Bad Wurzach (Leserbrief) - Der Offene Brief des Türkischen Kultur- und Bildungsvereins Bad Wurzach zum "Gebetsruf als Zeichen der Solidarität", in derWurzacher veröffentlicht, gab Anlass zu unterschiedlichen Reaktionen, vor allem über facebook, welche zum Teil - vor allem mit türkischen Namen unterzeichnet - inhaltlich deutlich unter der Gürtellinie anzusiedeln sind. Von Unverschämtheiten bis zur Androhung rechtlicher Schritte.
Wer mit großen Worten wie Solidarität, Rücksicht, Zuversicht und Hoffnung in Zusammenhang mit Osterfest und Ramadan Forderungen stellt, wie eben die vorübergehene (?) Einführung des Gebetsrufs eines Muezins im nicht islamischen Bad Wurzach, sollte, wenn er sich Zustimmung aus der Bevölkerung erhofft, diese großen Worte auch im Alltag mit entsprechenden Inhalten füllen. Wer fordert, muss selbst auch liefern.
Bei dem genannten großen Verständnis und Mitgefühl des Vorsitzenden des Türkischen Kultur- und Bildungsvereins für die Christlichen Kirchen, deren Osterfest infolge Corona negativ beeinflusst wurde, drängt sich mir die Frage auf nach der tatsächlichen Einstellung im Miteinander von Türken und Deutschen in Bad Wurzach.
In meiner Nachbarschaft war an Ostern wenig Sensibilität bezüglich der Einhaltung der Sonn- und Feiertagsruhe zu spüren. Ein türkischer Nachbar verhalf einer Türe durch Schleifen und Lackieren zu neuem Glanz. Zwei Söhne einer anderen türkischen Nachbarin tauschten die Winterräder ihrer Fahrzeuge mit Sommerrädern. Ein dritter Nachbar, ebenfalls mit türkischem Hintergrund, verspürte Lust auf einen ausgedehnten Auto-Frühjahrsputz mit seinem zumindest akustisch leistungsstarken Staubsauger. Und diese Dinge sind nicht nur an den Osterfeiertagen Realität, sondern auch übers Jahr.
Der Vorsitzende des Türkischen Kultur- und Bildungsvereins übt sich, wenn er etwas erreichen möchte, in süßlich klingenden Worten. Wie ich mich noch gut erinnern kann, tönte dieser, als die türkische Fahne der Moschee entwendet wurde, ohne Informationen über den Täter zu besitzen, lauthals vom "rechtsradikalen Mob", ohne klar zu definieren, ob er nun damit die Wurzacher meinte (veröffentlicht in derWurzacher am 31. Mai 2019). Am Ende war alles heiße Luft und kein politischer Anschlag, doch gelang Fuat Karaismailoglu bis heute kein Wort der Entschuldigung für den damaligen Rundumschlag.
Nun sind wir wieder bei Solidarität Rücksicht, Zuversicht und Hoffnung. Allein das von Karaismailoglu stets beschworene gute Miteinander von türkischstämmigen Bürgern und der inzwischen fast internationalen Bürgerschaft in Bad Wurzach schafft aber noch keine Wirklichkeit. Dafür wären mehr Integrationsbereitschaft und mehr Offenheit auf Seiten der Deutsch-Türken nötig. Mein Eindruck ist, es wachsen eher Verschlossenheit, Ablehnung und Rückschritt.
Und ich möchte in Bad Wurzach keinen Ruf des Muezin.
Erhard Hofrichter
Bad Wurzach
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!