Ravensburg – Nach der erfolgreichen Premiere der „Filmtage Oberschwaben“ im Oktober vorigen Jahres wurde das 4-tägige Programm auf 36 Filme aufgestockt und ein zweiter Spielort für die Dokumentarfilme im Kulturzentrum Linse in Weingarten gefunden. Hauptspielort in drei Kinosälen und auch Ort der Preisverleihung bleibt das Frauentorkino in Ravensburg.
Die internationale Filmauswahl mit ihren Geschichten und Spielorten bringt die weite Welt nach Oberschwaben. Und umgekehrt die Oberschwaben zum höchsten Berg eines ganzen Kontinents, wie der erstmals gezeigte Dokumentarfilm „Wie man auf den Kilimanjaro steigt – mit und ohne Krücken“ zeigt. Der anrührende Film, erzählt, gefilmt und montiert ist das Erstlingswerk des Journalisten Michael Schleyer.
Dabei begegnen die Zuschauer+innen dem Extrembergsteiger Thomas Lämmle aus Waldburg, der schon die Hälfte der 14 Achttausender ohne Sauerstoff bestieg. Als einziger neben Reinhold Messmer auf den Mt. Everest ohne Sauerstoff steigen zu können, habe ihm keiner geglaubt, sagt er über sich selbst, und trotzdem ist es ihm, die Bilder beweisen es, 2016 geglückt. Zuletzt vor drei Jahren hatte Lämmle innerhalb von acht Tagen den 8485 Meter hohen Makalu und den 8516 Meter hohen Lhotse alleine ohne Unterstützung von Sherpas und Flaschensauerstoff bestiegen.
Dabei half ihm eine dem Schritt angepasste Atemtechnik, die die Sauerstoffsättigung bei zehn gepressten Ausatmungen um zehn Prozent erhöht, eine optimale Anpassung an die Höhe, die er auch der ihn begleitenden Gruppe vermittelt. „Was kommt als Nächstes?“, wurde er immer gefragt und eigentlich sollte es ein Gleitschirmflug von einem Achttausender sein, für den er auf dem Hochgrat trainierte.
Aus dem Rollstuhl zurück auf eigenen Beinen stehen
Doch 2020 verunglückte Lämmle bei einem seiner Gleitschirmflüge vom Hochgrat lebensgefährlich und sah sich mit einer Querschnittslähmung im Rollstuhl wieder. Aber mit einem Leben ohne Berge wollte sich Lämmle nicht abfinden und trainierte bis er nach 2 Jahren wieder auf eigenen Beinen stehen konnte. Ein medizinisches Wunder, meinten die Ärzte, doch seine Ärztin, die ihn aus der Reha entließ, hatte neben seiner Frau an ihn geglaubt. Mit Krücken auf den Kilimanjaro war also das nächste Vorhaben von Lämmle und ein Wiedersehen mit von ihm ausgebildeten einheimischen Bergführern.
Ein zweites Leben nach dem Unfall nimmt seinen Anfang, sehr wahrscheinlich hat ihn der Bergunfall im Allgäu vor einem tödlichen Absturz wie so vieler Alpinisten in Nepal gerettet. Inzwischen hat Lämmle schon zwei weitere Besteigungen des Kilimanjaro folgen lassen und er unterstützt bei Friends of EXTREK-AFRICA e.V. 50 Familien, die normalerweise davon leben, Touristen auf den Kilimanjaro zu bringen.
Dieses Einkommen ist wie so vieles mit Corona weggebrochen. Ein Stück Land, Gemüse, Früchte und eine Lodge sind die Alternative. Helga Reichert und ihr Mann Adrian Kutter veranstalten die Filmtage und waren sofort einer Meinung, den Film in die Festivalauswahl zu nehmen. Zudem hat Kutter bereits seine Kontakte spielen lassen, um dem Film weitere Vorführungen in der Region zu sichern. Zwar wurde in der Kategorie Dokumentarfilme „Dora-Flucht in die Musik“ als Gewinner ausgewählt, ein Gewinner des Publikums ist der Film mit Krücken auf den Kilimanjaro zu steigen allemal.
Über 1500 Zuschauer schauten die Filmauswahl mit 36 Filmen. Zu den anschließenden Filmgesprächen hatten sich Regisseur:innen, Produzent:innen und Schauspieler:innen aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz auf den Weg nach Ravensburg und Weingarten gemacht. Bei der Preisverleihung am Sonntagabend wurden folgende sechs Filme ausgezeichnet, alle Preise sind mit € 1000,- dotiert:
- Bester Kinder- und Jugendfilm (dotiert von der Stiftung Ravensburger Verlag):„Mission Ulja Funk“ von Barbara Kronenberg
- Frauenfilmpreis (vergeben und dotiert vom Soroptimist International Club Ravensburg/ Weingarten) „Belina- Music for Peace“ von Marc Boettcher
- Bester Kurzfilm (dotiert von der Stiftung für Kultur und Soziales Annerose und Otmar Weigele)„Aysha“ von Cengiz Akaygün
- Bester Fernsehfilm (dotiert vom Tierservicezentrum Bad Waldsee und der Pflegeambulanz Äskulap)„Einfach Nina“ von Nina Heberlein
- Bester Dokumentarfilm (dotiert von der Wolfram- Stiftung Ravensburg)„ Dora- Flucht in die Musik“ von Tim van Beweren und Kyra Steckeweh
- Bester Spielfilm „Hans W. Geißendörfer- Preis“ (dotiert von Hans W. Geißendörfer)„Prinzessin“ von Peter Luisi
Text und Bild: Gerhard Maucher