Ravensburg - Peter Schad und seine Dorfmusikanten luden zum Abschiedskonzert in die Ravensburger Oberschwabenhalle. Wen wundert‘s, sie kamen aus allen Himmelsrichtungen, füllten die Arena. Prominente der Blasmusikszene nicht nur Oberschwabens wie auch massenhaft Fans dieser Musikgattung, unter ihnen der Bundestagsabgeordnete Josef Rief. Keine Frage, ein Besuch dieses Ereignisses mit heiteren und wertschätzenden Einlagen hat sich mehr als gelohnt. Vor 40 Jahren begann die Erfolgsgeschichte des Ensembles beim Hafenkonzert des damaligen Südwestfunks in Friedrichshafen. Es folgten weit über 100 Live-Sendungen bei in- und ausländischen Sendern, weit mehr als 1000 öffentliche Konzerte und 20 CDs, was so vielen Menschen, aber auch den Musikern selbst große Freude machte.

Peter Schad begrüßte die Gäste mit „dass ich das noch erleben darf, wieviele werden da einst zu meiner Beerdigung kommen, wenn's do it so hoiss wär wie heit“. Mit „Polka Concertante“ begann der Konzertabend, authentisch und eben typisch auf Schadsche Weise geleitet. Vor dem zweiten Titel stellte er die beiden Damen des Ensembles vor: Ingrid Baumann (Flöten) und Carina Kienle (Flügelhorn und Gesang). Auch deren Vater Josef gehört zur Formation. Wie kommt denn dieser Vater an eine so hübsche Tochter, scherzte Schad. Es wird wohl an der Mutter liegen, spekulierte er. Carina, von Schad auch Goldkehlchen genannt, bewies gesanglich gefühlvoll vorgetragen mit „Der alte Lindenbaum“ ihre Vielseitigkeit.

Schad begann seine musikalische Laufbahn als Posaunist im Heeresmusikkorps 9 in Stuttgart, quasi als „Panzerabwehrposaune“. Und weil damals sogar noch zwei „Preußen“ mit auf Schads Stube lagen, meinte Schads Oma, „da hast Du ja schon mal zwei Gefangene gemacht“. Noch frühere Wurzeln finden sich in Ellwangen (Rot a. d. Rot), wo beispielsweise auf Familienfeiern gespielt wurde, woraus sich folgerichtig die Bezeichnung „Dorfmusikanten“ ableitete.

Den dritten Titel „Morgen am Bodensee“ moderierte Schad mit seiner Liebe zu diesem See wie folgt an: „Stellt Euch vor, Ihr fahrt am frühen Morgen nach einem nächtelangen Auftritt in der Schweiz mit der Fähre von Konstanz nach Meersburg und erlebt einen wunderbaren Sonnenaufgang und die Möwen grüßen Euch.“ Zum folgenden „Morgen am See“, einem Walzer, ließ sich das Gesangsduo Peter Schad und Carina Kienle gekonnt von den Musikern begleiten.

Die Blasmusik ist international
Schad bedauert, dass Besucherzahlen wie er und die Seinen sie erleben dürfen, heutzutage von den Sendern ignoriert würden. Mit diesem Gedanken begrüßte Schad zwei frühere Studioleiter des SWR, Walter Rundel und Wolfgang Wanner, als Freunde der gehobenen Blasmusik. Dem folgte der der vom französischen Komponisten Emile Waldteufel spanisch inspirierte Walzer „Estudiantina“, den Carina Kienle mit Kastagnetten untermalte. Dass Fans der „Dorfmusikanten“ keine noch so weiten Wege scheuen, bewies Schad mit der Begrüßung eines Gastes aus Duisburg, der sich den Konzertbesuch in Ravensburg zu seinem 70er schenkte! Nicht nur Walzer, Polka und Märsche können und lieben die „Dorfmusikanten“, auch der Tango findet sich im Repertoire. Den „Ole Guapa“ interpretierten sie stilecht, unterstützt von Solo-Einlagen der Flötistin Ingrid Baumann.

In allen Beiträgen merkt man eine gekonnte Aussteuerung durch die Leute am Mischpult. Kein Register ist unterdrückt! So ist nun mal gehobene Blasmusik mit der Handschrift eines Peter Schad. Dies bewies wiederum die Polka „Junges Musikantenherz“ mit Gesangsduo Peter und Carina, die anschließend den Meister fragte, „wie geht es deinem Musikantenherz?“ Er darauf: „Guat, wenn's hebt, solang i no läb“.

Enkel Paul kümmert sich um den Opa
Es folgte ein weiterer Tango, der 'Tango eleganto' aus der Feder von Schad, höchst eindrucksvoll von ihm dirigiert. Zum Dank erkletterte Schads Enkel Paul die Bühne und reichte seinem Opa ein frisches kühles Bier. Darauf der gerührte und stolze Opa: „Du hast dich gebessert, jetzt endlich Bier mit Alkohol!“ Was passte als Dank dafür besser als 'Für einen guten Freund'? Noch weiter gesteigert wurde die Begeisterung des Publikums mit „Gabrielas Song“, raumfüllend mit toller Stimme in allen Registern vom „Goldkehlchen“ intoniert.

Hugo Breitschmid und Martin Schad
Auf besondere Weise ehrte der schwäbische Mundartdichter Hugo Breitschmid mit seinem Gedicht „Peter said heit Pfiagott“. Schad moderierte darauf wohl einen der Höhepunkte des Abends an. Er stellte seinen Ersten Trompeter Martin Schad – nicht verwandt oder verschwägert! - vor. Peter würdigte ihn mit den Worten, „bin i froh, dass i nur der Peter bin und it d‘r Trom-Peter“. Martin spielte im „Alten Dessauer' fulminante Soli, perfekte Echophasen, atemberaubende Läufe bis in Höhen, die dem Instrument eigentlich kaum zu entlocken sind. Und wenn er danach nur kurz Luft holte, ermunterte ihn hinten vom Tubaregister der Ruf: „Weiter so!“.

Rudi Hämmerles Laudatio
Dem schloss sich eine außergewöhnliche Ehrung Schads für sein Lebenswerk an. Vor allem Rudi Hämmerle, Chef des Blasmusikkreisverbands, ehrte mit einer launigen Laudatio die Verdienste Peter Schads. Er habe Machbares für so viele geschaffen, er sei wohl d i e Kaderschmiede der musikerreichen Region Oberschwaben, er sei Brückenbauer zur gesamten Szene, weil er sie alle kenne ... Peter Schad wurde mit der höchsten Ehrung des Landesblasmusikverbandes ausgezeichnet, mit der Erich-Ganzenmüller-Medaille! Mit Schads Tophit „Kuschel-Polka“ endete unter tosendem Beifall Teil eins des Konzerts. Schad schickte die Besucher für eine Minute in die Pause, „um neue Getränke zu fassen und die alten abzulassen – natürlich eine Minute pro Musiker, also 20 Minuten!“

Freunde aus dem Erzgebirge entern die Bühne
Teil zwei wurde mit Michael Kuhns „Ein Denkmal für die Blasmusik“, einer flotten Polka, eröffnet. Darauf stürmte eine mit Schad befreundete Blasmusikerdelegation aus dem Erzgebirge die Bühne und überraschte ihn mit weiterer Ehrung, typischen kunstgewerblichen Geschenken und Partyfassbier aus der Heimat. Schad dazu: „Diese schöne Freundschaft wurde erst durch die Wende möglich!“

Conny Schuler weckt Erinnerungen
Darauf kündigte er die Komposition seines geschätzten Freundes Berthold Schick „Böhmisches Gemüt“ an. Zum nächsten Programmpunkt betrat Conny Schuler überraschend die Bühne. Sie begleitete 32 Jahre lang die Dorfmusikanten gesanglich und wurde im SWR unter „Nachtigall Oberschwabens“ bekannt. Trotz Rückzug von „ihren Musikanten“ hat sie offensichtlich nichts verlernt. Mit klarer und ausdrucksstarker Stimme trug sie „Wo Musikanten sind“ und „Das Zigeunerkind“ vor und rief damit viele schöne Erinnerungen wach.

„Goldkehlchens“ Traum
Nach dem für die Dorfmusikanten denkwürdigen „Auf nach Aufheim“ trat wieder das Goldkehlchen ans Mikrofon, um die nächsten zwei Titel zu begleiten, nämlich das ach so traurige „Jasmina“, noch trauriger als der Bergdoktor, meinte Schad und die Musiker begannen denn auch zu heulen und wischten sich mit großen Stofftüchern die Tränen ab, gleichzeitig aber auch die Flügelhörner im Rhythmus schwenkend. Mit dem folgenden Titel schaffte es sogar ein Hit aus dem Popgenre in die Blasmusik, immerhin ABBAs „I have a dream“, natürlich arrangiert von Peter Schad und in deutscher Version! Das Goldkehlchen interpretierte den „Traum“ hervorragend und erntete dafür riesigen Applaus.

„Sooo schad – oifach schad“
Eine weitere sehr persönliche Ehrung erhielt Schad von Tobias Zinser, Leiter der Stadtkapelle Wangen, Dozent und Lehrkraft an der Musikschule Württembergisches Allgäu. Schad begrüßte ihn als „Deutscher Meister“. Tatsächlich gewann Zinser den deutschen Orchesterwettbewerb in Hildesheim. Zinser bescheinigte dem scheidenden Chef seiner Dorfmusikanten, dass er den Menschen mit Musik Freude bereite, unaufgeregt arbeite, authentisch sei und dabei mit Temperament Humor verbreite. Er dürfe stolz sein auf das Geleistete und natürlich auch auf seine Frau und Managerin der Truppe. Es folgte die extra für Schad von Michael Kuhn komponierte Polka „Sooo schad – oifach schad“, wozu sich alle Gäste von ihren Plätzen erhoben.

Vorerst letzter Titel war die Schiwago-Melodie mit Manuel Zieher als Posaunensolist und in Pelzmütze.

Simon Föhr leitet nun die „Dorfmusikanten“
Nun präsentierte Peter Schad seinen Nachfolger. Simon Föhr übernimmt die „Dorfmusikanten“. Föhr ist unter ihnen der „Caruso“. Um dies zu beweisen, trug Föhr das Zahnärztelied „Über sieben Brücken musst Du gehen“ vor, wohl eine Oktav höher als üblich. Dann meldete Schad sich ab mit den Worten „Lebet wohl, lasst uns nach Hause gehen“, während gleichzeitig seine Enkelschar auf der Bühne ein Transparent mit „Opa gehört jetzt uns“ entrollte und die Kapelle Mozarts „Gebet'“ anstimmte. Und weil der Beifall immer noch nicht enden wollte, gab es eine weitere Zugabe, „Die Dornenvögel“, nochmal unter Schads Dirigat, was besonders die Frauen zu Tränen rührte. Damit verließ ein Großer aus Oberschwaben die Bühne, auf der er 40 Jahre stets vorne stand.
Text und Fotos: Peter Lutz    

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Peter Schad und Carina Kienle.
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Eine Enkelin.
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Martin Schad, den "Alten Dessauer" spielend.
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Auch Rudi Hämmerle (rechts), Vorsitzender des Blasmusikkreisverbandes Ravensburg, würdigte das Lebenswerk von Peter Schad (in der Mitte Michael Ziesel vom Blasmusikkreisverband Biberach).
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Conny Schuler.
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Tobias Zinser und Maria Schad (Gattin von Peter).
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Folgt Peter Schad nach: Simon Föhr, der neue Leiter der "Dorfmusikanten".

 

 

 

halloRV

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