Bad Wurzach - Es waren zwei ganz besondere Konzerte, die Pfarrer Stefan Maier und die Sängerinnen der Gruppe Aufbruch aus Eberhardzell im Kursaal präsentieren durften: Der ordinierte evangelische Pfarrer mit dem Sonderauftrag der musikalisch-kulturellen Verkündigung der evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, der gemeinsam mit dem wohl bekanntesten Benediktinerpater in Deutschland, Anselm Grün, auf der Bühne über Wege zum Glück sangen bzw. sprachen.

Der Pfarrer, Musiker und Buchautor Clemens Bittlinger und der Buchautor und Benediktinermönch Anselm Grün hatten sich 2003 bei der Organisation des ersten ökumenischen Kirchentages in Berlin kennengelernt, sind seitdem befreundet und arbeiten öfters zusammen.

Pfarrer Stefan Maier wollte so ein Konzert mit Clemens Bittlinger schon seit eineinhalb Jahren auf die Beine stellen, seit er Bittlinger mit seiner Band bei dem Auftritt in Eberhardzell, den dieser gemeinsam mit dem Frauenchor „Aufbruch“ bestritten hatte. Ursprünglich sollte der Chor auch bei diesem Konzert dabei sein, konnte aber wegen des Lockdowns und den Coronabestimmungen die erforderliche Probenzeit nicht leisten. Dennoch war der Chor gerne bereit, Pfarrer Maier bei der Organisation der beiden Konzerte zu unterstützen.

Dass die Rituale wegen Corona ein wenig eingerostet sind, darauf wies Clemens Bittlinger beim Beginn des zweiten Konzertes zu dem rund 200 Besucher den Weg ins Kurhaus gefunden hatten, hin: „Es war vor langer, langer Zeit üblich, dass das Publikum applaudiert, wenn die Künstler die Bühne betreten.“ Aber das war der einzige Fauxpas, denn für den Rest des Konzertes stimmte die Chemie zwischen Musikern und Auditorium. „Schön dass ihr da seid.“ Sofort war das Publikum da, als David Plüss, langjähriger Freund und musikalischer Partner Bittlingers am Piano oder „Handörgeli“, Pachelbels Canon in D anstimmte, summte oder sang sogar (mit Maske) mit.

„Was für ein Vertrauen, wenn Du Dich fallen lässt und Dich mit Leib und Seele auf andere verlässt.“ Clemens Bittlinger ist ein Geschichtenerzähler, wie z.B. in der ersten Strophe von „Was für ein Vertrauen“ wo das kleine Mädchen sich voll Vertrauen einfach in die Arme des Vaters fallen lässt. Oder er hat eine gewisse hellseherischen Begabung, wenn er in dem Lied „Aufgeräumt“ auf dem Album „Bleibe in Verbindung“ vom Aufräumen spricht, und das bereits zwei Jahre vor der Pandemie, wo das zu einer Lieblingsbeschäftigung der Deutschen wurde...

„Die Anleitung zum Unglücklichsein“ des österreichischen Psychologen Paul Watzlawick, der darin beschreibt , wie man sich das Leben mit Trivialem zur Hölle machen kann, bräuchte es in Deutschland nicht. Wer in Deutschland mit einem deutschen Pass auf die Welt kommt, habe bereits einen Sechser im Lotto. „Aber selbst wenn einmal alles stimmt, dann zieht´s trotzdem !“ sagt Bittlinger.

Denn manche Not kommt aus dem Vergleich: Etwa wenn er sich mit dem Mann, der nach einem Schlaganfall nur noch mit Rollator gehen kann, vergleicht: „Das könnte ich Sein.“ In dem neuen Stück „Frieden für das Land“ verarbeitet er auch musikalisch den Riss, den die Pandemie quer durch die Republik, ja durch Familien und Freunde gezogen hat. „Frieden, Frieden für das Land, Mensch wir sind doch keine Feinde.“

Während Bittlinger und seine Mitmusiker – neben David Plüss sorgte noch David Kandert für den richtigen Rhythmus – seine Beobachtungen des eher weltlichen Lebens in seinen Liedern umsetzt, wählte Anselm Grün bei seinen Betrachtungen den theologischen Ansatz. Etwa bei der Begegnungsgeschichte von Maria und Elisabeth: Maria geht über das Gebirge (nimmt also große Mühen auf sich) um Zacharias und Elisabeth zu besuchen, „denn wirkliche Begegnungen machen lebendig.“ Beide erleben durch die Begegnung gegenseitig Glücksmomente.

Oder am Beispiel Martha und Maria: Während Martha mangelndes Selbstvertrauen durch möglichst viel Arbeit zu kompensieren versucht, um sich zu beweisen und sich dabei ständig überfordert, geht Maria auf die Gäste zu, lacht mit ihnen. „Wer viel gibt, braucht auch viel,“ erklärt Grün.

Anhand der acht nicht immer einfach zu verstehenden Seligpreisungen, zeigt Gott uns acht Wege zum Glück auf. Etwa wenn Kinder ohne Nebengedanken lächeln: „Selig, die reinen Herzens sind.“ Menschen als Friedenstifter: „Selig, die um ihrer Gerechtigkeit willen verfolgt werden.“ Grün vergleicht das mit dem Sport : „Beim 1000 Meter Lauf gibt es ja auch jemanden, der Dich verfolgt. Vertraue auf Gott.“

Einer der Höhepunkt des Konzertes war das Interview, das Clemens Bittlinger mit dem Benediktiner Pater Anselm Grün über dessen Leben im Kloster führte und das er mit dem ? “Kalauer einleitete: „Was wählt Anselm Grün am Sonntag?... Frage: Was macht Anselm glücklich? Antwort: Das Kloster und die Mitbrüder. Frage: „Was macht Anselm Grün wenn er mal auf einen seiner Mitbrüder sauer ist? Antwort: „Das Kloster ist groß!“ Eine weitere Anekdote rankt sich um einen Mitbruder, der immer durch zu langsames Essen auffällt: Grün nennt das „die Aggressivität des Depressiven.“

Mit dem Titellied des letzten Albums „Leih mir deine Flügel“ wollten Bittlinger, seine Mitmusiker und Anselm Grün das Konzert beenden. Doch das begeisterte Publikum ließ sie noch nicht gehen. Und so kamen die Damen der Gesangsgruppe „Aufbruch“ die bis dahin fleißig im Hintergrund gearbeitet hatten, doch noch zu ihrem Auftritt : Clemens Bittlinger hatte den Text von Anselm Grün „Herr kehre ein in dieses Haus“ vertont und das gemeinsam gesungene Lied bildete einen würdigen Abschluss des Konzertes.

 

Bericht und Bilder Ulrich Gresser

 

 

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