Pfullendorf/Region - Während schon vor zwei Tagen draußen vor der Pfullendorfer Stadthalle ein Klimacamp für einen zukunftsfähigen Regionalplan den Vorplatz eingegenommen hat, treffen sich die Mitglieder der Verbandsversammlung des Regionalverbands Bodensee-Oberschwaben in der Stadthalle, um über die Fortschreibung des Flächennutzungsplanes für die nächsten 15 Jahre zu entscheiden. Die Abstimmung ist eine Enttäuschung für die kommenden Generationen.

 

Mitglieder der Verbandsversammlung sind vor allem Bürgermeister und wenige Bürgermeisterinnen der Region. Sie werden von den Kreistagen der Landkreise Sigmaringen, Ravensburg und Bodenseekreis auf Vorschlag ihrer Partei gewählt. Schon in der vorbereitenden Sitzung des Planungsausschusses vor Tagen in Horgenzell hatte es Wortgefechte entlang der Befürworter gegeben nach dem Motto: Alles bleibt wie es immer war - Die Versammlung besteht aus Verbandspräsident Wilfried Franke und den Parteien CDU, SPD und Freie Wähler auf der einen Seite und den Gegnern, die Flächenverbrauch und Mobilität umsteuern wollen, den Vertretern von Bündnis 90/Grünen und ödp.

Rund die Hälfte der 56 Mitglieder sind Bürgermeister, ehemalige Bürgermeister und Landräte, darunter zwei Frauen. Insgesamt beträgt der Frauenanteil nur etwas über 10 Prozent, also kein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Ein sehr antiquiertes Gremium, dass über die Zukunft der Region entscheidet. Wer im Sinne der nächsten Generationen empfindet, wie Dr. Ulrich Walz, B90/Grüne,  tut es dezidiert und stimmt gegen den vorliegenden Regionalplan.

So denken wohl auch die vielen jungen Gegner und obwohl sie mit allen demokratischen Mitteln den Plan stoppen oder verändern wollen, ist ihre Hoffnung gering bis nicht vorhanden, dass dieses Gremium mehr als marginale Änderungen beschließt.

Mit einer Trompete begleiten sie draußen den Abgesang auf die Versammlung.In dem Schlusswort von Walz , auf das man fast sechs Stunden bis zum Ende der Sitzung warten musste, sprach dieser davon, dass sich unsere Enkel auf die Bäume zurückgezogen haben. Dabei meinte er natürlich die Besetzer im Altdorfer Wald.

OB Daniel Rapp CDU aus Ravensburg sieht es anders, auch er ist gegen die Abholzung bei Grund, wie er gegenüber diebildschirmzeitung.de erklärte, , aber es werde nie gelingen, dass alle zufrieden seien, auch wenn man nochmal sechs Jahre verhandle. Es gibt viele Wünsche bei einer begrenzten Fläche , ob Wohnungssuchende, Gewerbe, Naturschutz und andere mehr, aber klimaneutrales Wachstum muss möglich sein, so sein Credo.

Als entschiedenster Verfechter des Regionalplans tritt Norbert Zeller, Ministerialrat a.D. aus Friedrichshafen in Erscheinung, gemessen an der Zahl seiner Wortmeldungen, die sich aber desöfteren wiederholen.

Hille Fiegel-Hertrampf aus Baienfurt (Bündnis 90/Die Grünen) ist eine der wenigen Frauen und in Ihrer Fraktion sieht man es so, dass man wesentlich mehr Kies als Baumaterial einsparen könnte, indem man Recyclingmaterial verwendet und den Straßenbau begrenzt. Straßen seien überdimensioniert, meint sie. Auch bezweifeln sie die Berechnung der Einwohnerzahl, mit der die Region wachsen solle. Das statistische Landesamt geht von 9000 mehr Einwohnern im Planungszeitraum aus.

Franke und die Bürgermeisterfraktion haben sich seit Jahrzehnten das Institut prognos ausgesucht, das schon immer für Wachstum stand, das von 29000 Einwohnern ausgehe.. Nicht genug für die Herren Bürgermeister in ihrer Mehrheit. Sie machen einen fiktiven prozentualen Aufschlag und rechnen gar mit 36 000 fiktiven Einwohnern, so Fiegel-Hertrampf. Entsprechend ergeben sich natürlich die Vorgaben für benötigten Wohnraum und Gewerbegebiete.

 

Andere Meinungen werden nicht gehört, das macht das Ergebnis von 36 zu 10 Gegenstimmen deutlich. Die Hälfte der Ausweisungen hätte gereicht, so das Fazit von Fiegel-Hertrampf. Wichtig war es ihr, noch zu sagen, dass der Klimaschutz viel zu kurz komme. Ihr Fraktionskollege Dr. Ulrich Walz, aus Bad Wurzach, promovierter Biologe, opponiert seit zwei Jahren gegen eine Sichtweise, die „nicht nachhaltig ausgerichtet sei“. Der Flächenansatz, der hier für Verbrauch von Wiesen und Wäldern fortgeschrieben werde, gehe von 4000 ha aus, und müsste mindestens um 10 % reduziert werden, um ein erstes Zeichen für Umsteuerung und Klimaschutz zu setzen. Auch rechtlich sei diese Einschätzung gedeckt. Zudem werde die Forderung auch von Naturschutzverbänden so erhoben. Eher richtig wäre es , den Neuaufschluss von Flächen um die Hälfte zurück zu fahren.

Am Beispiel Kiesabbau Eintürnen-Wolfegg / Molpertshaus stehen bei seinem Ansatz im Flächenverbrauch sogar 16 ha zu 54 ha , so der Plan in nur einem Detail, das er kritisiert. Blickt man auf die lautesten und auffälligsten Gegner des Regionalplans, die Waldbesetzer im Altdorfer Wald, so beklagen sie wie Walz, dass vom Klimaschutz viel die Rede sei, aber nichts wirklich dafür getan werde.

Das CO2-neutrale Schussental vor sich hertragend, spricht der OB von Ravensburg Daniel Rapp als erste Priorität von Umsetzbarkeit - und schon hat er die Klimaneutralität im Gewirr der Machbarkeit aus den Augen verloren. Einzelinteressen der Kommunen obsiegen.

Ravensburg hat sicher schon genügend Verkehr, nicht das vorrangigste Thema in der Abhandlung der Einzelaspekte. insbesondere in Ost- West- Richtung, durch teils vierspurige Straßen. Zu begreifen, dass mehr Straßen mehr Verkehr erzeugt, scheint schwierig zu sein. Zugute halten muss man Wilfried Franke -  das tun auch seine Gegner - seinen persönlichen Einsatz für die Bahn, regional und Elektrifizierung als Stichworte.

 

Für einen zukunftsfähigen Regionalplan, wie er von 40 Bürgerinitiativen, Vereinen, Verbänden und in Teilen der Parteien unterstützt wird, wird vor der Tür gekämpft. Über ihre Petition http://openpetition/regionalplan muss der Landtag noch entscheiden. Auch rechtliche Schritte sind noch möglich.

 

„Das Klima macht keine Kompromisse“

„Das Klima macht keine Kompromisse“ ruft ein enttäuschter Zuschauer, der Versammlung hinterher, bevor er geht. Andere bezweifeln gar die Notwendigkeit eines solchen Gremiums als ein Vermittlungsvorschlag von Bündnis 90/Die Grünen mit noch klarerer Mehrheit abgelehnt wurde. Immerhin waren 10 Mitglieder aus welchen Gründen auch immer entschuldigt, so klar die Machtverteilung für das althergebrachte, da mochte man sich noch so sehr bemühen ein anderes Bild zu zeigen.

Mitleid hatte Nadine Kießling, eine Mitarbeiterin des Präsidenten Franke verdient. Sie war heute früh nicht in das Gebäude ihres Amtsitzes in Ravensburg gekommen. Die Schlösser waren verklebt. So trug sie zwangsläufig unsortiert und mit viel Kopfschütteln begleitet ihren ersten Fachvortrag vor.

 

 Die Klimacamp-Aktivisten waren die letzte Nacht damit beschäftigt ein Banner am Aldi-Baukran in Baienfurt anzubringen, womit sie „verantwortungslose Flächenversiegelung“ kritisieren. Damit ergibt sich die nächste Frage.Wieviel Aldi braucht der Mensch? Fünf Mannschaftsbusse der Polizei, am Mittag nur noch zwei, plus weiter Fahrzeugbesatzungen sowie ein Sicherheitsdienst mit acht Mitarbeitern schützte die Versammlung, wobei außer einem Zwischenruf alles in ruhigen Bahnen verlief.

Text und Bilder: Gerhard Maucher

 

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