichtung benutze man bestehende Wege und zeigte zum Beweis dafür Bilder des Windparks Bad Saulgau. Projektleiter des Windparks Aulendorf ist der Umweltingenieur Max Weiß, der über die ganzjährige Prüfung zum Arten- und Naturschutz berichtete. Diese werde bis Ende dieses Jahres dauern und Ergebnisse sollen in einer weiteren Infoveranstaltung 2024 vorgestellt werden.
Ebenfalls im Jahr 2024 solle der Antrag zur Genehmigung an das Landratsamt gehen, sodass man 2025 mit der baulichen Umsetzung beginnen und 2026 mit der Errichtung der Anlage rechne. Auf Fragen aus der Zuhörerschaft wurde versichert, dass die Anlagen des Herstellers Vestas Extremwetterlagen wie einem schweren Sturm standhalte bei einer Lebensdauer von 25 Jahren. Nach einer Außerbetriebnahme bestehe die Verpflichtung zum vollständigen Rückbau samt Fundament, der mit einer Bürgschaft vertraglich abgesichert sei.
In nächster Nähe zur Anlage wohnt Frau Heinemann mit ihrem Mann, die aus dem Grundwasser der Umgebung versorgt wird. Sie wisse, dass der Schutz von Grundwasser Vorrang vor Windkraft habe und forderte ein hydrogeologisches Gutachten.
Man kenne das aus anderen Projekten, zuständig sei die Wasserbehörde, so Pavel, und versicherte der Anwohnerin, die Untersuchung bekomme man noch in diesem Jahr technisch gelöst. Ein anderer Anwohner aus Tannhausen fragte nach dem Abstand zum Waldkindergarten, und befürchtete, dass der Wohnwert in Tannhausen durch die Anlage sinke. Nach seiner Erfahrung bei anderen Anlagen sei das Interesse einer Ansiedlung von anderen Faktoren abhängig, antwortete Pavel, und versprach den Anwohnern von Tannhausen, dass sie mit einem Bürgerstrommodell von der Anlage profitieren können, ohne dabei Details zu nennen.
Der Abstand zum Waldkindergarten beträgt 700 bis 800 m und für eine Anwohnerin aus Zollenreute sind die gesundheitlichen Risiken durch Infraschall ein Thema. Diesen könne man messen und nach Ergebnissen des Landesamts für Umwelt sei Infraschall nur bis zum Abstand von 400 bis 500 m messbar. Darüber hinaus seien Risiken auszuschließen. Gäbe es tatsächlich belegte Gesundheitsschäden, wäre eine Windkraftanlage nicht genehmigungsfähig, erwiderte Pavel und bestätigte den Getriebeschaden an einem Windrad in Bad Saulgau. Nach 3 Jahren nicht schön, so Pavel, aber das Getriebe werde vom Hersteller ausgetauscht.
Ein weiteres Projekt des Haus Königsegg-Aulendorf ist die geplante 42 Hektar große Freiflächenphotovoltaikanlage am Wannenberg. Die Vertreter von Planstatt Senner GmbH, Lukas Stocker und Kollege Müller aus Überlingen erläuterten die Ergebnisse ihrer von der Stadt in Auftrag gegebene Standortalternativenprüfung. Diese hatten sie erst ebenso im Gemeinderat vorgestellt und die Bildschirmzeitung berichtete darüber am 25.04., vor wenigen Tagen, sodass auf diesen Bericht verwiesen wird.
Für den Betreiber Blue Elephant Energy GmbH, mit dem das Haus Königsegg-Aulendorf als Gesellschafter verbunden ist, war Roland Quast aus Hamburg gekommen, um über die Anlage zu informieren. Nach Darstellung des Managers sind die Vorteile der Anlage ihr Standort, 300 m zur nächsten Siedlung auf der Fläche des Eigentümers, sodass keinem Pächter landwirtschaftlich genutzte Fläche entzogen werde.
Auch zu berücksichtigen sei die Infrastruktur mit einem Netzanschluss für Hochspannung in einer Entfernung von 2,9 km, den man bereits reserviert bekommen habe. Die Anlage erzeuge günstigen Strom von 4-6 cent pro kwH, wobei die Stadt einen Anteil von 0,2 Cent erhalte, und zusammen mit der Grundsteuer komme diese damit auf Einnahmen von einer Viertelmillion Euro jährlich. Auch ein Batteriespeicher auf einem halben Hektar sei geplant und die Schafbeweidung unter der Anlage biete zusätzliche Vorteile für die Landwirtschaft, wie den Schutz vor Greifvögeln und Wölfen.
Nach dem Aufstellungsbeschluss werde die Planung bereits am 22.Mai im Gemeinderat zur Entscheidung eingebracht. Nur einen Einwand eines Landwirts gab es noch, der den Standort lieber auf weniger wertvollen Böden sehe, so auf Wiesenmooren nahe Blönried. Diese sind aber derzeit in der Karte des Regionalplans mit rot aus Gründen des Natur- und Artenschutzes als nicht genehmigungsfähig dargestellt.
Text und Bilder: Gerhard Maucher