Bad Wurzach - Eigentlich sollte der Auftritt der französischen Gruppe „Les Poissons Voyageurs“ (zu deusch.: „Reisende Fische“) im Innenhof von Maria Rosengarten stattfinden. Aber weil die kühle Witterung es nicht zuließ, fand das außergewöhnliche Konzert im Kapitelsaal statt, der wegen seiner bekannt guten Akustik seinen Teil zur tollen Clubatmosphäre beitrug. Bild: Die Band Les Poissons Voyageur zeigte im Kapitelsaal eine mitreissende Show.

Der Organisator der Wurzacher Kulturkreis Konzerte, Wolfgang Weiß, stellte bei seiner Begrüßung sich namentlich vor, weil Tief „Wolfgang“ für die Verlegung verantwortlich war. Sein Dank ging zunächst an die Sponsoren, ohne die Veranstaltungen wie diese nicht zu vernünftigen Eintrittspreisen zu schaffen wären. Ein weiterer Dank ging an die Freien Wähler, die sich bereit erklärt hatten, die Bewirtung der Besucher zu übernehmen und den Erlös an das Haus St. Hedwig zu spenden.

Dem Stammpublikum waren die Gesichter von zwei der Musiker schon bekannt: Denn Bassist Jean Russell und Gypsy-Gitarrist Louis Boudot waren bereits im vergangenen Oktober an jenem legendären Konzert von „Sunshine in Ohio“ in der Leprosenhauskapelle beteiligt gewesen. Ergänzt wurden die Reisenden Fische an diesem Freitagabend durch Jules Fromonteil: Klarinette, Coline Ellouz: Klarinette und Gesang, Robin Mora: Baritonsaxophon und Gesang. Als Special Guest hatten sie den Kanadier Jean Francois Leclerc mit seinem roten Akkordeon dabei.

Das junge Quintett hatte im Jahr 2008 die Idee geboren, mit einem Van um die Welt zu reisen und Musik zu machen. Das Publikum erwartet ein breites Repertoire an unterschiedlichen Musikstilen, geprägt von den vielen Bekanntschaften, die die jungen Musiker auf Ihren Reisen machten. So auch in einem kleinen Dorf in Costa Rica, dem sie gleich zu Beginn den Song „Mary Ann“ widmeten.

Wie bereits vor einem Jahr bei Sunshine in Ohio war die „Kleinste“ , in diesem Fall Sängerin und Klarinettistin Coline Ellouz, wieder die Größte: Egal ob sie ein Duell mit ihrem Klarinettenkollegen Jules Frontmontoil austrug, oder rücklings auf den Beinen des Baritonsaxophonisten Robin Mora liegend ihre Klarinette gen Himmel richtete und (echtes Multitasking!) ihren musikalischen Beitrag leistete, ihr galt immer die besondere Aufmerksamkeit der gut 80 Konzertbesucher. Stichwort Himmel: Dem Stuckhimmel des Kapitelsaales kam sie bei einem anderen Stück dank des großen Stehvermögens von Jules Fromonteil auf dessen Schultern stehend und singend sehr nahe. Und für ihren Klarinettenkollegen bekam der Begriff „blind spielen“ unter dem weiten Rock von Coline Ellouz eine ganz neue Bedeutung.

Mit verbundenen Augen spielte auch Louis Boudot ein Stück, allerdings auf der Oukoulele. Und als man ihm den Augenschal wieder abnahm, trug er eine Schwimmbrille. Dass auch Jean Francois Leclerc zu solchen Showeinlagen fähig ist, deutete sich bereits bei einem der ersten Stücke an, als er um die mystische Stimmung zu unterstreichen, mit einem gejauchzte „Hallelujah“ begleitete. Um später als posender Gigolo „mit Hühnerbrust“ (O-Ton einer Sitznachbarin) durch die Reihen zu tänzeln.

Dass ein Baritonsaxophon auch wie ein Schlag- und Percussioninstrument klingen kann, bewies der gelenkige Robert Mora, doch für eine zärtliche Umschlingung weist es dann doch einen zu großen Umfang auf... Besondere Prägung erhält die Musik von Les Poissons Voyageur von Stilrichtungen des Balkan, etwa durch die Gypsy-Musik der Roma. Jean Russell erzählte auch, daß die Band im kommenden Jahr Großes vor hat. Neben Ulan Bator und Wladiwostok wollen sie 2020 auch zur Olympiade in Tokio sein, wenn sich wieder die Völker der Welt und damit auch deren Musik treffen.

Das Publikum im Kapitelsaal bekam neben Blues- und Gospelmusik auch südamerikanische Klänge geboten. Und dass die Musiker auch eine gute Kinderstube genossen haben zeigten sie bei ihrer lautstark geforderten Zugabe, als sie zum Zeichen, dass sich das Publikum von seinen Plätzen erheben möge, auf ebendiese Stühle stiegen. (Um sie danach feinsäuberlich wieder von ihren Schuhabdrücken zu befreien). Nun auf die Stühle stieg das Publikum nicht, dafür sorgte schon das ehrwürdige Ambiente des Kapitelsaales, aber alle feuerten die Musiker bei ihrem Marsch durch den Saal mit stehenden Ovationen an.

Wie sagte Wolfgang Weiß in seinem Schlusswort so treffend: „Wir sind prächtig unterhalten worden.“

Text und Bilder von Uli Gresser

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