Bad Wurzach - Ob als Solist oder gemeinsam mit dem Gypsy Jazz Trio „Die Drahtzieher“, Sandro Roy verzauberte den ehrwürdigen Kapitelsaal und seine Zuhörer mit seiner Geige bis tief ins Innerste.

Der Organisator der Konzertreihe des Wurzacher Kulturkreises, Wolfgang Weiß, freute sich in seiner Begrüßung, dass der Kapitelsaal bei diesem hochklassigen Konzert wieder ausverkauft war. Ebenso aber auch darüber, dass im fünften Jahr der Reihe mit dem Ziegelwerk Arnach, Baugrund Süd und der Firma Rast weitere Sponsoren diese musikalischen Highlights unterstützen. Er dankte auch Manuel Pfender und den Mitgliedern der DLRG, die für die Bewirtung vor dem Konzert und in der Pause sorgten.

Gleich zum Einstieg in das Programm, natürlich mit der Django Reinhardt-Nummer „Made in France“ glich sich der junge Geiger seinen Mitspielern an, indem er den Bogen beiseite ließ und auch sein Instrument zupfend und schlagend bearbeitete. Der 25jährige Sandro Roy, den Sologitarrist und Moderator Klüttig als alten Freund bezeichnete, entstammt einer musikbegeisterten Sinti-Familie und erlernte bereits mit sieben Jahren das Geigenspiel. Trotz seines jungen Alters bringt er bereits viel Bühnenerfahrung mit und kann eine beeindruckende (Konzert-)Vita vorweisen. Dazu zählen etwa Festivals in den USA, ein ausverkauftes Konzert im legendären „Ronnie Scotts Jazzclub“ in London, aber auch Konzerte mit dem Münchner Rundfunk Orchester und der NDR Bigband. Ebenso wie Auftritte beim ehemaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck in Berlin und im Programm des britischen Radiosenders BBC.

In Bad Wurzach sorgte der Ausnahme-Violinist gemeinsam mit dem aus Ravensburg und Umgebung stammenden Gypsy-Jazz-Trio „Die Drahtzieher“, rasch für wippende Füße und oft für Szenenapplaus. Bobby Guttenberger an der Rhythmusgitarre, Kolja Legde am Kontrabass und David Klüttig an der Sologitarre nahmen die Gäste gemeinsam mit dem Geigenvirtuosen mit auf ihre musikalische Reise durch viele Musikgenres. Neben klassischen Gypsystücken von Django Reinhardt, gab es auch Jazz Standards – etwa von Chick Corea – oder aber Flamenco-Musik.

Mit Sandro „Amadeus“ Roy titulierte Klüttig seinen Mitspieler einer Anmoderation, der sich dann auch nicht zweimal bitten ließ und voller Stolz seine Heimatstadt Augsburg als „die einzige Mozartstadt Deutschlands“ bezeichnete, denn der Vater Leopold des Musikgenies war wie Roy ein gebürtiger Schwabe. Dessen bald anstehender 300. Geburtstag werde auch in der Fuggerstadt groß gefeiert, erzählte Roy. Logisch, dass da ein Mozartstück „mit ein bisschen Roy-Geschmack“ (O-Ton Klüttig) nicht fehlen durfte. Mit viel Humor gesegnet ist junge Violinen-Crack ebenfalls: Bei der Anmoderation des letzten Stücks eines Boleros sagte er: „Nein, nicht der von Ravel, der würde zu lange dauern, wir haben schließlich zwei Familienväter in der Gruppe!“

David Klüttig brachte mit seinen Mitspielern dem Publikum aber nicht nur die musikalische Welt des Django Reinhardt nahe, sondern gab ihm auch einen kleinen Einblick in seine Vita. Der „Wegbereiter des europäischen Jazz“ und das Jahrtausend-Genie hatte nach einem schweren Feuerunfall in jungen Jahren gelernt wieder mit zwei Fingern Gitarre zu spielen und begründete damit eine komplett neue Spieltechnik, die auf dieser Zweifingertechnik basierte.

Aber auch Klüttig hat einen feinen Sinn für Humor: Mit dem Beatles-Stück „Here, There and Everywhere“ stieg das Trio noch ohne Sandro Roy in den zweiten Konzertteil ein: „Es ist ein neues Arrangement, für das wir morgen ein Video drehen, da habe ich gedacht wir proben das mal hier.“ Dass Roy auch Klassisch kann, zeigte er beim Danse Norwegienne von Edvard Grieg. Und zeigte dabei, ob auf Zehenspitzen stehend oder in die Knie gehend, dass er ein Vollblutmusiker mit jeder Faser seines Körpers ist. Bei „Spain“ von Chick Corea, („der privat etwas seltsam sein soll,“ Klüttig) wurde deutlich, warum an der Rhythmusgitarre von Bobby Guttenberger ein wenig „der Lack ab ist“: Das Instrument durfte dabei auch noch als Percussioninstrument herhalten.

Apropos Guttenberger: Für die vom restlos begeisterten Publikum geforderten Zugaben saßen dann zwei Guttenberger auf der Bühne: Cousin Dadi verstärkte gemeinsam mit Arif Aljia für die Zugaben das Stammtrio mit ihrem berühmten Gast.

Bericht und Bilder Ulrich Gresser

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